Hallo Schachfreunde, das Internet macht es möglich - bei Großveranstaltungen kann sich der interessierte Schachfreund bereits wenige Stunden nach Partieende das Er- gebnis und auch die gespielten Züge abholen. Bei internationalen Turnieren ist das Angebot im Internet gewaltig. Wir zeigen heute die Berichterstattung von der Europameisterschaft in Georgien auf der homepage der Zeitschrift "Schach". Der Chefredakteur Raj Tischbierek ist gleichzeitig Coach der deutschen Männermannschaft. Den Beitrag "Eindrücke" habe ich auf der Seite von gm-schach.de gefunden. Vorher noch einige Ergebnisse: Deutschland - Lettland 3:1 Deutschland - Jugoslawien 0:2 (Herren) - Jugoslawien 2,5:1,5 (Damen) - Spanien 1:1 Österreich - Kroatien 1,5:2,5 Österreich - Griechenland 0,5:1,5 (Herren) - Slowakei 1,5:2,5 (Damen) - Schottland 1,5:0,5 - Georgien 2 1:3 - Schweiz 0:2 - Finnland 2,5:1,5 - Kroatien 0:2 Mannschften aus Norwegen sind nicht am Start. In Batumi = Georgien fehlte Strom für die Heizgeräte; in Unterhaching Bayern fehlte beim Fußballspiel gegen Dortmund Strom für die Flutlichtan- lage und die Pressekonferenz; in Leimen = Deutschland ist auf diesem Gebiet (noch) alles in Ordnung - ein schönes Wochende - vielleicht mit der anschließenden Lektüre - wünscht Herbert Lang Eindruecke - Christopher Lutz schildert erste Eindrücke aus Batumi: (aufgeschrieben von Jürgen Daniel) Der erste Bericht (und hoffentlich nur der) muß noch wie zu alten Zeiten per Telefon übertragen werden. "Hello, hello - here is Georgia" und dann "Please wait - I connect". Kurze Zeit später höre ich dann einen mehrfach echoverstärkten Christopher Lutz. Aber es könnte schlechter sein. Und das ist auch der Tenor der deutschen Mannschaft in Georgien. Nach einem gemeinsamen Charterflug mit u.a. den Teams aus Frankreich, Holland, England, Österreich und der Schweiz von Budapest nach Batumi ist die deutsche Equipe wohlbehalten eingetroffen. Beim Aussteigen aus dem Flugzeug war sofort klar, dass die eingepackten Badehosen erst einmal im Koffer bleiben können. Nach Schneefall beträgt die Temperatur zur Zeit nur rund fünf Grad. Leider sind die Hotels darauf nur unzureichend vorbereitet. Das deutsche Team hat es dabei noch gut getroffen - hier gibt es Heizstrahler. Als dann heute aber für einige Zeit der Strom ausfiel, begann auch in unserem Lager das Bangen. Wir haben natürlich mit unserem Damen-Spitzenbrett Ketino Kachiani-Gersinska einen unschätzbaren Vorteil: Die gebürtige Georgierin hilft hoffentlich aus allen Notlagen heraus. Die Eröffnungsfeier war eindrucksvoll und fand unter Anwesenheit von FIDE-Präsident Kirsan Iljumschinow statt.Als Spielsaal dient der neu erbaute Schachpalast. Im Gegensatz zu Elista ist das Gebäude aber schon fertig. Die Auslosung hat noch nicht stattgefunden, da noch nicht alle Teams vor Ort sind. So soll das belgische Team Pech gehabt haben.Irgendwo zwischen Wien und Budapest (Flug, Taxi ....) sollen die Belgier verschollen sein. Raj Tischbierek berichtet aus Batumi: Im georgischen Batumi wurde am Sonntag die Mannschafts-Europameisterschaft eröffnet. Deutschland ist sowohl bei den Damen als auch bei den Herren am Start. Im Frauenteam spielen Ketino Kachiani-Gersinska, Anke Koglin und Elisabeth Pähtz, bei den Männern vertreten Artur Jussupow, Rustem Dautov, Robert Hübner, Christopher Lutz und Christian Gabriel die deutschen Fahnen. In anderen Ländern ist es keinesfalls an der Tagesordnung, mit dem bestmöglichen Team an den Start zu gehen. So fehlen bei Seriensieger Russland (bzw. vormals Sowjetunion) alle Stars. Oder sagen Ihnen z.B. die Namen Filippow und Wolkow etwas? Verantwortlich gemacht werden dafür pekunäre Gründe, die Prämien vom letztjährigen Olympiasieg in Elista sollen bis heute nicht an die Swidler, Barejew und Co ausgezahlt worden sein. Aber auch mit ihrer dritten oder vierten Garnitur bleiben die Russen eine ernstzunehmende Grösse. Bei Titelverteidiger England fehlen u.a.Michael Adams und Matthew Sadler (der seine Karriere als Schachprofi beendet hat), so dass die Briten in der Setzliste hinter Deutschland auf Platz fünf rangieren. Elofavorit ist Ungarn mit Peter Leko und Judit Polgar an den Spitzenbrettern. Hinter Israel (erstmals mit Boris Gelfand) ist die Ukraine mit Wassili Iwantschuk ein weiterer heisser Titelkandidat. Die gastgebenden Georgier sind nach dem ersten Titelgewinn durch Nona Gaprindaschwili in den 60er Jahren ausschliesslich durch ihre Damen zu schachlichem Weltruhm gelangt. Bis zum Auftauchen der Polgar-Schwestern bestimmten sie eindeutig die Szenerie. Im heimatlichen Batumi gehen nun zwei starke Frauenteams für Georgien, bzw. eins für Georgien und eins für die Autonome Republik Adsharien (in der Batumi liegt), an den Start. Auch hier soll Geld eine entscheidende Rolle spielen: Adsharien zahlt, Georgien nicht. Exweltmeisterin Maja Tschiburdanidse fehlt. 29.11.1999 - 1. Runde Der Auftakt verlief für die deutschen Teams mit zwei Siegen vielversprechend. Die Herren besiegten die Slowakei mit 2,5-1,5 (Jussupow-Stohl, Hübner-Ftacnik, Dautov-Manik alle remis, Lutz-Plachetka 1-0). Christopher Lutz avancierte mit den schwarzen Steinen zum Matchwinner. Im Endspiel punktete er seinen slowakischen Gegner aus. Die anderen Partien verliefen ohne nennenswerte Höhepunkte, einzig beim frischgebackenen Deutschen Meister Robert Hübner bestanden zwischenzeitlich Bedenken. Die Damen besiegten Slowenien mit 1,5-0,5 (Pähtz-Mihevc 1-0, Koglin-Krivec remis). Die jüngste Teilnehmerin der gesamten Europameisterschaft, die 14jährige Elisabeth Pähtz, sicherte den deutschen Sieg. Mutig opferte sie eine Qualität und zeigte in beidseitiger Zeitnot die besseren Nerven. Mihevc-Pähtz: 1. e4 g6 2. d4 Lg7 3. Sc3 d6 4. Lc4 Sf6 5. Sf3 O-O 6. De2 c6 7. O-O b5 8.Ld3 Sfd7 9. e5 dxe5 10. dxe5 Sc5 11. Lf4 Sba6 12. Se4 Sxd3 13. cxd3 Sb4 14. Dd2 a5 15. Tfd1 Lg4 16. Lh6 Lxf3 17. gxf3 Lxe5 18. Lxf8 Dxf8 19. f4 Lc7 20. Sg3 Td8 21.Dc3 h5 22. a3 Sd5 23. Dxc6 h4 24. Se2 Dh6 25. Sc3 Sxf4 26. Dxc7 Dg5+ 27. Kf1 Dg2+ 28. Ke1 Sxd3+ 29. Txd3 Txd3 30. Db8+ Kh7 31. Td1 Tf3 32. Db6 Tf6 33.Dd4 Te6+ 34. Kd2 Td6 35. Ke3 Txd4 36. Txd4 Dxh2 37. Se4 Kg7 38. Td7 Dh3+ 0-1 Ungarn schlug Frankreich 3-1 (Spitzenbrett Leko-Lautier remis), Russland besiegte Aserbaidshan mit dem gleichen Ergebnis. Weniger erfreulich gestalten sich die übrigen Begleiterscheinungen der EM. Seit unserer Ankunft regnet es praktisch ununterbrochen, anfangs sogar mit Schnee durchsetzt (den es hier etwa alle zehn Jahre mal gibt). Batumi ist als Schwarzmeerkurort auf Winterbetrieb nicht eingestellt. Während die deutsche Mannschaft von Glück sagen darf, in ihrem Hotel bzw. in ihren Zimmern Radiatoren aufgestellt bekommen zu haben und gelegentlich sogar über warmes Wasser zu verfügen, klagen viele andere Teams über eiskalte Zimmer. Ähnlich chaotisch verlief die Vorbereitung für die erste Runde. Schiedsrichter Geeurt Gijssen fand bei seinen georgischen Mitstreitern wenig kompetente Unterstützung und musste eine Nachtschicht einlegen. Dergleichen ist man allerdings von Veranstaltungen dieses Kalibers gewöhnt und ist guter Hoffnung auf Besserung. 30.11.1999 - 2. Runde "Kennen Sie zum Beispiel Filippow?", fragte ich in meinem Vorbericht. Wenn da noch nicht, dann nach der folgenden heutigen Partie aus der Begegnung Russland-England: Filippow-Short 1. Sf3 d5 2. d4 Sf6 3. c4 e6 4. g3 dxc4 5. Lg2 Sc6 6. Da4 Sd7 7. Dxc4 Sb6 8. Dd3 e5 9. Le3 exd4 10. Sxd4 Sb4 11. De4+ Le7 12. Sc3 Sc4 13. Td1 Sd6 14. Db1 O-O 15. O-O De8 16. Lf4 Ld7 17. a3 Sc6 18. Sdb5 Tc8 19. Sxc7 Txc7 20. Sd5 Lf5 21.Sxc7 Dc8 22. e4 1-0 Als ich eine Stunde vor Ablauf der Spielzeit den Turniersaal im speziell für diese Europameisterschaft erbauten "Chess Palast" verliess, sah es ganz nach einer vernichtenden Niederlage von Titelverteidiger England gegen die dritte russische Garnitur aus, mit dem schlussendlichen 1-3 waren die Briten gegen die Filippow, Kobalija, Galkin und Grischuk noch gut bedient gewesen. Da jedoch auch die Engländer nicht in Bestbesetzung antreten (neben Adams fehlen auch Sadler, Hodgson und Nunn), kommt diesem Sieg bei weitem noch keine vorentscheidende Bedeutung bei. Elofavorit Ungarn gewann durch Siege seiner Spitzenbretter Peter Leko und Judit Polgar gegen Gastgeber Georgien mit 3-1. Die deutsche Mannschaft trennte sich bei vier Remisen 2-2 gegen Tschechien. Artur Jussupow konnte am Spitzenbrett dem Druck von WM-Viertelfinalist Movsesian standhalten, die meiste Brisanz wohnte der Begegnung am vierten Brett - Gabriel-Oral - inne, in der beide wechselseitig gute Gewinnchancen ausliessen. Die Punkteteilung war somit letztendlich leistungsgerecht. Mit 4,5 Punkten aus 8 Partien liegt Deutschland danach im gehobenen Mittelfeld, muss allerdings im weiteren Verlauf die Schlagzahl erhöhen, wenn es an die guten Leistungen der letzten EM in Pula 1997 anknüpfen will (4./5. Platz). Erfreuliches gibt es weiter von den deutschen Damen zu berichten. Auch sie spielten heute gegen Tschechien und blieben mit 1,5-0,5 siegreich. Für den entscheidenden Punkt sorgte am Spitzenbrett Ketino Kachiani-Gersinska, Elisabeth Pähtz steuerte nach ihrem gestrigen Sieg einen halben Zähler zum Gesamterfolg bei. Mit 3 aus 4 im Spitzenfeld plaziert, erwartet die Deutschen in der dritten Runde auf jeden Fall ein schwerer Gegner. Eine improvisierte Blitzumfrage im deutschen Herrenteam nach dem "Spieler des Jahrhunderts" erbrachte folgende Ergebnisse (und keine einzige Übereinstimmung!): Artur Jussupow: Viktor Kortschnoj Robert Hübner: Emanuel Lasker Rustem Dautov: Garri Kasparow Christopher Lutz: Michail Botwinnik Christian Gabriel: Anatoli Karpow Uwe Bönsch (Trainer): Michail Tal