International Braille Chess Association Die Geschichte der Organisation Zusammengestellt und mit überleitenden Texten versehen von Hans-Gerd Schäfer ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ K A P I T E L VI Rosinen und Wissenswertes ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Über fünfzig Blindenschachorganisationen aus den verschiedenen Ländern sind heute Mitglieder der International Braille Chess Association. Die sieben Gründungsmitglieder konnten sich das wohl kaum vorstellen. Damals - im Jahre 1958 - fand die Gründung der Organisation begleitet von einem Schachturnier statt, das von 12 Schachspielern aus sieben Ländern bestritten wurde. Das war natürlich noch nicht der Mannschaftswettbewerb, den man mit Schacholympiade verbindet. Einfach die Freude am königlichen Spiel führte sie zusammen. An vier Tagen trugen sie einen Wettkampf aus, für den auch noch ein geräumiges Wohnzimmer ausgereicht hätte. Das hat sich inzwischen gründlich geändert. Zu den letzten beiden Blinden-Schacholympiaden in Ca'n Picaforte auf Mallorca (Spanien) - der Wettbewerb wurde hier von 33 Teams bestritten - und in Laguna (Brasilien) - hier spielten 30 Teams mit - waren allein schon 150 oder mehr Turnierteilnehmer - Schachspieler unterzubringen. Dazu kamen Begleitpersonen, Kongreßteilnehmer, das Präsidium, die Turnierleitung und Hilfskräfte wie auch Dolmetscher. Insgesamt an die dreihundert Personen. Mit einem Problem haben wir wie alle anderen Schachorganisationen - ob in Deutschland oder anderswo - allerdings zu kämpfen, das im folgenden Absatz abgehandelt wird: nicht so ganz ernst, in der Tendenz aber durchaus richtig. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Der Schachfunktionär - Die weit verbreitete Meinung, Schach sei ein Sport, hält sich immer noch ungebrochen. Dabei ist nichts einfacher zu widerlegen als dieser Irrglaube. Man schneide bloß einmal das Thema Funktionäre an. Nehmen wir einen typischen Sport - einen ganz normalen, deutschen Fußballspieler. Er kickt von frühester Jugend an in der Regel seine 20 oder 25 Jahre herunter, bis man ihn - höflich aber mit zunehmendem Alter auch zunehmend bestimmt - aus seiner Mannschaft hinauskomplimentiert. Anschließend poliert er vielleicht noch ein paar Jahre Gleichaltrigen bei den alten Herren die Knochen, bis ihn das Zipperlein, die mürrische Ehefrau und der ständige Ärger über die Schiedsrichter endlich dazu bringen, Schuhe und sportlichen Ehrgeiz an den Nagel zu hängen. Und dann - dann wird er Funktionär, denn er will schließlich noch etwas für die Jugend und seinen Sport tun. Ähnliches gilt - mit entsprechenden Modifikationen - für Volleyballer, Batmintonisten, Kugelstoßer, Eiskunstläufer oder Springreiter. Nur für Schachspieler nicht. Die kommen mit den Jahren erst richtig in die Gänge; sie überschwemmen die Open und später die Seniorenturniere, sie hocken zänkisch, rechthaberisch, mit hahnebüchenem Sitzfleisch - oft weit über die FIDE-6-Stundengrenze hinaus - am Brett, kämpfen, analysieren, diskutieren, blitzen, bis sie eines nahen oder fernen Tages der Schlag trifft. Kein Aas denkt daran, Funktionär zu werden. Wo also sollte die sonderbare Gemeinschaft der Schachspieler ihre Präsidenten, Kassierer, Turnierleiter oder Damenwarte künftig am besten suchen? Nicht mehr in den Schachvereinen, nein. Vielleicht durch Inserate im Kleingartenfreund oder durch Umfragen in den psychiatrischen Kliniken. Der ideale Schachfunktionär darf kein Schachspieler sein; oder er muß sein Schachhirn so eng am Zügel halten, daß niemand etwas davon merkt. Er muß die Geduld eines Regenwurms und die Erfahrung eines Krankenpflegers im Umgang mit total oder halb Verrückten besitzen. Er muß als Klubvorstand, wenn der Wirt des Vereinslokals kurz nach Mitternacht anfängt, die Stühle auf die Tische zu hieven - mitleidlos - auch in die interessanteste Partiestellung hinein -dem unbelehrbar letzten Combattanten den Stuhl rücksichtslos unter dem Allerwertesten wegziehen, die herabstürzenden Figuren erbarmungslos in den Kasten werfen, das Material ohne sich durch die immer drohenderen Beschimpfungen beeindrucken zu lassen wegschließen, sich kniefällig bei dem Wirt für die Zigarrenasche und die anderen Schweinereien auf dem Teppichboden entschuldigen und dabei auch noch überlegen, was er seinem frustriert wachgebliebenen Ehegesponst diesmal als Erklärung für die Heimkehr im Morgengrauen anbieten soll. Er muß als Verbandskassierer oder Schriftführer eine Berufsausbildung als Computerfachmann mitbringen, als Präsident ahnungslosen Bürgermeistern, Landräten oder anderen Schirmherren bei der Ausführung des ersten Turnierzuges die Hand führen, heulende Verliererinnen trösten, Pokale und die sie bezahlenden Sponsoren besorgen, an langweiligen Gremiensitzungen teilnehmen, in denen andere Funktionäre endlos über völlig uninteressante Probleme labern. Mit einem Wort: Der ideale Schachfunktionär muß, wenn man es genaunimmt, eigentlich irgendwie mindestens einen Sprung in der Schüssel haben. Dies ist dann aber auch die schlüssige Erklärung dafür, daß es, soweit man das überschauen kann, nirgendwo einen idealen Schachfunktionär gibt. Alle sind sie Schachspieler, manche sogar mit ELO-Zahl. Niemand sieht, wie sie leiden, wenn sie alle anderen an den Brettern brüten sehen. Niemand glaubt ihnen, wenn sie beteuern, dies sei nun aber wirklich das letzte Mal, daß sie sich wählen lassen. Und niemand spendet ihnen Beifall, wenn das Ganze ohne Krach, ohne Beschwerden, ohne größeren Ärger über die Bühne geht. Eines Tages vielleicht wird sich auch die ganze Schachorganisation computerisieren und digitalisieren lassen. Dann braucht man überhaupt keine Funktionäre mehr, allenfalls Funktionärsprogramme. Dann endlich wird Schach ein anständiger Sport wie Fußball sein. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Bei der III. Blindenschacholympiade in Weymouth wurde ein Schönheitspreis für die folgende Partie verliehen: Sandrin (USA) - Loftus (Irland) III Blindenschacholympiade 1968 - Runde 2 1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sc3 d5 4. Lg5 Sbd7 5. cxd5 exd5 6. e3 (6. Sd5? Sd5! 7. Ld8 Lb4) 6. - c6 7. Ld3 Le7 8. Dc2 00 9. Sf3 h6? (ein Fehler! Nachdem schwarz bereits rochiert hate und weiß noch nicht) 10. h4!? (sehr energisch, aber 10 Lh4 wäre bestimmt sicherer gewesen) 10. - Te8 (mit 10 - hxg5 11 hxg5 Se4 12 Lxed dxe 13 Dxe4 g6 14 Dh4 gewinnt weiß) 11. 000 hxg5 (11 - Sg4) 12. hxg5 Se4 (falls 12. - Sg4 13. Lh7 Kf8 14. lf5) 13. Sxe4 (auf 13. Lxe4 dxe4 14. Dxe4 folgt 14. - Lxg5) 13. - dxe4 14. g6 Sf6 (falls [1 14. - exd3 und nun a) 15. Dc4 Tf8 16. Th2 Ld6 17. g3 oder b) 15. gxf7 Kxf7 16. Dc4 Kf6 17. g4 und Sg5 Kxg5 18. De6 gewinnt weiß] oder [2 exf3 15. gxf7 {oder Lc4 gewinnt} kxf7 16. Lg6 Ke6 17. Df5 Kd6 18. Df4 Kd5 19. Lf7 matt!]) 15. gxf7+ (oder 15. Se5 fxg6 [15. - Le6? 16. gxf7+ Lxf7 17. Th8! Kxh8 18. Sxf7+] 16. Th8+ Kxh8 17. Sxf7+ mit Damegewinn) 15. - Kxf7 16. Se5+ Kg8 (16. - Ke6 wird mit 17. Lc4+ Sd5 18. Dxe4 beantwortet) 17. Lxe4 Sxe4 18. Dxe4 Lf6 (18. - Dd5 ermöglicht 19. Dg6! Le6 20. Th7 - und 21. Tdh1) 19. Dh7+ (Vorschlag: 19. Dg6! Lxe5 20. dxe5 De7 21. Th7 Dxe5 21. Th7 De5 22.Tg7 Dg7 23. Td8 matt!) 19. - Kf8 20. Dg6 Le6 21. e4! Dc7 (Besser ist vielleicht 21. - Da5 22. a3 Lxe5 23. Th5 oder 22. Td3 Lxe5 23. Dg5! Dd8 24. Tf3+ Lf6 25. e5! oder 22. Td3 Dxa2 23. Ta3 mit Vorteil für weiß) 22. Th5 Lxe5? (gibt eine wichtige Position auf! Nach 22. - Ke7 23. Dg3 oder 23. Kb1 ist die Stellung unklar.) 23. dxe5 Tad8 24. Txd8 Dxd8 25. Th8+ Lg8 26. Dh7 Dg5+ 27. Kb1 Kf7 28. e6+ Kxe6 29. Txg8 Kf7 30. Txe8 Kxe8 31. Dh3 (und weiß gewinnt) 31. - Dd8 32. Dh8+ Kd7 33. Dxg7+ (33. Kxd8+) 33. - Kc8 34. Dg4+ Kc7 35. Df4+ Kc8 36. Dg4+ Kc7 37. De2 Dh4 38. a3 Dh1+ 39. Ka2 Dxg2 40. De3 Dg8+ 41. Db3 Dg7 42. Dg3+ Dxg3 43. fxg3 Kd6 44. g4 Ke5 45. g5 c5 46. a4 b6 47. Kb3 a6 48. Kc4 Ke6 49. a5 1:0 Obwohl das Opfer nicht als ganz gesund bezeichnet werden kann, enthielt das Spiel doch viele herrliche Zugfolgen. Es muß die Spieler bis auf's äußerste gefordert haben; für die Beobachter war jedenfalls die Spannung zeitweilig fast unerträglich. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Der nächste Absatz ist dagegen wieder ganz ernst gemeint; denn er faßt ein bißchen von dem zusammen, worauf das Spiel und seine Organisation heute fußt. Schach ist ein uraltes Spiel, das sich im letzten Jahrhundert zu einem richtigen Volkssport entwickelt hat. Jeder kann das Spiel erlernen und niemand muß Mathematiker sein, um es gut zu beherrschen. Für dauernde Erfolge braucht man natürlich Talent und Gefühl. Seit 1851 werden internationale Turniere veranstaltet, die dem Ansehen und der Verbreitung des Schachspiels dienen und die Schachtheorie fördern. Anfänger und starke Spieler nutzen die Schachliteratur mit ihren vielen ineinander verschachtelten theoretischen Beiträgen in gleicherweise mit Gewinn; Eine Übersicht über die Gesamtliteratur können freilich nur noch Berufsspieler gewinnen, weil sie geradezu uferlos geworden ist. 1924 wurde in Paris die Weltorganisation des Schachs gegründet, die Fédération International Des checs. Mit zur Zeit ungefähr 150 Mitgliedern zählt die FIDE zu den großen Sportorganisationen der Welt. Bei einer derartigen Verbreitung des Schachs und bei der Vielzahl seiner Anhänger konnte es nicht ausbleiben, daß das Spiel auch die Sehgeschädigten erreichte. Die Geschichte des Schachs - Das Schachspiel nahm einen langen, entwicklungsgeschichtlichen Werdegang, ehe es seine jetzige, relativ abgeschlossene Form fand. Einig ist man sich über das Ursprungsland Indien, nicht so über den Zeitpunkt. Nach vorherrschender Meinung (Boensch) soll der Ursprung vor etwa 2.500 Jahren mit dem Brettspiel Tschaturanga liegen. Erwiesen ist, daß das Spiel im sechsten Jahrhundert u. Z. nach Persien (Scharandsch) und von dort weiter nach Westen gelangte. Über Nordafrika erreichte es im achten oder neunten Jahrundert Spanien und damit Europa. Nach Rußland soll es über Innerasien gekommen sein. Die Art des Spielens in jener Zeit unterschied sich durch ihre Regeln stark von der heutigen. In dem Bestreben, eine schnellere und dynamischere Spielführung zu erzielen, gab es im Laufe der Jahrhunderte einschneidende Regeländerungen. Mit der Erfindung des Buchdrucks, wodurch gespielte Partien und theoretische Betrachtungen schneller der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden konnten, fand eine sprunghafte Verbreitung und Weiterentwicklung des Schachspiels statt. 1497 veröffentlichte der Spanier Lucena das erste gedruckte Lehrbuch. Spanische und italienische Meister prägten im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert die Stilrichtung, einen geradlinigen, kombinationsbetonten Angriffsstil, belebt mit Bauern- und Figurenopfern. Im achzehnten Jahrhundert verlagerte sich das Schachleben immer mehr nach Frankreich und England. Lange Zeit galt der Franzose Philidor als bester Spieler, der gleichzeitig eine neue, strategische Richtung begründete. Howard Staunton - Er war der vielleicht herausragendste Schachspieler, den England jemals hervorgebracht hat. In der Zeit von etwa 1840 bis 1850 war er wohl der weltbeste Spieler; in den späteren Jahren gehörte er zusammen mit dem Deutschen, Adolf Anderssen, und dem Amerikaner, Paul Merfy, zu den drei besten Spielern der Welt. Der Gründer der ersten englischen Schachzeitschrift, The Chess Players Chronical, konzentrierte sich ab ungefähr 1860 ganz auf seine literarischen Forschungen. Er war ein Experte für die Literatur des Mittelalters - insbesondere für Shakespeare-Dramen - und gab deswegen das aktive Spiel fast gänzlich auf. Howard Staunton starb am 22. Juni 1874 im Alter von 64 Jahren. Gegen Mitte des neunzehnten Jahrhunderts begann die sportmäßig orientierte Entwicklung. 1851 setzte mit dem ersten internationalen Turnier in London - es siegte der Deutsche Adolf Anderssen aus Breslau - die Ära des Turnierschachs ein. Der Sieger verlor 1866 einen Wettkampf gegen Wilhelm Steinitz, der zwei Jahrzehnte später nach seinem Wettkampfsieg gegen Johannes Zukertort als erster Weltmeister proklamiert wurde. Die weitere Geschichte der WM-Kämpfe war ebenso spannend wie lehrreich, denn mit jedem neuen Weltmeister verband sich in der Regel eine epochale Lehr- und Stilrichtung. Der nächste Weltmeister, Emanuel Lasker (1894-1921), brachte zum Beispiel philosophische und psychologische Aspekte in das Schachspiel ein. Sein Nachfolger Capablanca wiederum pflegte einen streng positionellen Stil; er galt als "unbezwingliche Schachmaschine". Aber auch er fand 1927 seinen Meister in Alexander Aljechin, der mit schier unerschöpflichen Ideen angriffsbetont spielte. 1935 mußte er seinen Titel an den Holländer Max Euwe abgeben, holte ihn sich aber nach zwei Jahren in überzeugendem Spiel zurück und behielt ihn bis zu seinem Tode im Jahre 1946. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde das Schachspiel aufgrund seiner sozialpädagogischen Bedeutung in vielen Ländern stark gefördert. Leistungsmäßig übernahm die Sowietunion eine Vormachtstellung, die nach ihrer Auflösung auf die Folgestaaten überging, was bei WM-Kämpfen, Olympiaden und internationalen Turnierveranstaltungen deutlich wurde. Bis auf eine Ausnahme - Robert Fischer aus dem Sonnenstaat Kalifornien an der US- amerikanischen Westküste, 1972-1975 - errangen sowietische bzw. russische Spieler den WM-Titel (Botwinnik, Smyslow, Tal, Petrosjan, Spasski, Karpow, Kasparow). Zumindest bei den Frauen und dem Nachwuchs deuten sich jetzt Wachablösungen an. Das Brettspiel Schach weist auch noch in der Gegenwart unterschiedliche Formen auf (z. B. Chinesisches Schach). Trotzdem lassen sich entwicklungsgeschichtlich gemeinsame Kriterien erkennen: 1. Unterschiedliche Spielfiguren, die durch ihre Zugweise eine bestimmte Wertigkeit aufweisen. 2. Spielflächen, die als Voraussetzung für eine unterschiedliche Zugweise der Figuren durch Felder oder Linien gekennzeichnet sind. 3. Zentralfiguren (Könige), um die sich das ganze Spiel dreht und mit deren bevorstehender oder tatsächlicher Eroberung das Spielziel erreicht wird. 4. Eine weitgehend vom Zufall unabhängige strategische und taktische Spielführung. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Zwei Preispartien unkommentiert V. Blindenfernschachmeisterschaft Cohn (Großbritannien) - Winkelmann (Schweiz) Französisch 1. e4 e6 2. d4 d5 3. Sc3 Lb4 4. e5 c5 5. a3 Lxc3 6. bxc3 Dc7 7. Dg4 f5 8. Dg3 cxd4 9. cxd4 Se7 10. Ld2 0-0 11. Ld3 Sbc6 12. Se2 Ld7 13. 0-0 Kh8? 14. Tab1 Tb8 15. Tb3 Sa5 16. Tc3 Db6 17. Sf4! Sac6 18. Dh4 Dd8 19. Lb5 Tf7 20. Th3 g6 21. Lxc6 bxc6 22. Lb4 Kg8 23. Ld6 Ta8 24. Tb1 Tg7 25. Df6 Tf7 26. Sxe6 Da5 27. Txh7!! Txf6 28. Tg7+ Kh8 29. exf6 Lxe6 30. Txe7 Kg8 31. Tg7+ Kh8 32. Le5 Dxa3 33. h3 Tf8 34. Tbb7 Dc1+ 35. Kh2 Dh6 36. Tge7 f4 37. Txe6 Dh4 38. f7+ Kh7 39. Kg1 Dg5 40. h4! Dg4 41. Te8 f3 42. Lg3 fxg2 43. Kxg2 Kg7 44. f3 Txf7 45. Txf7+ Kxf7 46. fxg3 Kxe8 47. Le1 Schwarz gab auf! ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ II. Blindenschach-Olympiade Cabarkapa (Jugoslawien) - Kusnierz (Polen) Sizilianisch 1. e4 c5 2. Sf3 d6 3. d4 cxd4 4. Sxd4 Sf6 5. Sc3 a6 6. Lg5 e6 7. f4 Le7 8. Df3 Dc7 9. 0-0-0 Sc6 10. g4 Sxd4 11. Txd4 e5? 12. Lxf6! gxf6 13. Td1 b5 14. Sd5 Da5 15. Lh3 Ld7 16. fxe5 fxe5 17. Sf6+ Kd8 18. Kb1 Le6 19. Sd5 Lxd5 20. Txd5 Db6 21. Tf1 Tf8 22. g5! Ke8 23. Df5 Ta7? 24. Tfd1 De3 25. Txe5+ Schwarz gab auf! ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Eine Eröffnung sieht "alt" aus, wenn man nichts neues mehr über sie sagen kann. Für die PONZIANI-Eröffnung sind 200 Jahre ein recht respektables Alter. Bei Turnieren begegnen wir ihr kaum noch; sie lebt von der Erinnerung an vergangene Erfolge. Man könnte glauben, ihre Zeit sei abgelaufen, doch sie ist noch virulent. Im Folgenden verleiht ein neuer Zug dieser alten Eröffnung neuen Schwung: II I.B.C.A.-Einzelmeisterschaft Ivan Novak (Tschechoslowakei) - Milos Cabarkapa (Jugoslawien) Ermelo 1970 1. e4 e5 2. Sf3 Sc6 3. c3 Die Eröffnung basiert auf der Theorie vom starken Zentrum, bedenkt aber nicht den Zeitverlust. 3. - d5 Die Theorie beurteilt den Zug als den stärksten, aber es gleicht auch 3. - Sf6 oder 3. - f5 aus, was an die Wiener Partie erinnert, und sogar 3. - Sge7. 4. Da4+ Der beste Zug für weiß. Schwarz kann unter mehreren Zug- Möglichkeiten wählen. 4. f6 - wurde von Steinitz empfohlen, doch nach Keres'Analyse bleibt die weiße Stellung günstiger. Einstimmig lehnt die Theorie 4. - dxe4 ab. Caro empfahl das Bauernopfer 4. - Ld7, in der Praxis aber erzielte man mit dem Zug nur wenig Erfolg. Es scheint, daß das Bauernopfer richtig ist, doch mit der Leonhardt- Fortsetzung ... 4. - Sf6 5. Sxe5 Ld6 6. Sxc6 bxc6 7. d3 Nach 7. Dxc6+ Ld7 8. Da6 dxe4 hat schwarz zwar einen Bauern mehr, bleibt aber in der Entwicklung stark zurück. 8. - 0-0 9. Le2 Diesen Zug empfahl Keres. Er wies nach, daß schwarz für den geopferten Bauern nach 8. - Te8 9. Lg5 h6 10. Lf6 Df6 keinen angemessenen Gegenwert hat. Der Nachziehende entscheidet sich hier für einen neuen Weg. 9. - De8 Ein interessanter Zug, worauf 9. Lg5 - wirkungslos ist, weil weiß nach 9. - dxe4 10. Lxf6 exd! schlecht steht. 9. Sd2 Tb8 10. 0-0 - Schlüge der Anziehende den Bauern auf a7, würde die Situation für den König in der Mitte sehr gefährlich. 10. - c5 11. Dc2 Lb7 12. Lf3 Damit wird zwar der Bauer e4 geschützt, doch ist dem Springer auf d2 die gute Position f3 genommen. 12. - De5 13. g3 Te8 14. c4? Weiß will mit Gewalt den schwarzen Angriff vorantreiben; das ist kein gutes System. Richtig wäre 14. Lg2 - und danach 15. Sf3 -. 14. - dxe4 15. dxe4 Sxe4! 16. Tfe1 Weiß war zuversichtlich, aber schwarz steht sicher. 16. - f5 17. Tab1 Df6 Diese Falle erweist sich als nützlich. und weiß fällt auch prompt hinein. 18. Se4 fxe4 19. Lxe4 Txe4 Weiß gab auf! Denn auf 20. Txe4 - gewinnt schwarz mit 20. - Df3! Sehende hätten nicht besser sehen können. Eine fabelhafte Partie. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Wann soll man - wann kann man Schach spielen? - Es ist wichtig, die richtige Zeit zubestimmen, in der wirklich die Konzentration optimal ist - in der keine andersgearteten menschlichen Imponderabilien vom Denken, Kombinieren und der Freude daran ablenken. Als erstes sind die Bedingungen zu definieren, die eine so herausragende geistige Leistung, wie sie das Schachspielen darstellt, begünstigen. Es darf nicht zu heiß sein; schließlich muß der Schachspieler kühlen Kopf bewahren. Es darf nicht zu kalt sein oder gar Durchzug; denn das beeinträchtigt das körperliche Wohlbefinden, da Schachspielen nun einmal nicht mit allzu viel Bewegung verbunden ist. Hunger kann die schachliche Leistung ebenso beeinträchtigen wie das Gegenteil. Und natürlich ist Schachspielen mit Alkoholgenuß überhaupt nicht vereinbar. Sorgen beruflicher, privater oder finanzieller Art sind selbstverständlich der Konzentration auch nicht zuträglich. Natürlich ist die Kleidung wichtig: sie muß bequem und luftig sein. Für Männer kritisch zu würdigen ist auf jeden Fall, was Luca Goldoni über die Mißhelligkeiten derer schreibt, die sich aus modischen Gründen in Blue Jeans zwängen und dann nicht mehr wissen, wie sie sich hinsetzen sollen und wie den äußeren Reproduktionsapparat verteilen. Auch ein enger Jeansrock ist für schachspielende Damen gewiß nicht das ideale Kleidungsstück. Mode und Schach passen eben nicht zusammen, da Mode etwas rein Äußerliches ist und beim Denken nur hinderlich sein kann, da sie sich störend auf die Konzentration auswirkt - auswirken soll. Aber weder ein noch so hübscher, modisch durchgestylter Knabe kann die Dame auf dem Schachbrett beeindrucken noch läßt sich der gegnerische König von den Reizen einer Schönen ins Matt locken. Welche Tageszeit ist die richtige? Morgens? Ausgeschlossen! Da muß man zunächst einmal "in Schwung" kommen. Außerdem hat man sich bestimmt die Regelung einiger Affären für den Tag ganz fest vorgenommen, was natürlich der Erledigung harrt und damit ablenkt. Nach dem Mittagessen? Das geht ganz und gar nicht, denn da benötigt man alle körperlichen Ressourcen zur Verdauung, die auch gerne durch ein Glas Wein gefördert wird. Am späten Nachmittag oder Abend? Unmöglich. Gegen Ende des Tages verlangsamen sich alle Körperfunktionen; das kann doch nicht die geeignete Zeit für geistige Höchstleistungen sein. Im übrigen gibt es da gewiß irgendetwas, was tagsüber nicht so gelaufen ist, wie man sich das vorgestellt hat; da braucht man unbedingt mal eine ruhige Stunde, um sich darüber Gedanken zu machen. Aus den zuvor festgelegten Kriterien ergibt sich auch, daß gewisse Jahreszeiten in gar keiner Weise mit Schach in Verbindung gebracht werden können. Der Winter beispielsweise ist völlig unpassend; denn da sind alle Räume entweder zu kalt oder überheizt. Im Sommer ist es meistens zu warm und außerdem findet man kaum jemanden, der Zeit und Lust zum Schachspielen hat. Die jungen Leute sind mit Familie in Urlaub, die älteren Schachspieler treiben sich bei irgendwelchen "Open" im Inn- oder Ausland herum. Keine Chance. Der Frühling ist aber wirklich eine schöne Zeit! Zugegeben, das ist wahr. Es erhebt sich da allerdings die Frage, ob man gerade im Frühling nichts besseres zu tun hat als ausgerechnet am Schachbrett zu hocken. Und dann: Die Sorge um die Planung des Sommerurlaubs! Gegen den Herbst kann man nun aber keinen Einwand finden. Der Herbst ist eine ruhige Saison, nichts stört das Gleichmaß der Gefühle, nichts beeinträchtigt die Konzentration auf die 64 Felder, das Denken und Kombinieren. Da wird auch jeder Schachspieler zustimmen. Aber wenn alles so ausgeglichen, so ruhig und reizlos ist, wenn es absolut nichts gibt, worüber man sich ärgern oder auch nur aufregen kann, dann soll man - auch als Schachspieler - lieber die Zeit zu einem erquickenden Schlaf nutzen. ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ A N H A N G ÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ Die Einzelweltmeisterschaften der I.B.C.A.: Herren I. 1966 Timmendorfer Strand (BRD) Milos Cabarkapa ..... JUG II. 1970 Ermelo (Niederlande) Milos Cabarkapa .......... JUG III. 1975 Bad Berleburg ( B R D ) Nikolai Rudenski ... UdSSR IV. 1978 Brügge (Belgien) Sergej Krülow .............. UdSSR V. 1982 Hastings (Großbritannien) Sergej Krylow ..... UdSSR VI. 1986 Moskau (U d S S R ) Piotr Dukaczewski ........ POL VII. 1990 Wunsiedel ( B R D ) Sergej Khamdamow ...... UdSSR VIII. 1994 Torrevieja (Spanien) Murat Jounoussow ......... KAZ IX. 1998 Brno (Tschechische Republik) S. Smirnow ....... RUS Damen I. 1986 Bad Liebenzell ( B R D ) Teresa Debowska ..... POL II. 1989 Klimczoke Bjelskobiala (Polen) Lubow Zsiltzowa . RUS III. 1993 La Roda Albacete (Spanien) Lubow Zsiltzowa ..... UKR IV. 1993 Guadamar bei Alicante (Spanien) Lubow Zsiltzowa UKR Die Schacholympiaden der I.B.C.A. Jeweils die ersten drei Mannschaften sind aufgeführt: I. Meschede (BRD) ......... 1. .... JUG 2. .... BRD A 3. .... AUT II. Kühlungsborn (DDR) .... 1. .... JUG 2. .... HUN 3. .... DDR III. Weymouth (Großbritannien) 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... ROM IV. Pula (Jugoslawien) .... 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... ROM V. Kuortane (Finnland) .... 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... DDR VI. Noordwijkerhout (Holland) 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... DDR VII. Benidorm (Spanien) .... 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... POL VIII. Zalaegerszeg (Ungarn) . 1. .... UdSSR 2. .... JUG 3. .... HUN IX. Ca'n Picaforte (Spanien) 1. .... RUS 2. .... JUG 3. .... UKR X. La Laguna (Brasilien) .... 1. .... RUS 2. .... UKR 3. .... BLA Die Kongresse der I.B.C.A. 1. Rheinbreitbach ..... Deutschland ...... 12.-16. April 1958 2. Meschede ............. Deutschland 28. März 1. April 1961 3. Kühlungsborn ....... D D R .............. am 29. März 1964 4. Wymouth ............ Großbritannien ..... am 7. April 1968 5. Pula ............... Jugoslawien ....... am 11. April 1972 6. Kuortane ........... Finnland ......... Am 14. August 1976 7. Nordwijkerhout .... Holland .......... am 17. August 1980 8. Benidorm ........... Spanien ........... am 11. April 1985 9. Zalaegerszeg ....... Ungarn ............ am 23. April 1988 10. Ca'n Picaforte ..... Spanien .............. 19. April 1992 11. La Laguna ......... Brasilien ........... am 9. Juni 1996