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Info-Mail Schach Nr. 129



Hallo Schachfreunde,
nach längerer Pause soll es wieder einmal Post aus Leimen geben; dabei hoffe
ich, die Folgen des technischen
Totalausfalls überwunden zu haben. Toni ist/war in Urlaub (ohne Schach!) und
ich wollte eigentlich nur etwas
Lesestoff versenden, der im Zusammenhang mit den Mainzer "Chess Classics"
angefallen ist.
Überraschenderweise kann ich heute aber zusätzliche Informationen von einem
aktuellen Blindenschachturnier
anbieten. Überraschend - wenn man die Situation im Jugendbereich des DBSB
kennt - sind gleich zwei deutsche
Spieler bei der Jugendweltmeisterschaft der IBCA dabei -
Stefan Hawranke - 16 Jahre - Leipzig  und Jan Merker - 14 Jahre - Chemnitz.

Vom 04. bis 11. Juli sind in der Nähe von Alicante (Spanien) 21 Teilnehmer
am Start und spielen 7 Runden -
Schweizer System. Die deutschen Jungs starteten mit einem Sieg und haben
nach drei Runden jeweils erfreuliche
zwei Punkte. Eine komplette Spielerliste habe ich zwar nicht (Fax und eMail
unmöglich), aber es gibt zeitnah
telefonische Ergebnismeldungen von Ludwig Beutelhoff, der zusammen mit
Jugendtrainer Manfred Müller
in Spanien dabei ist. An der Spitze mit der vollen Punktzahl der Favorit aus
Belgien Piet Devos und Tomas Figueroa
(Chile). Danach folgt in der Tabelle ein junges Mädchen aus Polen (13
Jahre), die als sehr talentiert gilt und
auch beim Open in Gelsenkirchen mitspielen wird. Als Besonderheit hat mir
Ludwig mitgeteilt, dass es in der
dritten Runde das erste Remis des Turniers gab.

Viel Spaß beim Lesen der Mainzer Geschichten und einen schönen Sommer mit
angenehmen Temperaturen wünscht
herbert lang


DUELL DER WELTMEISTER -
DAS SCHNELLSCHACHMATCH KRAMNIK-ANAND IM ÜBERBLICK:
(von Artur Jussupow und Stefan Kindermann)
Das vom 26.Juni bis 1.Juli 2001 in Mainz ausgetragene Schnellschachmatch (25
Minuten pro Spieler und Partie, sowie 10 Sekunden Zeitzugabe pro Zug)
zwischen Wladimir Kramnik und Viswanathan Anand hatte besondere Brisanz und
stieß auf ganz besonderes Medieninteresse:
Trafen hier doch zwei frischgebackene Weltmeister verschiedener
Organisationen aufeinander. Kramnik hatte im vergangenen Jahr in London mit
Garri Kasparow den vielleicht größten Spieler aller Zeiten und die Nr.1 der
Weltrangliste im Zweikampf bezwungen und war von der Firma Braingames, die
den Kampf ausgerichtet hatte, somit zum Weltmeister gekürt worden.
Viswanathan Anand dagegen triumphierte im Finale der K.o.-Weltmeisterschaft
des Weltschachbundes FIDE in Teheran gegen Alexei Schirow und kann so
ebenfalls mit gutem Grund den Weltmeistertitel für sich in Anspruch nehmen.
Beide Spieler hatten wohl den enormen Druck von Medien und Öffentlichkeit
unterschätzt, nach eigener Aussage kamen sie nach Mainz, um "etwas
Schnellschach zu spielen", und fanden sich plötzlich in einem WM-Kampf
wieder! Die dadurch erzeugte Spannung sorgte für unterhaltsame Partien, der
den Spielern deutlich anzumerkende nervliche Druck hatte jedoch eine Reihe
ungewöhnlich grober Fehler zur Folge. Besonders Kramnik vergab einige gute
Gewinnchancen, während Anand im Eröffnungsbereich seltsame "Fingerfehler"
unterliefen.
Anand selbst klagte auch über Konzentrationsprobleme, nur in wirklich
kritischer Lage war er voll da, ihm gelangen einige bewundernswerte
Verteidigungsleistungen. Das 5:5, wobei jedem der Kontrahenten lediglich ein
Sieg glückte, spiegelt wohl das Kräfteverhältnis in diesem Match recht gut
wieder, im in Form von 5-Minuten-Blitzpartien ausgetragenen Tiebreak war
Anand jedoch der klar (nerven)stärkere Mann! Damit geht der inoffizielle
Weltmeistertitel im Schnellschach nach Indien!

UNBEZWINGBARER PROFESSOR
Quiz-Millionär setzte Weltmeister schachmatt
Eckhard Freise, erster Millionengewinner bei Jauchs Millionär-Show,
präsentiert sich auch beim Schach als neunmalkluger Zocker. Bei einem
Simultanturnier musste sich sogar Weltmeister Anand dem Wuppertaler
Geschichtsprofessor beugen.
Superhirn Eckhard Freise scheut auch beim Schach kein Risiko
47 Züge lang kämpfte Eckhard Freise zäh, opferte zwei Bauern und bezwang
schließlich Viswanathan Anand in einem spannenden Turmendspiel. Der Inder
war bei den Mainzer "Chess Classics" gleichzeitig gegen 40 Hobbyspieler
angetreten und attestierte seinem Gegner einen "verdienten Sieg". "Das ist
ungefähr so, als hätte ich im Tennis Andre Agassi unter wettbewerbsmäßigen
Bedingungen 6:3 geschlagen", frohlockte Freise nach seinem spektakulären
Sieg.
Sonst schaffen Amateure beim Simultanschach allenfalls mal ein Remis gegen
Weltmeister, aber fast nie einen Triumph. Mit 20 Jahren war Freise immerhin
einmal Schach-Westfalenmeister und spielt heute beim SK Münster.
Schachfreunde beschreiben ihn als äußerst risikofreudig; Ruhe gebe Freise
erst, wenn nur noch die beiden Könige auf dem Brett sind. Inzwischen hat er
reichlich Einladungen zu Promi-Schachturnieren, im November zum Beispiel in
Berlin gemeinsam mit Richard von Weizsäcker und Otto Schily.
Als erster hatte Eckhard Freise bei der RTL-Show "Wer wird Millionär?" -
ausgerechnet an seinem 56. Geburtstag - richtig abgeräumt und alle Fragen
richtig beantwortet. Für das Quiz wie für Schach gilt offenbar:
"Nervenstärke ist für den Erfolg entscheidend."
Der Fernseh-Ruhm hält sich hartnäckig
Neben dreißig Jahren Lehrerfahrung mit Studenten habe ihm bei der
Jauch-Sendung auch das strategische Denken als Turnierschachspieler
geholfen, sagte der Wissenschaftler in einem Interview. "Zweikampf, beide
auf gleicher Augenhöhe. An die zehn Millionen Zuschauer darf man dabei nicht
denken, auch nicht ans Geld", so Freise, "es geht um das Spiel. Diese
Vorstellung entlastet."
Seit der Jauch-Show kommt der Professor für mittelalterliche Geschichte kaum
zur Ruhe, der Ruhm hält sich hartnäckig. "Es geht jedoch auf anderer Ebene
weiter: Nach der Million fragt kein Mensch mehr. Dafür gelte ich inzwischen
als Bildungs- und Schachexperte. Insofern bin ich wieder etwas seriöser
geworden."
Auch auf Kongressen sei er inzwischen sehr gefragt. "Das hängt mit meiner
plötzlichen Popularität zusammen", meint Freise, "außerdem sind offenbar
Profs gesucht, die sich einigermaßen ausdrücken können." Wie lange seine
Familie Freises Aktionismus erträgt, ist unklar: "Ich denke, die hat meine
medialen Faxen langsam dick."

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