Hallo Schachfreunde, wie nicht anders zu erwarten, gibt es heute nur einen einzigen Programmpunkt - die XI. Blindenschacholympiade in Zakopane. Genau genommen fand die Olympiade nicht in Zakopane, sondern in einem etwa 8 km entfernten Ort statt. Der Name dieses Ortes ist aber für unsere Zungen so ziemlich unaussprechlich und auch völlig unbekannt, deshalb wollen wir bei Zakopane bleiben. Über die Fakten hat Euch Herbert Lang wie immer schnell und kompetent informiert. Ich möchte aber trotzdem noch einmal das Turnier aus der Sicht der deutschen Mannschaft Revue passieren lassen. In der ersten Runde hatten wir es mit Ungarn zu tun. Die Ungarn waren nur auf Platz 20 gesetzt, was bereits die Fragwürdigkeit der Setzliste demonstriert. Soweit mir bekannt, wurde für die Setzliste der Eloschnitt jeder Mannschaft ermittelt. Bei den Teams, bei denen alle vier Spieler eine Elozahl hatten ist dieses Verfahren absolut korrekt. Aber nur wenig Mannschaften (Polen 1, Deutschland, Spanien, Polen 2) erfüllten diese Voraussetzungen. Dies hatte z. B. zur Folge, dass der Titelverteidiger und Weltcupsieger Russland nur auf Platz 2 gesetzt war, obwohl die ersten drei Bretter klar stärker eingeschätzt waren, als die ersten drei Bretter der Polen. Die Nummer Vier der Russen hatte jedoch keine Elozahl aufzuweisen. Gänzlich unsinnig und undurchsichtig wurde es aber im hinteren Teil der Setzliste, wo oft nur ein oder gar kein Spieler über eine Elozahl verfügte. Doch zurück zur Chronologie des Turniers. Wir lösten unsere Aufgabe in der ersten Runde glatt mit 3,5:0,5. Mit dem gleichen Ergebnis gewannen wir in Runde 2 gegen Slowenien. Danach wurde es dann richtig ernst. Mit Jugoslawien war ein großer Stein aus dem Wege zu räumen - und es gelang. 3:1 gegen den für lange Jahre härtesten Konkurrenten der Russen war ein Ergebnis nach Maß. Die Jugoslawen scheinen langsam doch ihrem Alter Tribut zollen zu müssen. Milenko Cabarkapa war bereits bei der ersten Blindenschacholympiade 1961 dabei und hat alle 11 Olympiaden mitgespielt. Für diese grandiose Leistung wurde er in Zakopane auch geehrt. Die Jugoslawen verschwanden nach dieser Niederlage erst einmal im Mittelfeld, kamen aber nach dem Ruhetag noch einmal stark auf. Mit 10 Punkten nach drei Runden fanden wir uns unerwartet auf Rang 2 wieder. Dies hatte aber zur Folge, dass wir gegen den Abonnementsieger Russland zu spielen hatten. Leider konnten wir unseren Erfolg beim Weltcup in Logrono nicht wiederholen, wo uns zum ersten Mal überhaupt ein 2:2 gelungen war. Diesmal verloren wir mit 1:3, einem Ergebnis mit dem wir allerdings auch gut leben konnten. Wie es eben so ist, wenn man sich ganz vorne in der Tabelle aufhält, bekommt man nur noch starke Gegner und so wartete in Runde 5 die Ukraine auf uns. Die Ukrainer verzichteten in dieser Partie auf den Einsatz von Sergej Wassin, der zuvor zwei Partien hintereinander verloren hatte - sicherlich ein Vorteil für uns. Dieser Vorteil wurde dann auch genutzt und wir konnten mit 2,5:1,5 die Oberhand behalten. Auf den Medaillenrängen ging es dann in den Ruhetag. Diese Ruhetage scheinen der deutschen Mannschaft nicht zu bekommen. War das 2:2 gegen Rumänien in Runde 6 noch einigermaßen im Rahmen der Erwartungen (man wird ja anspruchsvoll!), so erlebten wir - wieder einmal - eine rabenschwarze Runde 7. Gegen Polen gab es eine schmerzliche 0:4 Klatsche. Diese Pleite holte uns unsanft auf den Boden zurück. Unser Team ließ sich aber nicht entmutigen und holte den verlorenen Boden in Runde 8 gegen Großbritannien mit einem klaren 3,5:0,5 Sieg zurück. Ein schöner Erfolg gegen die besonders an den ersten beiden Brettern gut besetzten Engländer. Rang 6 vor der letzten Runde war der Lohn. Wir hatten nun zwar keine Chance auf eine Medaille mehr, da aber die vor uns liegenden Teams aus Jugoslawien gegen Polen und Spanien gegen Russland anzutreten hatten war die Chance auf Platz 4 noch vorhanden. Nachdem diese beiden Begegnungen dann auch sehr schnell 2:2 endeten war der Weg frei auf Platz 4 vor zu stürmen und dies geschah dann auch eindrucksvoll. Die Tschechische Republik wurde glatt mit 3,5:0,5 besiegt. Platz 4 ist ein Resultat, dass wir im Vorfeld des Turnier kaum zu hoffen gewagt hatten. Bei realistischer Beurteilung muss man aber feststellen, dass dieser vierte Platz das höchste der Gefühle war. Nach vorne wird die Luft dann doch sehr sehr dünn. Die Goldmedaille sicherte sich erneut Russland, allerdings nur mit einem Pünktchen Vorsprung vor den beiden punktgleichen Mannschaften von Polen und der Ukraine. Kurios übrigens, dass die Russen zwei Kämpfe verloren (Polen und Jugoslawien) und dazu noch einmal remisierten. Der Silbermedaillengewinner verlor keinen Kampf und spielte nur zweimal Remis. Da aber nach Brettpunkten gewertet wurde hatten dennoch die Russen die Nase vorn. Man kann sicher über die Vor- und Nachteile der Brett- oder Matchpunktwertung diskutieren, wenn die Brettpunktwertung aber derart groteske Ergebnisse ergibt, scheint Handlungsbedarf zu bestehen. Übrigens hätte die deutsche Mannschaft bei Anwendung der matchpunktwertung die Bronzemedaille errungen. Dennoch mussten wir nicht ohne Medaille nach Hause fahren. Manfred Müller erspielte an Brett 3 stolze 7 Punkte aus 9 Partien und sicherte sich dadurch die Bronzemedaille an Brett 3 nur ganz knapp hinter Exweltmeister Krylov (Russland) und Rychard Suder (Polen), die ebenfalls auf 7 Punkte kamen. Aus unserer Sicht also ein rundum gelungener Auftritt bei dieser Olympiade. Es wird nun nicht ganz leicht sein, dieses Niveau beim Weltcup 2001 in Gelsenkirchen zu halten. Leider waren diesmal einige "Kernländer" der IBCA nicht vertreten. So fehlten u. a. die Schweiz, Frankreich, Holland und Irland. Auch aus Südamerika hätten wir das eine oder andere Land mehr erwartet. So waren wir sehr gespannt, wie sich Kuba präsentieren würde, nachdem zwei Kubaner in Benasque in der Spitzengruppe vertreten waren. Aber leider waren die Kubaner zu Hause geblieben. Kurios auch, dass Indien erst nach der ersten Runde anreiste und dann auch nur mit drei Spielern. PLACE COUNTRY SCORE MINOR BUCH. 1 RUSSIA 25.5 13.0-5.0 191.0 2 POLAND 1 24.5 16.0-2.0 190.0 3 UKRAINE 24.5 12.0-6.0 178.5 4 GERMANY 22.5 13.0-5.0 191.5 5 YUGOSLAVIA 22 11.0-7.0 176.5 6 SPAIN 21.5 12.0-6.0 182.0 7 ROMANIA 20 13.0-5.0 184.5 8 SLOVENIA 19.5 10.0-8.0 161.5 9 POLAND 2 19.5 9.0-9.0 171.5 10 CROATIA 19 12.0-6.0 168.5 11 LITHUANIA 19 10.0-8.0 168.5 12 HUNGARY 19 9.0-9.0 165.5 13 GREAT BRITAIN 18.5 10.0-8.0 181.0 14 MACEDONIA - FYROM 18 9.0-9.0 171.0 15 CZECH REPUBLIC 18 8.0-10.0 173.0 16 BELGIUM 17.5 7.0-11.0 174.0 17 ISRAEL 17 10.0-8.0 158.0 18 AUSTRIA 17 8.0-10.0 159.5 19 SWEDEN 17 8.0-10.0 143.5 20 DENMARK 17 7.0-11.0 170.5 21 FINLAND 16.5 9.0-9.0 143.5 22 SLOVAKIA 16.5 6.0-12.0 138.5 23 ESTONIA 15.5 9.0-9.0 159.0 24 GREECE 15.5 6.0-12.0 142.5 25 INDIA 14.5 9.0-9.0 132.0 26 ITALY 14.5 6.0-12.0 140.0 27 NORWAY 14 8.0-10.0 137.0 28 PERU 13.5 4.0-14.0 134.0 29 REPUBLIC OF SOUTH AFRICA 12.5 4.0-14.0 133.5 30 BRASIL 10.5 2.0-16.0 140.0