Hallo Schachfreunde, die Feiertage sind vorüber und auch im Schach hat der Alltag wieder Einzug gehalten. Am vergangenen Wochenende stand wieder eine Spielrunde der Bundesliga auf dem Programm und die Ergebnisse und die Tabelle gibt es hier zu lesen. Danach widmen wir uns etwas intensiver dem derzeit stärksten Schachspieler der Welt. Nein, ich meine nicht den, an den die meisten wohl jetzt denken. Kasparow hat zwar für weit mehr als 10 Jahre die FIDE-Weltrangliste angeführt, aber in der neuen am 1. Januar 2001 veröffentlichten Weltrangliste nimmt er nur Platz 2 ein. Die neue Nummer 1 heißt Kramnik. Zwar haben Kramnik und Kasparow exakt die gleiche Punktzahl (2792), aber für Info-Mail Schach ist dies doch Anlass genug Kramnik einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Wir tun dies mit einem Porträt und einem Interview. Viel Spaß auch in diesem Jahr mit Info-Mail Schach wünscht Toni aus Augsburg Bundesliga - Runde 5 Godesberger SK 3,5-4,5 SG Köln Porz Gelsenkirchen 0,5-7,5 Solinger SG SV Wattenscheid 4,0-4,0 Castrop Rauxel Lübecker SV 4,5-3,5 Hamburger SK SV Werder Bremen 2,5-5,5 USC Magdeburg TV Tegernsee 5,5-2,5 SK König Plauen Schott Mainz 4,5-3,5 Baiertal Schatt SFR Neukölln 6,0-2,0 König Tegel Tabelle: 1. Lübecker SV 5 26,0:14,0 10- 0 2. Solinger SG 5 29,5:10,5 9- 1 3. SG Köln Porz 5 28,5:11,5 9- 1 4. USC Magdeburg 5 23,0:17,0 8- 2 5. Castrop Rauxel 5 24,0:16,0 7- 3 6. SV Wattenscheid 5 22,5:17,5 7- 3 7. Godesberger SK 5 21,5:18,5 6- 4 8. SV Werder Bremen 5 21,0:19,0 6- 4 9. TV Tegernsee 5 20,5:19,5 6- 4 10. SFR Neukölln 5 20,5:19,5 4- 6 11. Hamburger SK 5 20,0:20,0 4- 6 12. SK König Plauen 5 16,5:23,5 2- 8 13. Schott Mainz 5 13,0:27,0 2- 8 14. Baiertal Schatt 5 13,5:26,5 0-10 15. König Tegel 5 11,5:28,5 0-10 16. Gelsenkirchen 5 8,5:31,5 0-10 Braingames-Weltmeister Wladimir Kramnik (Russland); geboren am 25. 06. 1975; Wohnsitz: Moskau; Weltrangliste Platz 1 - ELO 2792 Großmeister Wladimir Kramnik ist auf dem Schachgipfel angelangt. Ob er nun einen offiziellen Weltmeistertitel in der Tasche hat, ist ihm nach eigenem Bekunden ziemlich egal. Wladimir Kramnik war der erste Mensch, der den besten Spieler der letzten 15 Jahre im Rahmen eines Wettkampfes besiegen konnte. 8,5 : 6,5 lautete das Endergebnis bei der privat organisierten Londoner Braingames-WM für den 25-jährigen Moskauer gegen Garri Kasparow. Niemand zweifelt daran: Kramnik ist momentan der stärkste Spieler auf diesem Globus. Schon im zarten Alter von 5 Jahren begann Wladimir in einem Moskauer Schachclub mit dem Königlichen Spiel. Bereits mit 11 galt er als Meisterkandidat und wurde an der legendären Schachschule von Ex-Weltmeister Michail Botwinnik aufgenommen, an der auch Kasparow in die Geheimnisse des Schach eingeweiht wurde. In der Folge erreichte der junge Kramnik bereits zwei Welttitel. Er siegte bei der Kadetten-WM ebenso wie bei den Junioren-Weltmeisterschaften. Schon 1992 (Manila) - erst 17 Jahre alt - stand er im russischen Olympiateam und trug zum Gesamterfolg seines Landes mit unglaublichen 8,5 aus 9 möglichen Punkten erheblich bei. Seit 1995 ist Kramnik immer unter den TOP 3 der Weltrangliste zu finden. Einen ganz besonderen Coup landete der 1,93 Hüne in Dortmund, dem Sitz der RWE Gas AG. Fünf Mal gewann der "schwarze Riese" beim dortigen Cheß Meeting: 1995 bis 1998 und 2000. Nur einmal wurde diese unglaubliche Siegesserie im Jahre 1999, ausgerechnet von seinem Kontrahenten Peter Leko gestoppt. Ein Superturnier dieser Güte so oft für sich zu entscheiden, das hat jedenfalls höchsten Seltenheitswert in der Sportgeschichte. Im Jahre 2000 gewann der 25-jährige die Superturniere in Linares (Spanien) und Dortmund (Deutschland). Hervorragende zweite Plätze belegte er in Wijk aan Zee (Holland) und beim traditionellen Schnellschach-Event in Monaco. Bei der inoffiziellen Schnell-Schachweltmeisterschaft in Frankfurt wurde er Dritter, nur knapp hinter Anand und Kasparow. In den letzten 100 Turnierpartien unterlag er nur einmal. Gegen Peter Leko ist er vom 2. bis 8. Januar 2001 beim RWE Gas-Match in Budapest der große Favorit. Kramnik verfügt über ein gewaltiges Potential im Schnellschach, über jede Menge Erfolge in diesem Format, etwa im Rahmen der "Intel Grand Prix Serie" in den 90er Jahren, und natürlich über die größere Erfahrung. Sein Engagement in Budapest wird der erste schachliche Auftritt nach seinem Kampf gegen Kasparow sein. (Aktueller Stand am 7. Januar 2001: 6:4 für Kramnik) In der Schnellschach-Rangliste des Weltverbandes FIDE rangiert Kramnik auf Position 2. Kramniks Hauptsekundant ist der spanische Großmeister Miguel Illescas. Neben Schach spielt Wladimir sehr gern Tennis, legt aber auch in Fitness-Studios die Basis für eine hervorragende körperliche Konstitution, die ihm helfen soll, auch die kommenden Aufgaben mit Erfolg zu bewältigen Interview mit Vladimir Kramnik Ich bin bereit, meinen Titel zu verteidigen Chessgate: Nach Deinem Triumph über Garri Kasparow in London respektiert Dich die überwiegende Anzahl der Schachfans als besten Spieler der Welt. Bist Du auch dieser Ansicht? Kramnik: Ich glaube wirklich, daß ich alle Gründe habe, mich als Nummer eins zu fühlen. Ich habe Garri Kasparow im Weltmeisterschaftsmatch über 16 Partien klar besiegt. Zuvor konnte ihn 15 Jahre kein Mensch bei einem Match bezwingen. Das spricht wohl für sich. Chessgate: Es ist völlig unklar, was hinsichtlich künftiger Weltmeisterschaften geschehen wird. Zunächst einmal: Siehst Du realistische Chancen, daß es bei Braingames Network weitergeht und Du dort Deinen Titel verteidigen kannst? Kramnik: Ich hoffe, daß Braingames die ursprünglichen Pläne verwirklichen und einen seriösen Kandidaten-Zyklus organisieren wird. Viele Spieler sollten daran teilnehmen können. Ich bin bereit meinen Titel gegen den Gewinner einer solchen Qualifikation zu verteidigen. Chessgate: Viele Schachliebhaber wünschen sich seit Jahren die Wiedervereinigung der Schachwelt. Sollte das nicht mit einer Einigung zwischen FIDE und Braingames möglich sein? Kramnik: Grundsätzlich ist eine Einigung oder Zusammenarbeit mit Braingames und FIDE eine sehr interessante Idee. Wenn es sie geben würde, hinge sehr viel von der Art dieser Einigung ab. Der allerwichtigste Punkt sollte aber sein, daß die Interessen der großen Masse von Schachspielern berücksichtigt werden. Chessgate: Dein Match mit Peter Leko ist Dein erster Wettbewerb nach dem Titelgewinn. Was war für Dich der Hauptgrund, in diesen Zweikampf einzuwilligen. Kramnik: Das ist sehr einfach. Ich mag die Herausforderung, mich mit wirklich starker Gegnerschaft zu messen. Außerdem bin ich ganz sicher, daß unser Kampf die Attraktivität von Schach weiter steigern wird. Es gibt sehr viele Menschen auf der Welt, die Schach lieben. Es ist gut, wenn bedeutende Wettkämpfe in den unterschiedlichsten Formen dazu beitragen, Schach auf allerhöchstem Niveau zu präsentieren. Außerdem haben Peter und ich eine große Anhängerschaft. Ich gehe also davon aus, daß unseren Partien sehr viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Chessgate: Um auf die sportlichen Aspekte zu sprechen zu kommen: Es wird für Dich sicher nicht einfach, als Weltmeister mit dem riesigen Druck fertig zu werden. Ab sofort stehst Du im Rampenlicht und bist der große Favorit, auch gegen Leko. Kramnik: Das ist richtig. Gegen Peter spiele ich das erste Mal in meinem Leben einen Wettkampf als Weltmeister. Das ist natürlich ganz etwas Neues für mich, aber ich bin mir sicher, daß ich diesem Druck standhalten werde. Chessgate: Welches Ergebnis erwartest Du Dir? Kramnik: Ganz einfach: Das Match zu gewinnen. Chessgate: Nach dem Match stehen eine ganze Reihe von Elite-Turnieren auf dem Terminplan. Wo können wir den Champion im Jahre 2001 noch erwarten? Kramnik: Direkt nach dem Match werde ich das Traditionsturnier im holländischen Wijk aan Zee spielen. Im März werde ich dann in Monte Carlo beim Schnell- und Blindschach antreten. Ansonsten habe ich bislang noch kein anderes Angebot bestätigt. Chessgate: Vielen Dank für das Interview und Auf Wiedersehen in Budapest.