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Info-Mail Schach Nr. 22


 Hallo Schachfreunde,
 das Internet macht es möglich - bei Großveranstaltungen kann sich der 
 interessierte Schachfreund bereits wenige Stunden nach Partieende das Er-
 gebnis und auch die gespielten Züge abholen. Bei internationalen Turnieren
 ist das Angebot im Internet gewaltig.
 Wir zeigen heute die Berichterstattung von der Europameisterschaft in Georgien
 auf der homepage der Zeitschrift "Schach". Der Chefredakteur Raj Tischbierek
 ist gleichzeitig Coach der deutschen Männermannschaft.
 Den Beitrag "Eindrücke" habe ich auf der Seite von gm-schach.de gefunden.

 Vorher noch einige Ergebnisse:
 Deutschland - Lettland      3:1    Deutschland - Jugoslawien     0:2
 (Herren)    - Jugoslawien 2,5:1,5  (Damen)     - Spanien         1:1

 Österreich  - Kroatien    1,5:2,5  Österreich  - Griechenland  0,5:1,5
 (Herren)    - Slowakei    1,5:2,5  (Damen)     - Schottland    1,5:0,5 
             - Georgien 2    1:3                - Schweiz         0:2
             - Finnland    2,5:1,5              - Kroatien        0:2
 
 Mannschften aus Norwegen sind nicht am Start.

 In Batumi = Georgien fehlte Strom für die Heizgeräte; in Unterhaching  Bayern fehlte beim Fußballspiel gegen Dortmund Strom für die Flutlichtan-
 lage und die Pressekonferenz; in Leimen = Deutschland ist auf diesem Gebiet
 (noch) alles in Ordnung -
 ein schönes Wochende - vielleicht mit der anschließenden Lektüre -
 wünscht
 Herbert Lang

 Eindruecke -
 Christopher Lutz schildert erste Eindrücke aus Batumi:
 (aufgeschrieben von Jürgen Daniel)

 Der erste Bericht (und hoffentlich nur der) muß noch wie zu alten Zeiten per  
 Telefon übertragen werden. "Hello, hello - here is Georgia" und dann "Please 
 wait - I connect". Kurze Zeit später höre ich dann einen mehrfach 
 echoverstärkten Christopher Lutz. Aber es könnte schlechter sein. Und das ist 
 auch der Tenor der deutschen Mannschaft in Georgien.
 Nach einem gemeinsamen Charterflug mit u.a. den Teams aus Frankreich, Holland, 
 England, Österreich und der Schweiz von Budapest nach Batumi ist die deutsche  
 Equipe wohlbehalten eingetroffen. Beim Aussteigen aus dem Flugzeug war sofort  
 klar, dass die eingepackten Badehosen erst einmal im Koffer bleiben können.
 Nach Schneefall beträgt die Temperatur zur Zeit nur rund fünf Grad. 
 Leider sind die Hotels darauf nur unzureichend vorbereitet. Das deutsche Team 
 hat es dabei noch gut getroffen - hier gibt es Heizstrahler. Als dann heute   
 aber für einige Zeit der Strom ausfiel, begann auch in unserem Lager das  
 Bangen. 
 Wir haben natürlich mit unserem Damen-Spitzenbrett Ketino Kachiani-Gersinska   
 einen unschätzbaren Vorteil: Die gebürtige Georgierin hilft hoffentlich aus 
 allen Notlagen heraus.
 Die Eröffnungsfeier war eindrucksvoll und fand unter Anwesenheit von  
 FIDE-Präsident Kirsan Iljumschinow statt.Als Spielsaal dient der neu
 erbaute Schachpalast. Im Gegensatz zu Elista ist das Gebäude aber schon   
 fertig.
 Die Auslosung hat noch nicht stattgefunden, da noch nicht alle Teams vor Ort   
 sind. So soll das belgische Team Pech gehabt haben.Irgendwo zwischen Wien und
 Budapest (Flug, Taxi ....) sollen die Belgier verschollen sein. 
             
 Raj Tischbierek berichtet aus Batumi: 
 Im georgischen Batumi wurde am Sonntag die Mannschafts-Europameisterschaft 
 eröffnet. Deutschland ist sowohl bei den Damen als auch bei den Herren am
 Start. 
 Im Frauenteam spielen Ketino Kachiani-Gersinska, Anke Koglin und Elisabeth 
 Pähtz, bei den Männern vertreten Artur Jussupow, Rustem Dautov, Robert
 Hübner, Christopher Lutz und Christian Gabriel die deutschen Fahnen. 
 In anderen Ländern ist es keinesfalls an der Tagesordnung, mit dem
 bestmöglichen Team an den Start zu gehen. So fehlen bei Seriensieger Russland  
 (bzw. vormals Sowjetunion) alle Stars. Oder sagen Ihnen z.B. die Namen 
 Filippow  und Wolkow etwas? Verantwortlich gemacht werden dafür pekunäre  
 Gründe, die Prämien vom letztjährigen Olympiasieg in Elista sollen bis heute 
 nicht an die Swidler, Barejew und Co ausgezahlt worden sein. Aber auch mit
 ihrer dritten oder vierten Garnitur bleiben die Russen eine ernstzunehmende 
 Grösse. 
 Bei Titelverteidiger England fehlen u.a.Michael Adams und Matthew Sadler
 (der seine Karriere als Schachprofi beendet hat), so dass die Briten in der
 Setzliste hinter Deutschland auf Platz fünf rangieren. Elofavorit ist Ungarn  
 mit Peter Leko und Judit Polgar an den Spitzenbrettern. Hinter Israel  
 (erstmals mit Boris Gelfand) ist die Ukraine mit Wassili Iwantschuk ein    
 weiterer heisser Titelkandidat. 
 Die gastgebenden Georgier sind nach dem ersten Titelgewinn durch Nona 
 Gaprindaschwili in den 60er Jahren ausschliesslich durch ihre Damen zu 
 schachlichem Weltruhm gelangt. Bis zum Auftauchen der Polgar-Schwestern 
 bestimmten sie eindeutig die Szenerie. Im heimatlichen Batumi gehen nun zwei
 starke Frauenteams für Georgien, bzw. eins für Georgien und eins für die 
 Autonome Republik Adsharien (in der Batumi liegt), an den Start. Auch hier
 soll Geld eine entscheidende Rolle spielen: Adsharien zahlt, Georgien nicht. 
 Exweltmeisterin Maja Tschiburdanidse fehlt.
 
 29.11.1999 - 1. Runde 
 Der Auftakt verlief für die deutschen Teams mit zwei Siegen vielversprechend. 
 Die Herren besiegten die Slowakei mit 2,5-1,5 (Jussupow-Stohl,
 Hübner-Ftacnik, Dautov-Manik alle remis, Lutz-Plachetka 1-0). Christopher
 Lutz avancierte mit den schwarzen Steinen zum Matchwinner. Im Endspiel 
 punktete er seinen slowakischen Gegner aus. Die anderen Partien verliefen ohne 
 nennenswerte Höhepunkte, einzig beim frischgebackenen Deutschen Meister Robert 
 Hübner bestanden zwischenzeitlich Bedenken. 
 Die Damen besiegten Slowenien mit 1,5-0,5 (Pähtz-Mihevc 1-0, Koglin-Krivec 
 remis). Die jüngste Teilnehmerin der gesamten Europameisterschaft, die
 14jährige Elisabeth Pähtz, sicherte den deutschen Sieg. Mutig opferte sie eine
 Qualität und zeigte in beidseitiger Zeitnot die besseren Nerven. 
 Mihevc-Pähtz: 
 1. e4 g6 2. d4 Lg7 3. Sc3 d6 4. Lc4 Sf6 5. Sf3 O-O 6. De2 c6 7. O-O b5 
 8.Ld3 Sfd7 9. e5 dxe5 10. dxe5 Sc5 11. Lf4 Sba6 12. Se4 Sxd3 13. cxd3 Sb4 
 14. Dd2 a5 15. Tfd1 Lg4 16. Lh6 Lxf3 17. gxf3 Lxe5 18. Lxf8 Dxf8 19. f4 Lc7    
 20. Sg3 Td8 21.Dc3 h5 22. a3 Sd5 23. Dxc6 h4 24. Se2 Dh6 25. Sc3 Sxf4 
 26. Dxc7 Dg5+ 27. Kf1 Dg2+ 28. Ke1 Sxd3+ 29. Txd3 Txd3 30. Db8+ Kh7 
 31. Td1 Tf3 32. Db6 Tf6 33.Dd4 Te6+ 34. Kd2 Td6 35. Ke3 Txd4 36. Txd4 Dxh2 
 37. Se4 Kg7 38. Td7 Dh3+ 0-1 

 Ungarn schlug Frankreich 3-1 (Spitzenbrett Leko-Lautier remis), Russland 
 besiegte Aserbaidshan mit dem gleichen Ergebnis. 
 Weniger erfreulich gestalten sich die übrigen Begleiterscheinungen der EM.
 Seit unserer Ankunft regnet es praktisch ununterbrochen, anfangs sogar mit  
 Schnee durchsetzt (den es hier etwa alle zehn Jahre mal gibt). Batumi ist als 
 Schwarzmeerkurort auf Winterbetrieb nicht eingestellt. Während die deutsche 
 Mannschaft von Glück sagen darf, in ihrem Hotel bzw. in ihren Zimmern
 Radiatoren aufgestellt bekommen zu haben und gelegentlich sogar über warmes  
 Wasser zu verfügen, klagen viele andere Teams über eiskalte Zimmer. 
 Ähnlich chaotisch verlief die Vorbereitung für die erste Runde.
 Schiedsrichter Geeurt Gijssen fand bei seinen georgischen Mitstreitern wenig  
 kompetente Unterstützung und musste eine Nachtschicht einlegen. Dergleichen 
 ist man allerdings von Veranstaltungen dieses Kalibers gewöhnt und ist guter
 Hoffnung auf Besserung.  

 30.11.1999 - 2. Runde 
 "Kennen Sie zum Beispiel Filippow?", fragte ich in meinem Vorbericht. Wenn
 da noch nicht, dann nach der folgenden heutigen Partie aus der Begegnung 
 Russland-England: 
 Filippow-Short 
 1. Sf3 d5 2. d4 Sf6 3. c4 e6 4. g3 dxc4 5. Lg2 Sc6 6. Da4 Sd7 7. Dxc4 Sb6 8.
 Dd3 e5 9. Le3 exd4 10. Sxd4 Sb4 11. De4+ Le7 12. Sc3 Sc4 13. Td1 Sd6 14. Db1   
 O-O 15. O-O De8 16. Lf4 Ld7 17. a3 Sc6 18. Sdb5 Tc8 19. Sxc7 Txc7 20. Sd5 Lf5  
 21.Sxc7 Dc8 22. e4 1-0 

 Als ich eine Stunde vor Ablauf der Spielzeit den Turniersaal im speziell für
 diese Europameisterschaft erbauten "Chess Palast" verliess, sah es ganz nach
 einer vernichtenden Niederlage von Titelverteidiger England gegen die dritte
 russische Garnitur aus, mit dem schlussendlichen 1-3 waren die Briten gegen
 die Filippow, Kobalija, Galkin und Grischuk noch gut bedient gewesen. Da 
 jedoch auch die Engländer nicht in Bestbesetzung antreten (neben Adams fehlen  
 auch Sadler, Hodgson und Nunn), kommt diesem Sieg bei weitem noch keine  
 vorentscheidende Bedeutung bei.
 Elofavorit Ungarn gewann durch Siege seiner Spitzenbretter Peter Leko und
 Judit Polgar gegen Gastgeber Georgien mit 3-1. 
 Die deutsche Mannschaft trennte sich bei vier Remisen 2-2 gegen Tschechien. 
 Artur Jussupow konnte am Spitzenbrett dem Druck von WM-Viertelfinalist
 Movsesian standhalten, die meiste Brisanz wohnte der Begegnung am vierten
 Brett - Gabriel-Oral - inne, in der beide wechselseitig gute Gewinnchancen
 ausliessen. Die Punkteteilung war somit letztendlich leistungsgerecht. 
 Mit 4,5 Punkten aus 8 Partien liegt Deutschland danach im gehobenen
 Mittelfeld, muss allerdings im weiteren Verlauf die Schlagzahl erhöhen, wenn 
 es an die guten Leistungen der letzten EM in Pula 1997 anknüpfen will (4./5. 
 Platz). 
 Erfreuliches gibt es weiter von den deutschen Damen zu berichten. Auch sie 
 spielten heute gegen Tschechien und blieben mit 1,5-0,5 siegreich. Für den 
 entscheidenden Punkt sorgte am Spitzenbrett Ketino Kachiani-Gersinska,
 Elisabeth Pähtz steuerte nach ihrem gestrigen Sieg einen halben Zähler zum
 Gesamterfolg bei. Mit 3 aus 4 im Spitzenfeld plaziert, erwartet die Deutschen  
 in der dritten  Runde auf jeden Fall ein schwerer Gegner. 

 Eine improvisierte Blitzumfrage im deutschen Herrenteam nach dem "Spieler
 des Jahrhunderts" erbrachte folgende Ergebnisse (und keine einzige 
 Übereinstimmung!): 
 Artur Jussupow: Viktor Kortschnoj
 Robert Hübner: Emanuel Lasker
 Rustem Dautov: Garri Kasparow
 Christopher Lutz: Michail Botwinnik
 Christian Gabriel: Anatoli Karpow
 Uwe Bönsch (Trainer): Michail Tal 
 

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