Hallo Schachfreunde, nach einer kleinen Pause findet Ihr heute wieder eine Ausgabe von Info-Mail Schach in Eurem Mail-Briefkasten. Aber wir mussten uns erst einmal ein wenig erholen. Wie so ein Turnier doch etwas an die Substanz geht, merkt man erst wenn es vorbei ist und die Anspannung nachlässt. Über die Ergebnissse wart Ihr ja wieder durch Kalle gut informiert. An dieser Stelle unseren herzlichen Dank an Kalle und auch an das Turnierbüro, das ihm die Ergebnisse geliefert hat. Bei seiner vierten Auflage endete der Weltcup im Blindenschach mit einer faustdicken Überraschung. Nicht der Abonnementsieger Russland, sondern Polen machte diesmal das Rennen. So weit mir bekannt ist, ist es überhaupt das erste Mal, dass eine russische (bzw. früher eine sowjetische) Mannschaft nicht den ersten Platz bei einem Blindenschachturnier belegt hat. An dieser Stelle auch von unserer Seite einen herzlichen Glückwunsch an das siegreiche polnische Team. Soweit man das als Beobachter beurteilen kann, war der erste Platz der Polen auch nie ernsthaft gefährdet. Als es in der letzten Runde zum Aufeinandertreffen zwischen Polen und Russland kam, hatten die Polen bereits zwei Punkte Vorsprung und behaupteten diesen durch das 2:2. Der 3. Platz der Ukraine war zwar ungefährdet, doch anders als in den vergangenen Jahren konnten die Ukrainer zu keiner Zeit ernsthaft um den Titel mitspielen. Wie bereits berichtet reichte es für unsere Mannschaft diesmal nur für das "kleine Finale". Bereits die erste runde machte klar, dass es sehr schwer werden würde, den 3. Platz in der Vorrundengruppe A zu belegen, der für die Endrunde berechtigt hätte. Der Kampf gegen Rumänien ging mit 1,5:2,5 verloren. In Runde 2 gab es dann zwar gegen Kroatien einen 2,5:1,5 Sieg, da aber nach Brettpunkten gewertet wurde hätte uns auch hier das eine oder andere halbe Pünktchen mehr gut getan. Runde 3 brachte eine glatte 0,5:3,5 Niederlage gegen Russland, wobei der Sieg der Russen dem Spielverlauf nach aber doch etwas zu hoch ausfiel. Hätten wir unsere Chancen auf das Erreichen der Endrunde noch erhalten wollen, so wäre in Runde 4 ein Sieg gegen unseren Angstgegner Spanien unbedingt notwendig gewesen. Aber wieder einmal war gegen die Spanier nichts zu machen. Wenn mit 1,5:2,5 das Ergebnis auch nicht so krass ausfiel, wie bei den letzten beiden Begegnungen (0:4 und 0,5:3,5), so ist dies nur ein schwacher Trost. Danach war der Zug für die Endrunde endgültig ohne uns abgefahren und in Runde 5 ging es gegen Indien. Es galt durch einen klaren Sieg wenigstens die Voraussetzungen für ein gutes Abschneiden in der Endrunde zu schaffen. Dies gelang mit dem 2,5:1,5 nicht ganz. Immerhin zeigten wir uns als gute Gastgeber und verhalfen dem indischen Team zum ersten vollen Punkt. Wie bereits vor drei Jahren beim Weltcup in Logrono (Spanien) hatte das Turnier zwei verschiedene Hälften für uns. Während damals die erste Hälfte gut und die zweite Hälfte eher bescheiden für uns verlief, war es diesmal umgekehrt. Zu Beginn der Wettkämpfe um Platz 7 - 12 besiegten wir Ungarn klar mit 3,5:0,5 und bereiteten unserem Trainer Detlef Neukirch damit noch ein kleines Geburtstagsgeschenk. Aber leider hatte Detlef während des Turniers nur einmal Geburtstag! Durch zwei knappe Siege (jeweils mit 2,5:1,5) gegen Litauen und Slowenien in den Runden 7 und 8 sicherten wir uns dann doch relativ ungefährdet Platz 7 und sorgten damit noch für einen versöhnlichen Abschluss. Aber auch diesmal ging Deutschland nicht ganz leer aus, als Medaillen und Preise vergeben wurden. Wie vor drei Jahren reichte es auch diesmal für eine Einzelmedaille. War es in Logrono Eckhard Kröger, der an Brett 3 die Bronzemedaille erringen konnte, so durfte sich diesmal Jürgen Pohlers an Brett 4 sogar über Silber freuen. Dies spiegelt auch etwas die Tatsache wider, dass wir uns normalerweise an den vorderen Brettern recht schwer tun und unsere Punkte eher an den hinteren Brettern holen. Nicht unerwähnt soll an dieser Stelle bleiben, dass Exweltmeister Sergej Krylov (Russland) mit 7 Punkten aus 7 Partien zum erfolgreichsten Spieler des Turniers wurde. Mannschafts-Weltcup im Blindenschach 2001 in Gelsenkirchen (GER) 04.08.2001 bis 11.08.2001 Turnierleiter: Frantisek Blatny, Brünn und Herbert Lang, Leimen Endstand: 1. Polen........................... 15,5 8: 2 2. Russland........................ 13,5 9: 1 3. Ukraine......................... 10,0 4: 6 4. Spanien......................... 7,5 4: 6 5. Rumänien........................ 7,0 3: 7 6. Jugoslawien..................... 6,5 2: 8 ________________________________________________ 7. Deutschland..................... 13,5 10: 0 8. Kroatien........................ 12,5 7: 3 9. Slowenien....................... 10,5 5: 5 10. Ungarn.......................... 9,5 5: 5 11. Litauen......................... 9,0 3: 7 12. Indien.......................... 5,0 0:10 Vorrunde: Gruppe A 1. Russland........................ 16,5 10: 0 2. Rumänien........................ 12,5 8: 2 3. Spanien......................... 10,5 5: 5 4. Kroatien........................ 9,0 3: 7 5. Deutschland..................... 8,5 4: 6 6. Indien.......................... 3,0 0:10 Vorrunde: Gruppe B 1. Polen........................... 16,5 9: 1 2. Ukraine......................... 15,0 9: 1 3. Jugoslawien..................... 8,5 4: 6 4. Ungarn.......................... 8,0 3: 7 5. Slowenien....................... 7,5 4: 6 6. Litauen......................... 4,5 1: 9 Auch über das gleichzeitig ausgetragene Jubiläums-Open wurde ja bereits berichtet. Von dieser stelle aus aber auch unseren herzlichen Glückwunsch an den Sieger, unseren Leser Frank Gärtner. Mit 5,5 Punkten gewann er das Turnier auf Grund der besseren Wertung vor den punktgleichen Spielern Evgenij Spinu (Moldawien), Eckhard Kröger und Gert Schulz. Frank und Eckhard blieben dabei ungeschlagen. Am Jubiläumsturnier nahmen 39 Spieler aus 11 Nationen teil. DBSB Jubiläums-Open 2001 in Gelsenkirchen (GER) 05.08.2001 bis 11.08.2001 7 Runden Schweizer System Turnierleiter: Rolf Thurm, Leipzig und Wilfried Rühr, Hamburg 1. Gärtner Frank......... GER 5,5 30,0 191,0 2. Spinu Evgenij......... MDA 5,5 29,0 193,5 3. Kröger Eckhard........ GER 5,5 28,0 193,0 4. Schulz Gert........... GER 5,5 25,0 192,5 5. Kauzky Hartmut........ AUT 5,0 29,5 193,0 6. Steinhart Matthias.... GER 5,0 26,5 189,0 7. Heinich Manfred....... GER 4,5 30,0 186,5 8. Aksu Mumin............ TUR 4,5 29,0 183,0 9. Unger Albert.......... AUT 4,5 22,0 179,0 10. Altinok Kerim Osman... TUR 4,0 29,5 185,5 11. Ilic Andreas.......... GER 4,0 28,5 174,5 12. Debowska Teresa....... POL 4,0 28,0 188,0 13. Burdio Delfin Gracia.. ESP 4,0 28,0 179,0 14. Staubach Peter........ GER 4,0 27,5 177,0 15. Ross Christopher...... ENG 4,0 27,0 188,0 16. Kehl Reinhard......... GER 4,0 25,0 180,0 17. Stolarczyk Anna....... POL 4,0 24,0 184,0 18. Lapadatu Teodor....... ROM 4,0 23,5 170,5 19. Milotzki Kurt......... GER 3,5 27,5 173,0 20. Kübel Hannelore....... GER 3,5 25,0 165,0 21. Cohn Hans............. ENG 3,5 24,0 164,5 22. Balke Dieter.......... GER 3,5 21,0 166,0 23. Schmeisser André...... FRA 3,0 29,5 172,5 24. Altinok Selim Eyup.... TUR 3,0 27,5 178,0 25. Platon Konstantin..... MDA 3,0 25,0 174,0 26. Dalschaert Didier..... BEL 3,0 25,0 164,0 27. Plechaty George Wazlav ENG 3,0 24,0 183,0 28. Thieme Günter......... GER 3,0 24,0 170,0 29. Gaußmann Manfred...... GER 3,0 24,0 161,0 30. Boer Jan.............. NED 3,0 23,0 166,5 31. Raestrup Norbert...... GER 3,0 17,5 143,0 32. Rautenbach Bernd...... GER 2,5 24,0 145,0 33. Schmitt Werner........ GER 2,5 18,5 137,5 34. Gramser Bastiaan...... NED 2,5 15,5 135,5 35. Dietsche Birgit....... GER 2,5 15,5 134,0 36. Boztep Suleyman....... TUR 2,0 24,0 144,5 37. Smit Peter............ NED 2,0 23,0 152,5 38. Müller Uwe............ GER 2,0 18,0 131,5 39. Jeremies Gerd......... GER 1,5 18,0 129,5 Am Abschlussabend wurde dann noch der 50. Geburtstag des DBSB (Deutscher Blinden- und sehbehindertenschachbund) gefeiert. Es gab ein feines Abendessen vom Büffet und viele Grußworte und Reden der anwesenden Ehrengäste. Bevor sich dann am nächsten Tag fast 100 Schachspieler aus 19 Nationen wieder in alle Winde zerstreuten, konnte man sich nach dem offiziellen Teil der Feier noch in der Bar entspannen und zusammen mit Freunden den Geburtstag des DBSB begießen. Ich möchte mich für heute von Euch verabschieden, nicht ohne noch darauf hinzuweisen, dass am Ende dieser Mail noch ein Artikel der Lokalpresse aus Gelsenkirchen folgt, in dem über die Veranstaltung berichtet wird. Es darf übrigens geschmunzelt werden! Viel Spaß und auch an heißen Tagen einen kühlen Kopf beim Schach wünscht Toni aus Augsburg Aus: Buersche Zeitung vom 6.8.01 Beim Schach gibt es für Blinde keine Probleme Weltcup: Peru und Moldawien fehlen / Hohe Motivation und hohes Niveau Samstag, 14 Uhr. Die Spannung steigt. Schachspieler der elf besten Teams der Blinden- und Sehbehinderten-Olympiade sowie der Erdteilmannschaft aus Indien begeben sich im Hotel Maritim auf ihre Plätze vor den Brettern. Von Björn Steinrötter Der Geräuschpegel ist hoch, letzte Absprachen werden getroffen, Stühle gerückt und die Holzfiguren aufgestellt. Doch plötzlich herrscht Ruhe der vierte Mannschafts-Weltcup ist eröffnet. Anders als bei einer normalen Partie Schach hat jeder Spieler hier sein eigenes Brett vor sich und kündigt seinem Gegenüber den nächsten Zug an. Erst kurz vor Ende, die maximale Spielzeit beträgt sechs Stunden, steigt der Adrenalinspiegel wieder richtig an. Jetzt geht es um alles oder nichts... Neben dem hochkarätig besetztem Weltcup richtet der Deutsche Blinden- und Sehbehinderten-Schachbund (DBSB) anlässlich seines 50-jährigen Bestehens ein internationales Einzelturnier aus. Die Motivation ist hoch, das Spielniveau ebenfalls betont der Vorsitzende des Schachbundes, Ludwig Beutelhoff. Auch Sehende sehen nicht alles Schließlich spielen viele auch, wie etwa Beutelhoff selbst, gegen sehende Denksportler. Und das nicht ohne Erfolg. Ich bin in meinem Verein der einzige Blinde, dennoch meinen einige Sehende manchmal, Sie hätten Spielzüge von mir nicht gesehen, schmunzelt Beutelhoff: Es gibt keine andere Sportart, bei der die Blinden so mithalten können wie beim Schach. Ein Beleg dafür, dass das Spiel mit den 64 Feldern nicht nur Blinde und Sehende, sondern auch Menschen in aller Welt verbindet, ist durch das internationale Teilnehmerfeld gegeben. Jedoch konnten nicht alle Spieler, die eingeladen waren, auch zum Turnier erscheinen. Finanzielle Schwierigkeiten (Peru) oder Probleme mit einem Visum (Moldawien) waren hierfür die Hauptgründe. Wir haben beide Turniere unterstützt von einigen Sponsoren, selbst organisiert , erklärt der Vorsitzende. Damit alle Spieler auch immer auf dem neuesten Stand über Resultate und den weiteren Turnierablauf informiert sind, hat sich der DBSB einen Drucker für die Blindenschrift ausgeliehen. Peter Staubach, Schriftführer des Verbandes, ist hierfür zuständig. Der Computer funktioniert genau wie jeder andere auch, nur der Monitor ist ausgeschaltet, den brauche ich nicht erläutert Staubach mit einem Lächeln. Nicht nur die Vertreter des Schachbundes, sondern auch mancher Spieler ist technisch versiert. So flüstert ein deutscher Vertreter seine nächsten Züge stets auf ein Aufnahmegerät. Die, abgesehen von der Olympiade weltweit größte Blindenschach-Veranstaltung wird am 11. August beendet sein. Bis dahin kann man sich täglich ab 14 Uhr kostenlos die Schachpartien anschauen.