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Info-Mail Schach Nr. 215


Hallo Schachfreunde,

das Match "Mensch gegen Maschine" in Bahrain ist zu Ende, ohne dass eine
Entscheidung gefallen ist. Nach den turbulenten Ereignissen der Partien 5
und 6 versank das "Event" wieder in der Langeweile der ersten Hälfte des
Matches. Na ja, immerhin hat das 4:4 - zumindest für die Veranstalter - den
Vorteil, dass irgendwann eine Wiederholung stattfinden muss!

Unten könnt Ihr kurze Statements zum Partieverlauf, sowie die Notation der
Partien 7 und 8 lesen.

Danach konnte ich es mir nicht verkneifen, noch ein wenig Kontrastprogramm
zu bieten. Dies sowohl, was die Zeit, als auch was den Siegerpreis angeht.
Ja ja, die Nostalgie!

Einen schönen Sonntag wünscht
Toni aus Augsburg

Kramnik angeschlagen: Siebte Partie endete remis
Die siebte und vorletzte Partie zwischen Weltmeister Kramnik und dem
Computer Deep Fritz endete remis. Mit einem sehr geschlossenen Aufbau und
blockierten Bauernketten hatte Kramnik versucht, eine Position zu schaffen,
in der Deep Fritz keine gefährlichen Varianten berechnen konnte. Doch seine
Absicht, daraus einen langfristigen Königsangriff zu entwickeln, ging nicht
aus. Mit einem mutigen Bauernvorstoß hielt Deep Fritz dagegen und
neutralisierte die Partie. Kramnik war dann offensichtlich sehr unzufrieden
mit der Position und bot im 28.Zug remis an. Die Entscheidung über den
Ausgang des Wettkampfes ist nun auf die letzte Partie vertagt.

Deep Fritz - Vladimir Kramnik [E19]
Man vs Machine, Bahrain (7), 2002
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sf3 b6 4. g3 Lb7 5. Lg2 Le7 6. 0-0 0-0
7. Sc3 Se4 8. Dc2 Sxc3 9. Dxc3 c5 10. Td1 d6 11. b3 Lf6 12.
Lb2 De7 13. Dc2 Sc6 14. e4 e5 15. d5 Sd4 16. Lxd4 cxd4 17.
Lh3 g6 18. a4 a5 19. Tab1 La6 20. Te1 Kh8 21. Kg2 Lg7 22.
Dd3 Tae8 23. Sd2 Lh6 24. f4 Dc7 25. Tf1 Kg8 26. Tbe1 Dd8 27.
Kg1 Lb7 28. Te2
remis

Brains in Bahrain ohne Sieger: 4:4 Unentschieden
Die achte und letzte Partie des Wettkampfes zwischen Mensch und Maschine
endete remis. Damit endet auch der Wettkampf 4:4 Unentschieden. Kramnik
eröffnete wie in allen bisherigen Partien mit dem Damenbauer und Deep Fritz
wählte das Abgelehnte Damengambit als Verteidigung. Im 5.Zug lud der
menschliche Weltmeister den Rechner zur scharfen Botwinnikvariante ein, doch
das Hamburger Programm wählte lieber eine ruhige Variante mit etwas
beengter, aber schwächenloser Stellung. Im 21.Zug bot Kramnik remis an, weil
er keinen Weg sah, seine Position zu verstärken. Durch das 4:4 Unentschieden
erhält Kramnik ein Preisgeld von 800.000 Dollar, Deep Fritz streicht 200.000
Dollar ein, die der Stiftung Europäisches Jugendschach zu Gute kommen.

Spannung in Bahrain
Weltmeister Kramnik war als Favorit ins Rennen gegangen, besonders, weil er
sich gründlich darauf vorbereitet hatte. Vor dem Wettkampf hatte er das Deep
Fritz Programm zur Verfügung und konnte es auf Schwächen abklopfen. Nach den
ersten vier Partien sah er wie der sichere Sieger aus und führte 3:1. Doch
dann zeigte er Nerven. In der fünften Partie verlor er in schwieriger
Position eine Figur. Eine Partie später spielte er mit einem Opfer auf
Königsangriff, doch Deep Fritz fand brillante Verteidigungszüge. Danach
wollte Kramnik keine weitere Verlustpartie riskieren und bot in den letzten
beiden Partien remis an. Kramnik sagte nach dem Wettkampf, dass sein Respekt
vor dem Programm und dem Entwickler-Team dahinter noch weiter gewachsen ist.

Vladimir Kramnik - Deep Fritz
Man vs Machine, Bahrain (8), 2002
1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. Sf3 d5 4. Sc3 c6 5. Lg5 Le7 6. e3 0-0
7. Ld3 Sbd7 8. 0-0 dxc4 9. Lxc4 Sd5 10. Lxe7 Dxe7 11. Tc1
Sxc3 12. Txc3 e5 13. Lb3 exd4 14. exd4 Sf6 15. Te1 Dd6 16.
h3 Lf5 17. Tce3 Tae8 18. Te5 Lg6 19. a3 Dd8 20. Txe8 Sxe8
21. Dd2
remis

Lebendschach in Vincenza

Im Jahr 1454 verliebten sich in in Marostica in der Provinz
Vincenza in Norditalien die Edelmänner Rinaldo D'Angarano und Vieri da
Vallonara zugleich die hübsche Lionora, Tochter des Schlossherrn Taddeo
Parisio. Um den Streit zu entscheiden, wäre nun ein Duell auf Leben und Tod
der übliche Brauch gewesen. Doch der weise Schlossherr hatte keine Lust auf
Blutvergießen mit anschließender langer Blutfehde und schlug stattdessen
eine Partie Schach zur Entscheidung vor. Diese wurde vor dem Schloss in
festlichem Rahmen mit lebenden Figuren ausgetragen. Der Verlierer musste
auch nicht traurig sein, denn er bekam die jüngere Schwester Oldrada zur
Frau. Die Menschen waren so beeindruckt, dass auch jetzt noch in Marostica
zur Erinnerung jedes Jahr Partien mit lebenden Figuren vorgeführt werden.
Heutige Turnierveranstalter sollten überlegen, ob diese Art Preisfond die
Anzahl der entschiedenen Partien bei Rundenturnieren nicht dramatisch in die
Höhe treiben würde.
 

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