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Info-Mail Schach Nr. 171


Hallo Schachfreunde,
schon wieder Post aus Leimen - in Augsburg wird die Technik erneuert -
die Topmeldung aus Moskau soll aber aktuell verschickt werden.

Zunächst gibt es heute aber von Ewald Heck einen Bericht über ein
Blindenschachturnier mit erwartetem Ausgang an der Spitze.
Weniger erwartet wurde der Verlauf der Schachweltmeisterschaft in
Moskau. Der vermeintliche Außenseiter Ruslan Ponomariov -
den Namen sollte man sich merken - hat nach der 1. auch die 5. Partie
gewonnen - 3,5:1,5 - die Schachwelt erwartet den jüngsten Weltmeister
aller Zeiten! Wie glücklich dieser Sieg war, kann man aus der Partienotation
mit einigen leicht verständlichen Anmerkungen erkennen.
Die nächste Fernsehsendung im WDR soll in der Nacht von Mittwoch auf
Donnerstag (also am 24.01. von 0.40 bis 1.30 Uhr) gesendet werden -
Wiederholung am Donnerstag, 24.01. von 9.40 bis 10.30 Uhr -
vielleicht steht da schon der neue Weltmeister fest.
Aus Leimen grüßt Herbert Lang

Ewald Heck schreibt:
Am Wochenende vom 18. bis 20. Januar 2002 fand im "Haus Hubertus" in
Mündersbach das II. Offene Aktivschach-Turnier statt. Es haben 11 Spieler
teilgenommen, davon 10 aus dem Bezirk NRW und als Gast war der Deutsche
Vizemeister Jürgen Pohlers dabei. Als Turnierleiter fungierte GüntherThieme.

Es wurden 7 Runden nach Schweizer System gespielt. Der Turniersieger stand
bereits eine Runde vor dem Schluß fest: Mit einer überzeugenden Leistung
gewann Jürgen Pohlers ungeschlagen das Turnier, lediglich Willi Beckmann in
der 1. Runde und Hannelore Kübel in der 7. Runde konnten ihm ein Remis
abluchsen.

Das Turnier hatte - wie schon so oft bei uns - einen geselligen Charakter.
Wir haben etliche Wanderungen durch den verschneiten Wald gemacht, der sich
unmittelbar an das Haus anschließt. Abends saßen wir in gemütlicher Runde
zusammen, ließen die eine oder andere Lachsalve los und hatten viel Spaß.
Günther hatte die Siegerehrung für 20:00h am Samstagabend angesetzt. Er
berichtete, daß von den 35 gespielten Partien nur 7 Remis endeten, 18 mal
der Anziehende und 10 mal der Nachziehende gewann. Mit großem Applaus wurden
anschließend alle Spieler bedacht - vom Tabellenletzten bis zum Sieger. Es
gab Geldpreise im Gesamtbetrag von 105 Euro zu gewinnen. Bei
Punktgleichstand entschied die Buchholz-Wertung

Hier die Tabelle:
1. Jürgen Pohlers           6,0 aus 7
2. Willi Beckmann         5,0
3. Ewald Heck              4,5
4. Günther Thieme         4,5
5. Michael Karczewski  4,5
6. Hannelore Kübel       4,0
7. Jochen Hoeper          4,0
8. Norbert Raestrup      3,5
9. Siegfried Gorski        2,5
10. Heinrich Thyrron     2,5
11. Werner Höhmann   1,0

Fide-WM in Moskau (Kommentar von Hans Wiechert )
Die fünfte Partie in Moskau sollte alles bisher Dagewesene in den Schatten
stellen, doch der Reihe nach:
In der Eröffnung variierte Ivanchuks auf Ponos 1.e4 erneut und spielte
1...e5, wonach der geschlossene Spanier aufs Brett kam. Den zum Fraß
vorgeworfenen Marshall-Angriff lehnte Ponomariov dankend ab, viel brachte
ihm das freilich nicht ein, denn nach einigen Ungenauigkeiten in dem
entstehenden Breyer-Verschnitt stand er bereits nach ca. 30 Zügen im Hemd,
von "Chuki" komplett überspielt.
Doch nun geschah das Unglaubliche: Ivanchuk ließ eine einfache Abwicklung
aus, die ihm einen freien a-Mehrbauern für wirklich "nichts" beschert hätte
und ging in ein Doppelläuferendspiel, in dem Pono plötzlich zwei gefährliche
Freibauern aufzuweisen hatte. Dennoch hätte der 32-Jährige auch hier noch um
den Sieg kämpfen können, verschenkte aber in komplexer Position bei immer
knapper werdender Zeit ein wichtiges Tempo, wonach sein König auf die
Grundreihe abgedrängt wurde. Wie aus heiterem Himmel spazierte Ponos König
plötzlich in die schwarze Ruine hinein, die plötzlich riesenstarken
verbundenen Freibauern auf c und d unterstützend. Fünf Züge vor dem Matt gab
Ivanchuk dann auf. WAHNSINN!!!!!!
Ich bin immer noch fassungslos, wie Ivanchuk diese, von ihm wirklich
ausgezeichnet vorgetragene Partie noch verlieren konnte !!! Trotzdem
Gratulation an Ruslan Ponomariov, der Ivanchuks Fehler im Endspiel eiskalt
bestrafte und nun mit 3,5-1,5 führt, den Matchsieg und damit den WM-Titel
dicht vor Augen.

Ponomariov (2727) - Ivanchuk (2717) [C88]
2001 FIDE World Championship Moscow, Russia (5), 21.01.2002
1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.h3 Lb7
9.d3 d6 10.a3 Sb8 11.Sbd2 Sbd7 12.Sf1 Te8 13.Sg3 c6 14.Sh2 d5 15.Df3 g6
16.La2 Lf8 17.Lg5 h6 18.Ld2 Lg7 19.Sg4 Sxg4 20.hxg4 Sc5 21.Tad1 Tc8 22.Sf1
Se6 23.Dg3 Kh7 24.Sh2 f6 25.Sf3 c5 26.Dh2 Sd4 27.Sxd4 cxd4 28.c3 dxc3
29.bxc3 dxe4 30.dxe4 De7 31.a4 bxa4 32.Dh3 Ted8 33.Df3 Tc7 34.Lc1 Tcd7
35.Lb1 De6 36.Txd7 Txd7 37.Lc2 Lc6 38.Td1 Da2 39.Txd7 Lxd7 40.Dd1 Lb5 41.Le3
Dc4 42.Kh2 Lc6 43.Da1 Lf8 44.Lb1 a3 45.f3 Db3 46.Da2 La4
             Weiß kann nun nicht mehr viel ziehen; allerdings ist es für
Schwarz
             technisch schwierig, irgendwann den Bc3 einzusammeln -
            Weiß hat dann meistens einen Damenausfall. Am besten ist wohl
der Übergang
             ins Endspiel.
47.Kg3 Kg7 ?? 48.Dd2 g5
             Ivanchuk verschmäht das Remis - wer will es ihm verdenken -
             und begibt sich in Verlustgefahr. [48...Dxb1 49.Lxh6+ Kg8
             50.Dd5+ Kh8 51.Lxf8 De1+ 52.Kh2 Dh4+ remis]
49.La2 Db7 50.Dd3 Le8 51.Dd5 Dxd5 52.exd5 a5 53.c4 Lb4 54.c5 Kf8 55.Kf2
Lb5 56.c6 Ke7 57.La7 Kd8 58.Lb6+ Kc8 59.Ke3 a4 60.Ke4 Le2 61.Kf5 e4 62.Ke6
exf3 63.d6 Lxd6 64.Kxd6 1-0

Während sich Ponomariov das Remis in der 2. Partie mit einer starken
Verteidigung verdient hatte, ist nun dieser Punktgewinn äußerst glücklich.
Die fragwürdige Bedenkzeitregelung der FIDE verhinderte, dass Ivanchuk die
Partie sauber nach Hause fuhr. Schade auch für das Match, das nun wohl
entschieden ist.

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