International Braille Chess Association Die Geschichte der Organisation Zusammengestellt und mit überleitenden Texten versehen von Hans-Gerd Schäfer ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ K A P I T E L III Aus den Ländern ÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍ Die wichtigsten weil aktivsten nationalen Schachorganisationen mit Hinblick auf die Gründung eines internationalen Verbandes blinder und hochgradig sehgeschädigter Schachspieler waren in der Bundesrepublik Deutschland der "Deutsche Blindenschachbund" (DBSB) wie auch die entsprechende Sektion innerhalb des "Blinden- und Sehschwachenverbandes" der Deutschen Demokratischen Republik" (DDR) und die britische "Braille Chess Association" (BCA). Aus diesem Grunde ist es vielleicht für die Leser von Interesse, auf die Entwicklungen dieser Verbände näher einzugehen. Aber auch die Entwicklung in anderen Ländern - hier als Beispiel Rußland, Spanien und Ungarn, der Schweiz sowie Litauen - sollen aufgezeigt werden. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Ein ganz besonderes Kapitel - schon von der Dimension - ist natürlich Rußland (damals noch in der UdSSR enthalten). Man hört relativ wenig in Sachen Blindenschach von dort, obwohl es da erheblich mehr blinde Schachspieler gibt als in der gesamten übrigen Welt. Hier einige Artikel aus dem INFORMATIONSBLATT 3 64-65 - Artikel von J. Krebca (CSSR) - Wie in der UdSSR allgemein, wird natürlich auch unter den Blinden das Schachspielen ganz groß geschrieben! Der Allrussische Blindenverband ®VOS¯ unterhält fast in allen größeren Städten Blindenwerkstätten, denen zumeist auch eine Blindenschachgruppe angeschlossen ist. Nur so mag die ungewöhnlich hohe Zahl von ca. 11.000 blinden Schachfreunden auch verständlich sein. Natürlich spielen viele Blinde auch bei den Sehenden mit und haben auch schon viele Erfolge erzielt. So konnte ein junger blinder Schachfreund, Gimadejew, im Bezirk Stavropol punktgleich mit einem Sehenden Bezirksmeister werden und in die Landesmeisterschaft aufsteigen. Im Oktober 1963 gab der Internationale Großmeister Kortschnoj beim Leningrader Blindenschachklub eine Simultanvorstellung an 25 Brettern. Der Allrussische Blindenverband ®VOS¯ richtet 1964 das Semifinale zur Qualifikation für die Blindenschachstaatsmeisterschaft aus. 66 Schachfreunde aus 43 Schachgruppen waren spielberechtigt. In sechs Gruppen und Städten dieses Riesenlandes wurden die Bretter zum Kampf freigegeben. Jeweils die beiden ersten konnten sich für die Staatsmeisterschaft qualifizieren. Zu diesen zwölf Qualifizierten wird der Verband vermutlich noch vier weitere Schachfreunde hinzunehmen, so daß sechzehn Schachfreunde am Finale teilnehmen.Aber auch die Damen standen nicht zurück. 35 Damen aus 30 Blindenschachgruppen spielten in drei Gruppen im Semifinale um Sieg und Qualifikation. Jeweils die ersten vier nehmen an der Staatsmeisterschaft der Damen teil, darunter auch die letzte Damenmeisterin, N. Larionova aus Gorki. INFORMATIONSBLATT 1; 1981 - Schon Ende des vorigen Jahres wurde das Halbfinale der XIV. Mannschaftsmeisterschaft des Allrussischen Blindenverbandes durchgeführt. Es wurde in fünf Gruppen zu je zwölf Mannschaften gespielt. Für jede Gruppe war ein anderer Austragungsort vorgesehen. Nur zwei Mannschaften aus jeder Gruppe konnten sich für das Finale, das im Herbst dieses Jahres in Stawropol laufen soll, qualifizieren. Hinzu kommt noch der zur Zeit amtierende Mannschaftsmeister. Bei der Zusammensetzung der Gruppen wird natürlich darauf geachtet, daß etwaige favorisierte Mannschaften nicht schon in den Vorrunden aufeinandertreffen. Die Teilnehmer am Finale sind: Baschkirien, Bygorod, Woronesch, Ivanovo, Kuybyschev, Leningrad, Moskau (Bezirk), Moskau (Stadt), Omsk, Rostow am Don und Stawropol. In der UdSSR werden sowohl Staatsmeisterschaften als auch Meisterschaften des Allrussischen Blindenverbandes ausgetragen. Die Staatsmeisterschaft wurde im vorigen Jahr im September und Oktober durchgeführt. An diesem Wettkampf nahm je eine Mannschaft aus den vierzehn Unionsrepubliken der UdSSR teil. Überraschungssieger wurde das Team aus Alma-Ata (Kasachische Unionsrepublik) vor den punktgleichen Mannschaften der Ukraine und dem eigentlichen Favoriten Moskau (Stadt). (Heinz Reschwamm) INFORMATIONSBLATT 2; 1981 - Der traditionelle Länderkampf UdSSR / Jugoslawien wurde diesesmal in Ulci an der Adria in der Zeit vom 2. bis 8. Oktober ausgetragen. Unerwartet hoch siegte das Team der UdSSR mit 15,5 zu 8,5 Punkten. An diesem Wettbewerb nehmen immer nur die 6 besten Spieler beider Länder teil. Hier noch die Einzelergebnisse: 1 Krylow - Baretic ............ 2,5 - 1,5 Punkte 2 Rudensky - Djukanovic ....... 2,5 - 1,5 Punkte 3 Gimadejew - Negovanovic ..... 3,0 - 1,0 Punkte 4 Strokow - Cabarkapa ......... 3,0 - 1,0 Punkte 5 Strishniew - Avram .......... 2,5 - 1,5 Punkte 6 Guzinin - Dragun ............ 2,0 - 2,0 Punkte Das nächste Turnier dieser Art soll wieder in der UdSSR am Schwarzen Meer durchgeführt werden. INFORMATIONSBLATT 2; 1982 - Im Oktober fand in Orenburg das Halbfinale zur Mannschaftsmeisterschaft statt. Von den 12 dort spielenden Teams konnten sich die Mannschaften aus Perm und Woronesch für die im kommenden Jahr laufende Mannschaftsmeisterschaft qualifizieren. Bereits im Mai wurde die Einzel-Meisterschaft des Allrussischen Blindenverbandes in Krasnodar mit 21 Spielern im Rundensystem ausgetragen. Mit 15,0 Punkten konnte Anatolij Gimadejew aus Stawropol als neuer Meister das Turnier erfolgreich beenden. Nur einen halben Punkt weniger, also 14,5 Punkte, erzielte der junge leningrader Meisterschaftsanwärter S. Smirnow, gefolgt von den punktgleichen Schachfreunden Krylow, dem Blindenschach-Weltmeister, Strokow und Alpert, alle aus Moskau, mit 14,0 Punkten. Die Schachfreunde Rudenskij und Kulakow belegten die nächsten Plätze mit 12,5 Punkten. Beteiligt waren ein Internationaler Meister, fünf Meister, neun Meisteranwärter und sechs Spieler der Klasse I der UdSSR. Nach einem Bericht von Paul Erös, Budapest (Ungarn) ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Aus den Ländern, die über 40 Jahre oder länger zur Föderation der UdSSR gehörten, ist nicht viel überliefert. Es gab zwar eine gewisse Eigenständigkeit und auch Begegnungen untereinander oder hin und wieder mit ausländischen Mannschaften. Chroniken geben aber nur - wie z.B. hier in Litauen - recht spärlich Auskunft: Anfang Juli 1952 nahm eine Mannschaft von Litauen zum ersten Male an einem Freundschaftsturnier baltischer Mannschaften teil. Die Veranstaltung fand in Talinn statt. Die Mitglieder des Teams waren: Antanas Ruginis, Bronius Petrokas, Napoleonas Kuolys, Viadas Kraucevicius, Gabrielius Stankevicius und ein sehender Schachfreund Jonas Kliunka. Zum ersten Mal in der Geschichte der Sowjetunion gewann 1976 die blinde Schachspielerin Stasé Ingaunyté den Meistertitel. Ihr wurde der Titel "Sportmeister der UdSSR" verliehen. Am 19. April 1992 wurde die Sektion "Schach" der Litauischen Vereinigung blinder und sehgeschädigter Sportler Mitglied der International Braille Chess Association (I.B.C.A.) ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Die nationale Organisation der Blinden und Sehgeschädigten in Spanien, die O.N.C.E. ®Organizaci¢n Nacional para Ciegos Espa¤oles¯, wurde am 13. Dezember 1938 als Folge des Spanischen Bürgerkrieges in der Stadt Burgos gegründet. Sie sollte sich vor allem um die vielen Kriegsblinden kümmern. Dazu wurde sie auch mit den entsprechenden Privilegien ausgestattet. Sie bekam und hat bis heute die Lotterie-Lizenz; außerdem besaß die O.N.C.E. verschiedene Produktionsstätten zur Fabrikation von Besen, Korbwaren und Süßigkeiten. Die O.N.C.E. ist heutzutage ein regelrechtes Wirtschaftsimperium. Gegenwärtig stammen immer noch 80 % (zur Zeit etwa 385 Milliarden Pesetas pro Jahr) der Einkommen aus der Lotterie "CUPON PRO CIEGOS", obwohl die O.N.C.E. ihre Gewinne in zahlreiche Unternehmen investiert hat wie z. B. TV-Tele 5, Reiseagentur 2000, Sportartikel, Supermärkte, Trockenreinigungen, Radio Onda Cero und anderes. Der Großteil der Arbeiter sind Blinde,und die Direktoren sind immer blind. Unter den Blinden des Bürgerkrieges waren natürlich auch hochrangige Militärs. General Francisco Franco hieß die Idee der O.N.C.E. gut, stattete das Loseverkaufen mit dem Privileg aus, keine Steuern zahlen zu müssen, was immer noch besteht, und von Anfang an, war die O.N.C.E. wirtschaftlich stark genug um allen Blinden helfen zu können und um die wichtigen hohen Militärs mit den entsprechenden Positionen zu versorgen. In Madrid wurde Ende der 30-er Jahre innerhalb der O.N.C.E. selbstverständlich auch eine Schachabteilung ins Leben gerufen. Von Anfang an war Schach auch bei den Blinden und Sehgeschädigten in Spanien die beliebteste Freizeitbeschäftigung, um so mehr, als die Spieler begannen, das Spiel im Sportverband ernsthaft zu betreiben, vollkommen integriert im Wettkampf. 1944 hat die Schachsektion der O.N.C.E. über die öffentlichen Mannschaftswettbewerbe in regionalen Klubs mitgespielt. Dabei haben die besten Spieler, Ramon Bosch Climent und Juan Fiter Rocamora, ein leidenschaftlicher Schachtheoretiker mit vielen internationalen Verbindungen, angeregt, die Braille-Zeitschrift TABLERO DE AJEDREZ herauszugeben, die noch heute erscheint und ein wichtiges Mittel für Kontakte und Informationen der blinden Schachspieler in Spanien ist. Unter dem Dach der O.N.C.E. ist heutzutage nicht nur die Federacion Madrile¤a de Ajedrez organisiert, sondern weitere Blindenschachklubs in Murcia, Tarragona, Algeciras, Ingenie, Cantabria, Las Palmas, Saragossa, Tenerifa, Alicante und Barzelona. Geführt von Lucio Baigorri und von hochrangigen Spielern wie Jesus Ugena und Vernando Vargas erreichte die O.N.C.E.-Mannschaft von Madrid bald die höchste regionale Kategorie. Auch blinde Spieler, die vereinzelt in den Klubs der Sehenden mitspielten, wurden sofort in den Wettbewerb integriert. So war es auch in Murcia der Fall, wo Antonio Hierro in der Mannschaft des Klubs Casino de Murcia spielte, oder bei José Maria Lavin in Sant Sebastian, der mit seiner Klub- Mannschaft am ®REY ARDID¯ teilnahm. In den 50-er Jahren vollzog sich ein einschneidender Wandel im Blindenschach. Die Schulen der O.N.C.E. entließen eine neue Generation von Spielern. Die wichtigsten Nahmen waren die von Jesus Ariste, der im Klub ®REUS DE AJEDREZ¯ spielte, und der Mitglied der spanischen Olympia-Equipe wurde; und Delfin Burd¡o Gracia, der in seiner langen, brillianten Karriere die Titel des ®Campéon Provincial¯ "Provinzmeisters" in Aragon Jaém und Alicante gewann, und der an mehreren Endspielen des ®Campéonato de Espa¤a de Ajedrez Individual¯, Spanische Einzelmeisterschaft, teilgenommen hat. Er war auch Spanischer Meister der O.N.C.E. und - 20 Jahre lang - Mitglied der spanischen Olympiamannschaft. Zur Zeit ist er FIDE-Schiedsrichter und I.B.C.A.-Präsident. In den 60-er Jahren wurde das erste Turnier ®CAMP`EONATO DE ESPA¥A DE AJEDREZ für Blinde¯ ausgeschrieben. Bei den ersten Turnieren glaubte man nicht an viel öffentliche Unterstützung. Die Schachspieler erhielten deshalb zunächst nur begrenzte logistische Hilfen, da der weitere Weg für den wichtigsten Sport der Blinden in Spanien erst einmal abgewartet werden mußte, um die Entwicklung absichern zu können. Bis zum Jahre 1978 erreichten unsere Spieler das Finale des ®CAMP`EONATO DE ESPA¥A¯. Ab 1970 wurde die Einschreibung freigegeben und Turniere wurden nach Schweiz. System gespielt.Die O.N.C.E. richtete ab 1986 den Sportverband Negociado de Deportes ein, von wo aus nun der älteste Blindensport Spaniens ebenfalls organisiert wurde. 1986 feierte das Blindenschach in Spanien die zehnte Einzelmeisterschaft, die in Las Palmas stattfand. Es nahmen 36 Spieler daran teil. Bis September 1988, als 104 Spieler zu der Veranstaltung erschienen, wurde die Anzahl der Teilnehmer an der Einzelmeisterschaft nicht begrenzt. Die Masse erforderte aber Qualifikationen für nationale Turniere. So einigte man sich 1990 auf 54 Spieler, die aus den Qualifikationen hervorgegangen waren. Das ®CAMPEONATO DE ESPA¥A für Blinde¯ entwickelte sich danach zu einem sehr anspruchsvollen Turnier mit bemerkenswerter Qualität. 1987 veranstaltete die Organisation des Negociado de Deportes die zweite Schach-Mannschaftsmeisterschaft für Blinde und Sehbehinderte , die seither alternierend mit der Einzelmeisterschaft jedes zweite Jahr stattfindet. 1994 wurde der O.N.C.E.-CUP für Mannschaften geschaffen. Er wird im KO- System ausgespielt. Ebenfalls seit 1994 findet zur Orientierung der Verantwortlichen jährlich in einem anspruchsvollen Turnier ein Treffen junger Spieler statt. Neben den internen Wettbewerben war der Hauptimpuls zur Entwicklung des spanischen Blindenschachs die Teilnahme an internationalen Wettbewerben. Diese Bestrebungen haben hervorragende Früchte getragen für die Integration der Blinden wie auch für das Schach. Jährlich nehmen die Spieler an mehr als zehn internationalen Open in Spanien teil. Auch Impulse für neue Wettbewerbe auf internationaler Ebene hat das spanische Blindenschach gegeben: Der ®I WORLD CUP¯, der stärkste Mannschaftswettbewerb der I.B.C.A., wurde 1990 in der alten Königsstadt Segovia (Spanien) ausgespielt; die Europameisterschaft, ein offener Wettbewerb aber auch mit geladenen Spielern aus den Mitgliedsorganisationen, wurde 1995 in Benasque / Huesca in den spanischen Pyrenäen zum ersten Male durchgeführt. CAMPEONATO DE ESPA¥A DE AJEDREZ POR EQUIPOS PARA CIEGOS Y DEFICIENTES VISUALES Jahr Meister Ort Jahr Meister Ort 1979: Barzelona .. Alicante 1991: Barzelona .. Tenerife 1987: Madrid ..... Santander 1993: Barzelona .. Mallorca 1989: Madrid ..... Linares 1995: Madrid ..... Valladolid O.N.C.E. CUP Jahr Meister Ort Jahr Meister Ort 1994: Valencia ... Tudela 1996: Madrid ..... Algeciras Einzelmeisterschaft Jahr Meister Vizemeister Jahr Meister Vizemeister 78: Burdio .. Fiter 88: Sabanez . Rubio 80: Burdio .. Ugena 90: Martinez Palacios 82: Enjuto .. Burdio 92: Durban .. Martinez 84: Martinez Rubio 94_ Enjuto .. Palacios 86: Rubio ... Martinez 96: Durban .. Martinez ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Blindenschachklubs auf lokaler Ebene wurden in Kopenhagen (Dänemark) 1947 verzögert im südosteuropäischen Raum nach dem zweiten Weltkrieg fast in allen großen Städten gegründet. Wien ®Wiener Schachrunde - 1952¯, Zagreb ®1956¯. Auf nationaler Ebene liegen die Gründungsdaten meistens etwas später. Schweizerischer Blindenschachbund 1958 und Österreichischer Blindenschachbund 1970, obwohl es gerade in Österreich schon 1951 und 1955 landesweite Meisterschaften gab. Für die britische BCA beziehe ich meine Informationen hauptsächlich aus einer Dokumentation, die ein Mitglied der BCA und zeitweilig Sekretär der I.B.C.A., Jack Horrocks, anläßlich des 50-jährigen Jubiläums der BCA im Jahre 1982 zusammengestellt und veröffentlicht hat. In England sind die ersten Schachaktivitäten bis in das Jahr 1902 zurückzuverfolgen; mit dem Braille Chess Club zu dieser Zeit ist der Name F. H. Marick verbunden; der Klub hat um das Jahr 1910 herum einige dreißig Mitglieder gehabt. Eine Beilage zu der Punktschriftzeitung "PROGRESS" zum Thema "Schach", die Spiele, Informationen und einen Problemteil enthielt, existierte - noch - editiert von F. H. Marick - bis zum Ende der zwanziger Jahre. Ernest A. H. Eaton initiierte dann die Gründung einer landesweiten Organisation im Sommer 1931; sie wurde auch bereits am 15. Oktober 1931 mit elf Mitgliedern ins Leben gerufen. Eines der Gründungsmitglieder war Reginald Walter Bonham. Er gab im Jahre 1934 auch den Anstoß für das "Braille Chess Magazine", das im wesentlichen Beiträge aller Art aus den verschiedenen Schachzeitschriften enthielt. Bonham blieb für 25 Jahre Herausgeber dieser Publikation. Blindenschachklubs, wie sie um diese Zeit herum und dann wieder nach dem zweiten Weltkrieg in Deutschland entstanden, gab es in Großbritannien nicht oder begrenzt nur an den Blindenschulen - zum Beispiel in Worcester. Schulen in England legen viel Wert auf Gemeinschaftseinrichtungen und die Pflege von Gemeinschaftsaufgaben. Deshalb hatte nur die Gründung eines Blindenschachklubs ehemaliger Worcester-Schüler in London im Jahre 1952 hatte längere Zeit Bestand. Die Entwicklung des Schachspiels in Deutschland ging anfangs, was eine zentrale Organisation anbetrifft, recht schleppend voran. Der folgende Text, der das illustriert, entstand - soweit er sich auf Deutschland bezieht - in enger Anlehnung an eine Schrift zum 10-jährigen Jubiläum des Deutschen Blindenschachbundes aus dem Jahre 1961. Die Übersicht über die Entwicklung der I.B.C.A. stammt im wesentlichen aus dem Informationsblatt 2/83 und wurde zum 25-jährigen Bestehen der I.B.C.A. von Heinz Reschwamm, dem damaligen Fernschachleiter der I.B.C.A. und zu dieser Zeit verantwortlichen Redakteur für das Blatt, veröffentlicht. Von mir wurde diese Aufstellung übernommen, in manchen Punkten ergänzt, erweitert und fortgeschrieben. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts erschien das erste Schachlehrbuch für Blinde von E. Kull (Berlin), der auch das erste Blindenschachspiel anfertigen ließ. Der Weltkrieg 1914_18 hemmte diese günstige Entwicklung, die aber danach - nicht zuletzt durch Mitwirkung im Kriege erblindeter Schachspieler - wieder neue Belebung erfuhr. Der Geburtstag des organisierten Blindenschachs in Deutschland ist der 2. Februar 1924, an dem in der Blindenschule Chemnitz von schachbegeisterten Schülern der erste und noch heute bestehende Blindenschachklub gegründet wurde. Im Jahre 1929 rief man in den Blindenschulen Kiel und Düren Schachvereine ins Leben; Der Kieler Verein wahrte auch nach Auflösung der dortigen Blindenschule bis heute seine Selbständigkeit. Am 1. Januar 1926 erschien zu einer Zeitschrift in Blindenschrift die erste Schachbeilage. Besonders zu erwähnen ist, daß Anfang 1936 in Leipzig die erste Schachzeitung für Blinde herausgegeben wurde, die auch Nachrichten aus dem Blindenschach enthielt. Sie erscheint heute in größerem Umfang monatlich unter dem Titel "Schachbrücke" in der "Leipziger Zentralbücherei für Blinde" weiter und erfreut die Bezieher vor allem durch ihre interessanten aktuellen Beiträge und schachtheoretischen Beilagen. In Sachsen brachten ehemalige Schüler der Blindenschule Chemnitz das Blindenschach zu einer bemerkenswerten Blüte. 1936 erfolgte dort ein Zusammenschluß blinder Fernschachfreunde. Blinde und Sehgeschädigte entdeckten das Fernschach für sich; hier gab es bereits vor den national und international organisierten Turnieren am Brett, Fernschachaktivitäten. Dies waren allerdings nur mehr oder weniger lose Briefgemeinschaften, die durch die "Freude am Schachspielen" zusammenfanden und zusammengehalten wurden. Es kam vor und nach dem zweiten Weltkrieg immer wieder zu Gründungen Schachbegeisterter auf regionaler und nationaler Ebene. Die wichtige internationale Verbindung, durch die Schach international wurde, war Esperanto. Bereits im Jahre 1921 fand der erste Kongreß blinder Esperantisten in Paris statt. Auch das Verbandsorgan ®ESPERANTA LIGILO¯ wurde bald durch eine Schachbeilage KORIERE erweitert, die sich über Jahrzehnte hielt. Zwar ist von der Neugründung der deutschen Sektion blinder Esperantisten nach dem zweiten Weltkrieg erst in München 1951 zu berichten, es fanden aber wohl schon vorher genügend Exemplare der Zeitschrift in Braille ®ESPERANTA LIGILO¯, die in Schweden von Herrn Harald Tilander gedruckt wurde, den Weg in das besetzte Deutschland; Denn ab 1. Januar 1951 spielten Blinde und Sehgeschädigte in internationalen Fernschachgemeinschaften das erste internationale Fernschachturnier - darunter auch einige deutsche Spieler aus allen Besatzungszonen. Auch wird berichtet, daß internationale Kongresse der Esperantisten oft dazu genutzt wurden, Schachturniere auszutragen; zum letzten Male geschah dies im Jahre 1972. Im Jahre 1955 konstituierte sich dann zunächst einmal ein vorbereitendes Gremium für internationale Begegnungen am Brett. International wurden Bestrebungen, die endgültig über das Fernschach hinausgehen sollten, erst im Jahre 1958. Ich verweise hier zum Beispiel auf den Auszug aus den "Mitteilungen" des Österreichischen Blindenverbandes im vorigen Kapitel, der sieben Gründerorganisationen ausweist. Hier noch ein kurzer Text vom 3. Präsidenten der I.B.C.A., Dr. Aren Bestman: Schach und Blinde - Schon in den ersten Blindenschulen wurde das schachspiel gepflegt, und in der Folge wurde es für zahlreiche Blinde ein beliebtes Spiel. In den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts wurden bereits Wettkämpfe auf nationaler Ebene ausgetragen. Der Schrittmacher für die internationalen Wettkämpfe war das Fernschach, 1951 wurde erstmals ein Wettkampf für Blinde ausgeschrieben. Es war folgerichtig, daß nun die Diskussion um eine internationale Schachorganisation aufkam. 1958 wurde sie dann unter dem Namen ®International Braille Chess Association¯ Wirklichkeit. Verständlicherweise blieb das Fernschach zunächst die erste Aktivität, und Einzelweltmeisterschaften wurden durchgeführt. Später folgten Mannschaftswettkämpfe, die sogenannte Fernschacholympiade. 1961 wurde die erste Schacholympiade für Blinde in Meschede (BRD) veranstaltet. Dazu zwei Anmerkungen: 1. Die Gründung der "Fédération Internationale des Echecs" (F.I.D.E.) in Paris, deren Präsident 25 Jahre lang der unvergeßliche Niederländer Alexander Rueb war, datiert vom 20. Juli des Jahres 1924 ; an diesem Anfang beteiligten sich zunächst auch nur 19 Mitgliedsorganisationen; der F.I.D.E. gehören heute mehr als 150 Länder an. 2. Auch an der Idee, einen Weltschachverband zu gründen, haben deutsche Schachspieler einen gehörigen Anteil: Beim Kongreß des "Deutschen Schachbundes" (DSB) in Mannheim 1914, wurde dies gemeinsam mit Vertretern des Allrussischen Schachverbandes gefordert. Diese Idee wurde dann in den Turbulenzen und Wirren des ersten Weltkriegs leider wieder verschüttet. Die erste weltweite Fernschachvereinigung, der "internationale Fernschachbund" (ISFB), konstituierte sich im Jahre 1928. Die F.I.D.E. ist hier also die ältere Organisation. Fernschach ist eine sehr interessante Art und Weise des Schachspielens. Viele unserer großen Schachmeister waren und sind begeisterte Fernschachspieler. Von Michail Tal sagt man, daß er als junger Mann oftmals bis zu 100 Fernschachpartien laufen hatte. Wer seinen Zug per Brief mit einer Bedenkzeit von zwei bis drei Tagen versendet, kann alle ihm zugänglichen theoretischen Grundlagen nutzen, jede Möglichkeit, seine Position bis in die - je nach dem - Sackgasse oder (vermeintliche) Gewinnstellung durchzurechnen; und die blindenspezifischen Handicaps fallen hier auch weitgehend weg, wenn man einmal davon absieht, daß die jedem anderen relativ leicht zugängliche Schachliteratur für Blinde und hochgradig Sehgeschädigte nur insoweit nutzbar ist, wie sie in Punktschrift übertragen wurde, wieviel davon der Blinde oder hochgradig sehgeschädigte Schachspieler bezahlen kann respektive wieviel davon der interessierte Spieler unterzubringen in der Lage ist; Punktschriftbücher sind nämlich nicht nur sehr teuer, sondern auch sehr umfangreich. Die Nutzung des Computers wird den Platzbedarf vielleicht etwas reduzieren, die Kosten gehen dabei aber gewiß nicht zurück. Allerdings bleiben dem Schachspieler Kenntnisse und Fertigkeiten, die er beim intensiven Nachdenken in Fernschachpartien erworben hat, bis zu einem gewissen Grade auch dann erhalten, wenn er am Brett spielt. Seine Fernschachkenntnisse vermitteln ihm einen guten theoretischen Unterbau, der während des Spiels viel Bedenkzeit zu sparen geeignet ist. Neben den wertvollen Anregungen aus Sachsen wirkte sich auch die schachliche Intensität in den Blindenschulen Kiel und Düren segensreich auf die weitere Entwicklung des Deutschen Blindenschachs aus. Die Mannschaften beider Schulen beteiligten sich schon Anfang der dreißiger Jahre regelmäßig an den Mannschaftsturnieren der Sehenden und leisteten durch manche Erfolge einen wichtigen Beitrag zur Hebung des Ansehens der blinden Schachspieler speziell und der Blinden allgemein. Am 11. Oktober 1943, mitten im zweiten Weltkrieg, wurde die Westfälische Blindenschachgemeinschaft unter maßgeblicher Mitwirkung der Gebrüder H. und F. Uekermann gegründet, deren Mitglieder Fernschachturniere bestritten. Im Jahre 1948 gab es mit dem drei-Städte-Kampf zwischen Chemnitz, Leipzig und Halle wieder das erste überörtliche Ereignis im Deutschen Blindenschach mit einer direkten Begegnung begeisterter Schachfreunde nach dem zweiten Weltkrieg. Bereits im darauffolgenden Jahr wurde in Wernigerode (Harz) die erste Meisterschaft der - damals noch - sowjetisch besetzten Zone Deutschlands im Blindenschach ausgetragen. Doch auch im Westen Deutschlands schlief man nicht. Es waren - wiedermal - die Westfälischen Schachfreunde, angeführt von Hermann Uekermann (Herfort), später einer der Initiatoren zur Gründung der I.B.C.A., ihr Vizepräsident und von 1972 bis zu seinem allzu frühen Tode im Herbst 1977 ihr zweiter Präsident, die die Bestrebungen um eine Blindenschachorganisation in der Bundesrepublik Deutschland forcierten und ihr Ziel schließlich verwirklichten. Der Einladung zur ersten Deutschen Blindenschachmeisterschaft nach Stukenbrock (Kreis Paderborn) folgten 1951 17 blinde und sehgeschädigte Schachspieler aus fast allen Teilen der Bundesrepublik, zunächst einem staatsähnlichen Gebilde aus den Besatzungszonen der drei sogenannten Westmächte: USA, Großbritannien und Frankreich. Sie gründeten während des Turniers am 2. Mai 1951 den "Deutschen Blindenschachbund" (DBSB) und legten damit den Grundstein für eine der - neben Großbritannien - aktivsten nationalen Blindenschachorganisationen in der I.B.C.A. Der Spanier Juan Fiter, einer unserer besten Fernschachspieler, war viele Jahre Mitglied des I.B.C.A.-Präsidiums. Er verstarb im September 1981. Fiter konnte in den letzten Fernschach- Weltmeisterschaften, an denen er teilnahm, immer einen der ersten drei Plätze belegen und war in der elften Meisterschaft dieser Art sogar Blindenfernschach-Weltmeister. Er war nicht nur Redakteur der spanischen Blindenschachzeitung, sondern auch Funktionär im spanischen Blindenwesen. INFORMATIONSBLATT 2; 1982 - Vom 24. bis 31 Januar fand in Cordoba unter starker Beteiligung (29 Spieler) die spanische Landesmeisterschaft im Blindenschach statt. Dabei ging es ja um sehr viel; denn nur der Sieger war berechtigt, an der V. Blindenschach-Weltmeisterschaft in Hastings teilzunehmen. Ganz überraschend siegte der erst 20-jährige Schachfreund Roberto Enjuto mit 6,5 Punkten vor Altmeister Burdio, 6,0; dritter bis fünfter waren die Schachfreunde Rubio, Lopez und Florencio mit je 5,5. Sechster wurde Garcia mit 5,0 Punkten. Erfreulich war, daß sich viele junge Schachfreunde an diesem Wettbewerb beteiligten. Die VI. Spanische Mannschaftsmeisterschaft im Dezember 1995 zeigte, wieviel Spanien respektive die O.N.C.E., die spanische Blindenorganisation, gegenwärtig für Schach tut. Hier waren neun Blindenschachklubs vertreten - Madrid mit zwei, Barzelona sogar mit drei Mannschaften zu je vier Spielern. Meistens gehörte auch noch ein Ersatzspieler dazu. Jede dieser Mannschaften brachte darüber hinaus einen eigenen Trainer mit. Das Resultat der Begegnung, die jedes zweite Jahr stattfindet, (Madrid A [35,5 Brettpunkte] gewann vor Barzelona A [33,5] und Valencia [28,0]) ist zweitrangig; wichtig ist, daß das Schachspielen als Integrationshilfe für Blinde und Sehgeschädigte dabei gewinnt. Kleinere Länder wie beispielsweise Ungarn hatten oftmals mit den gleichen Problemen in anderen Dimensionen zu kämpfen, alles scheint nur um wenige Jahrzehnte oder auch nur Jahre versetzt. Einige Schachbretter - Steckbretter, die speziell für Blinde und zunächst ausschließlich in Eigeninitiative hergestellt worden waren - gab es in Ungarn bereits vor dem zweiten Weltkrieg; hingegen waren Schachturniere für Blinde und Sehgeschädigte noch unbekannt. Das organisierte Blindenschach begann erst am Ende der vierziger Jahre. Der schachbegeisterte Musiklehrer an der Blindenschule Vakok Iskol…ja, Joszef Zich¢ begann schon 1952 mit der Organisation des Schachzirkels für Sehgeschädigte in Budapest; hier wurde auch die erste Landesmeisterschaft im Blindenschach 1954 ausgetragen. In der Grenzstadt Szombathely kam es schon seit Anfang der fünfziger Jahre zu Begegnungen von Schachmannschaften Blinder und Sehgeschädigter. Der Musiklehrer J¢zsef Zich¢, begnadeter Organisator und selber ausgezeichneter Schachspieler, ließ Schachbretter für die Schüler anfertigen. Da er selbst sehgeschädigt war konnte er 1968 an der dritten Blindenschacholympiade in Weymouth (Großbritannien) und 1972 an der vierten in Pula (Jugoslawien) jeweils als Mitglied der ungarischen Mannschaft teilnehmen. Ein Beamter aus der Verwaltung der Hauptstadt, der den Blinden und dem Schach engagiertes Interesse entgegenbrachte, J¢zsef Miskei, vermittelte die Teilnahme der jungen Schachspieler der Schule an der Pioniermeisterschaft; er war ehrenamtlicher Mitarbeiter im ungarischen Schachverband. Schließlich führten alle diese Aktivitäten und Bestrebungen bereits im Jahre 1950 zur Gründung des ersten Blindenschachklubs in Budapest. In der Anfangsphase bestand der Klub aus allenfalls einem Dutzend Spielern; Geld war knapp, deshalb war das Privileg, Schachspielen zu dürfen, auf diejenigen beschränkt, die sich ein eigenes Schachbrett leisten konnten. Trotzdem etablierten sich in der Region weitere Schachklubs Blinder und Sehgeschädigter in Zagreb, Novi Sad, Ossijek, Subotiza und Zombor; sie trugen auch oftmals Vergleichskämpfe miteinander aus. Fortschritte mußten in dieser Zeit noch hart erkämpft werden. Es ging - zwar langsam aber stetig - aufwärts; das Schachleben entwickelte sich kontinuierlich im Schoße des Blindenverbandes. Blinde und sehgeschädigte Schachspieler aus Ungarn waren ab 1967 öfter als Gäste in der Tschechoslowakei, in Österreich und einmal sogar in Rumänien. In den zu dieser Zeit sogenannten Staatshandelsländern wurde ein Interesse, das sich dokumentieren ließ, auch von Staats wegen gefördert, um gesellschaftliche Vielfalt sicherzustellen. Nach zwei Jahren wurde der Spielbetrieb durch eine eigene Schachzeitung und einen Schachtrainer belebt. 1956 tauchten die ersten Schachuhren auf, die für Blinde geeignet waren und von ihnen selbständig gehandhabt werden konnten; Sie wurden von den "Ungarischen Optischen Werken" (MOM) hergestellt. Der Schachklub in Budapest zählte zu dieser Zeit schon mehr als 30 Mitglieder. Im Jahre 1960 wurde bezüglich der Mitgliederentwicklung der Höhepunkt mit etwa 60 erreicht. In diesem Jahr fand auch zum erstenmal ein Vergleichskampf von Mannschaften aus Budapest und Zsombathely statt. Auf Fürsprache des einflußreichen Parteifunktionärs Zolt n G bor erhielt eine ungarische Mannschaft die Möglichkeit eingeräumt, im Jahre 1964 an der II. Blindenschacholympiade in Kühlungsborn an der Ostsee (Deutsche Demokratische Republik) teilzunehmen. Zolt n G bor begleitete die verschiedenen Aktivitäten im Blindenschach in Ungarn noch eine ganze Zeit mit Interesse und Engagement. Sehgeschädigte Schachspieler in Ungarn verdanken ihm viel. Die hier eingefügten Berichte sind aus dem Informationsblättern der I.B.C.A. ®1964-65, 1981 und 1982¯ (Redaktion Heinz Reschwamm) entnommen: INFORMATIONSBLATT 3 - 1964-65 - "Wie seit 1954 alljährlich, so konnten auch in den Jahren 1963 und 1964 die Landesmeisterschaften nach vorheriger Qualifikation im Halbfinale durchgeführt werden. Während 1963 Schachfreund Dénes den begehrten Titel errang, konnte 1964 Schachfreund Auffenberg Landesmeister werden. Nach wie vor werden auch die schon zur Tradition gewordenen Städtewettkämpfe gegen die Blindenschachgruppen von Zsombathely und Miskol‡ durchgeführt. Noch immer war hier der Blindenschachklub Budapest der glückliche Gewinner. Paul Erös schreibt: "Auch im Wettkampf gegen unsere sehenden Schachfreunde schlagen sich unsere Mannschaften in den verschiedensten Klassen mit gutem Erfolg." In der letzten Klubmeisterschaft von Budapest mußten sich die beiden Schachfreunde Dénes und Fauszek den Titel des Klubmeisters teilen. Ein über zwei Jahre laufender Fernschachländerkampf gegen die CSSR (damals ein Zusammenschluß der beiden Staaten Slowakische und Tschechische Republik) konnte von uns mit 7,5 zu 4,5 Punkten gewonnen werden. Auch in dem Fernschachländerkampf gegen die Bundesrepublik Deutschland an acht Brettern konnten wir nach fast zweijähriger Spieldauer mit 10 zu 6 erfolgreich bleiben. Zweifellos war die Teilnahme einer Mannschaft an der zweiten Blindenschacholympiade, in der wir etwas unerwartet den zweiten Platz belegten, der größte Erfolg! Nach einem Bericht von J. Dénes" Seit Mitte der achziger Jahre gibt es die Montagsmeisterschaft, wobei die Blinden und Sehgeschädigten der Hauptstadt Budapest schon schöne Erfolge errungen haben. In den beiden Städten, Szombathely und Miskol‡ und - natürlich - in Budapest -, wo verhältnismäßig viele Blinde leben, gab es in den Jahren von 1954 bis etwa 1971 die verschiedensten Schachaktivitäten - vor allem Einzelmeisterschaften aber auch Mannschaftswettbewerbe -, die zeitweise zweimal jährlich zu Begegnungen führten. In dieser Zeit wurden auch fast regelmäßig Landesmeisterschaften ausgetragen. Das ist in den letzten Jahren leider ein wenig eingeschlafen. Seit dem Jahre 1963 arbeiten Schachspieler und Leichtathleten im Sportzirkel zusammen. Tandemfahrer, Goalballspieler und Bergsteiger schlossen sich wenig später an. Aber leider ging es mit dem Schach im Lande allmählich bergab. Erst einige Jahre später konnte das ungarische Blindenschach sich im Sportzirkel mit anderen sportlichen Aktivitäten Blinder und Sehgeschädigter fest etablieren. Weitere Auszüge aus den Informationsblättern 1981 der I.B.C.A.: Gegen Klubs der Sehenden wurden schon von Anfang an Mannschaftswettkämpfe ausgetragen; die besten Ergebnisse gab es jedoch erst in den siebziger und achtziger Jahren. INFORMATIONSBLATT 1 1981 - In der diesjährigen Einzelmeisterschaft konnte sich Schachfreund Paul Erös erneut durchsetzen; 19 Spieler nahmen teil. Es war ein äußerst harter Kampf! Mit 8,5 Punkten konnte Schachfreund Erös seinen Titel als Landes- und Klubmeister erfolgreich verteidigen, dicht gefolgt von den Schachfreunden Nemes und Rév, je 8,0 und Schachfreund Dénes, 7,5 Punkte. Vom 29. Mai bis 2. Juni war der Budapester Blindenschachklub zu Gast in Zagreb und unterlag einer kroatischen Auswahl verhältnismäßig hoch mit 5,5 zu 10,5 Punkten. INFORMATIONSBLATT 2 1981 - Vom 12. bis 16. September war eine ungarische Auswahlmannschaft zu Gast in Varna (Bulgarien) und unterlag dort mit 9 zu 11 Punkten. Schon einige Wochen vorher hatten die Ungarn eine österreichische Auswahl zu Gast und unterlagen auch dieser etwas überraschend mit 9 zu 11 Punkten. Völlig unerwartet verstarb Anfang Dezember nach kurzer Krankheit unser Schachfreund Joszef Zich¢. Schachfreund Zich¢ war Musiklehrer in der ungarischen Blindenschule in Budapest und ein sehr aktives Mitglied des dortigen Blindenschachklubs. So vertrat er auch 1972 als Delegierter beim V. I.B.C.A.-Kongreß in Pula/Medulin (Jugoslawien) sein Land. Er war einer der treuesten Fernschach-Anhänger und nahm schon seit vielen Jahren an den I.B.C.A.-Fernschachturnieren mit gutem Erfolg teil. INFORMATIONSBLATT 1 1982 - In der ungarischen Einzelmeisterschaft konnte diesmal Schachfreund Paul Erös seinen Titel nicht verteidigen und belegte hinter Nemes, 8,5, punktgleich mit Schachfreund Rév, je 7,5, den 2. Platz. Vierter wurde Schachfreund Auffenberg mit 7 Punkten. Es wurde jedoch noch ein Vergleichskampf der drei Erstplacierten durchgeführt, den Schachfreund Erös für sich entscheiden und somit die Berechtigung zur Teilnahme an der V. Blindenschach- Weltmeisterschaft erreichen konnte. INFORMATIONSBLATT 2 1982 - Bei der Einzelmeisterschaft, die am 20. Dezember 1982 endete, setzte sich diesmal Schachfreund Rév mit 10 Punkten vor Erös, 9,5, und Auffenberg - eine echte Überraschung - mit 8,5 (alle drei ungeschlagen) durch. 4. und 5. Bathyny vor dem Vorjahrsmeister Nemes, je 8 Punkte, gefolgt von Schachfreund Dénes, 7,5 und Kovac: 7 Punkte. Die nächsten sechs folgten mit deutlichem Abstand. Nach einem Bericht von P. Erös, Budapest Im Jahre 1985 rief der Ungarische Blindenverband in Szentendré ein Schachturnier ins Leben, daß seither - jedes zweite Jahr in wechselndem Rahmen und unter wechselnder Beteiligung - eine gewisse Tradition erreicht hat: Den IRIS-Pokal. Am ersten Turnier, das von Jugoslawien gewonnen wurde, nahmen zwei ungarische Teams und insgesamt zwölf Mannschaften mit je vier Spielern teil; es waren außerdem: Polen, Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik, Holland, Finnland, England, Österreich und Bulgarien. Eine Sternstunde für Ungarn und für die dortige Blindenschachorganisation stellt zweifellos die Ausrichtung der VIII. Blindenschacholympiade und des IX. I.B.C.A.-Kongresses im Jahre 1988 in Zalaegerszeg dar. Finanziell wurde diese Veranstaltung durch ein über Erwarten gutes Ergebnis der Spendensammlungen, die landesweit für die Teilnahme behinderter ungarischer Sportler an den Paraolympics im gleichen Jahr in Seoul (Südkorea), der Olympiaveranstaltung für Behinderte, ermöglicht. Das Verdienst, diese einmalige Chance zur Finanzierung der Blindenschacholympiade erkannt und entschlossen genutzt zu haben, kommt unumstritten dem langjährigen Präsidenten des ungarischen Schachbundes der Blinden und Sehgeschädigten, Joszef Dénes, zu. Es war eine denkwürdige organisatorische Leistung für ein so kleines Land. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Schweiz - Auch der Schweizerische Blindenschachbund wurde im Juli 1958 gegründet. Damals wohnte in der Zentralschweiz, hoch über dem Vierwaldstädter See, Robert Gabriel, blind und schwerstbehindert aber voller ideen und Energie. Er hatte die Vision von einem schweizerischen Blindenschachbund. Am 15. Dezember 1956 suchten Walter Müller und Max Winkelmann R. Gabriel in Selisberg auf. Es wurde beschlossen, Anfang 1957 ein Fernschachturnier in der Schweiz auszuschreiben, um das Interesse für Blindenschach im Lande zu ermitteln. Es meldeten sich sofort zehn Interessenten. Bislang gab es zwölf dieser Fernschachturniere in der Schweiz. Dadurch ermutigt organisierte das Trio im Juli die erste schweizerische Blindenschachmeisterschaft am Brett, woran 16 SpielerInnen teilnahmen. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der Schweizerische Blindenschachbund mit Robert Gabriel als ersten Präsidenten, Hans Sticher als Kassier und Max Winkelmann als Schriftführer und Turnierleiter gegründet. Da Schachliteratur in Punktschrift auch in der Schweiz kaum erhältlich war, versucht Max Winkelmann bereits seit Mai 1960 diese Lücke mit der ersten Tonbandzeitung der Welt zum Thema ®Schach¯ zu füllen. Sie erscheint viertel- jährlich und enthält Informationen aller Art und theoretische wie praktische Beiträge aus dem nationalen und internationalen Schachgeschehen. Im November 1960 wurde auch der erste schachli- che Vergleich Schweizerischer Blindenschachbund gegen eine süd- westdeutsche Auswahl in Freiburg im Breisgau ausgetragen. Diese Veranstaltung findet seither mit nur einer Unterbrechung jeden Herbst statt - wechselweise in Deutschland und in der Schweiz. Als Robert Gabriel 1961 im Alter von erst 34 Jahren starb, wurde Max Winkelmann zweiter Präsident des Schweizerischen Blindenschachbundes, der heute etwa 40 Mitglieder umfaßt. Zu Beginn der 60-er Jahre lernten sich auch Max Winkelmann und Hermann Ükermann, damals Präsident des DBSB ®Deutscher Blinden- schachbund¯ kennen. Die Schweiz stellte eine der teilnehmenden sieben Mannschaften an der I Blindenschacholympiade 1961 im sauerländischen Meschede (Bundesrepublik Deutschland). Der I.B.C.A.-Kongreß 1972 wählte Max Winkelmann zum Schatzmeister, eine Aufgabe, die er zusammen mit seiner sehr engagierten Frau zwölf Jahre lang wahrnahm und dann aus gesundheitlichen Gründen aufgeben mußte. Die Mitgliedschaft in der I.B.C.A. ist zwar - wie bei der F.I.D.E. - seit dem Kongreß in Weymouth im Jahre 1968 im allgemeinen nur auf nationale Blindenschachorganisationen beschränkt, aber drei Ausnahmen sind doch in der Satzung der Organisation vorgesehen: Der I.B.C.A.-Kongreß kann ein Ehrenmitglied ernennen, für fördernde Mitglieder der I.B.C.A. und natürlich unter der Bedingung, daß im Lande des sehgeschädigten Schachspielers, der auf internationaler Ebene spielen möchte, keine solche Organisation existiert. Deshalb ist es wichtig, daß sich die I.B.C.A. um weitere nationale Mitgliedsorganisationen bemüht. Die jedermann geläufige Schachuhr konnte ebenfalls von Blinden und hochgradig Sehgeschädigten nicht benutzt werden. Hier wurde von Anfang an die Hilfe sehender Schachfreunde benötigt, die man dann nach der Zeit fragen durfte. Es gab natürlich schon Blindenuhren - -wecker; und durch Kombination zweier solcher Uhren und der entsprechenden Automatik, mit der eine Uhr angehalten und die andere in Gang gesetzt werden konnte, wurde eine Schachuhr für Blinde "gebastelt". Während aber der bei sehenden Schachfreunden gebräuchliche Zeitmesser ein Blättchen zeigte, das den Ablauf einer Stunde durch sein Fallen unzweideutig angab, war bei den ersten tastbaren Blindenschachuhren die Zeit dann überschritten, wenn der große Zeiger deutlich die zwölf hinter sich gelassen hatte. Diese Lösung konnte allenfalls als Behelf bezeichnet werden, und viele Schachfreunde zerbrachen sich den Kopf, um die Zeitmeßmethode durch Blindenschachuhren zu verbessern. Bei der ersten Blindenschacholympiade in Meschede im Jahre 1961 präsentierten dann die englischen Schachfreunde unerwartet die beinahe ideale Lösung: Eine Uhr mit zwei Zifferblättern. Auf dem Plexiglas, das mit den üblichen Markierungen versehen ist, wird mittels einer verlängerten Zeigerachse ein zweiter, großer Zeiger mitgeführt; das dahinterliegende Zifferblatt für den Sehenden verfügt über das gefürchtete aber für eine exakte Zeitmessung notwendige Fallblättchen. Die Uhr wurde nun erprobt und bewährte sich. Die Weiterentwicklung führte dann auch zu einem "tastbaren Blättchen", so daß auch Blinde heute - soweit es die Schachuhr betrifft, ohne die Hilfe Sehender - sogar Blitzschach spielen können. ÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍÍ