Hallo Schachfreunde, wie in der letzten Ausgabe angedroht, gibt es Post aus Leimen. Toni hat seine Reise zur Blindenschachweltmeisterschaft in die Türkei angekündigt - die Trainingsvorbereitungen und seine gute Form sollten aber wohl geheim bleiben. Am vergangenen Wochenende gewann er in Wien das Jubiläumsturnier des Wiener Blindenverbandes - für die schnelle Übersendung des Turnierberichts bedanke ich mich bei Hartmut Kauzky. In Deutschland tobte am Wochenende wieder die Schachbundesliga und servierte einige Überraschungen. Zum ersten Mal war Vishy Anand am Start. Dennoch musste Baden-Oos gegen Bremen seine zweite Saisonniederlage hinnehmen. Unerwartet auch die Solinger Niederlage gegen Kreuzberg. Godesberg sammelte wichtige Punkte im Kampf gegen den Abstieg. An der Spitze liegen weiter Lübeck und Porz mit 8:0 Zählern, dahinter mit einem Punkt Rückstand Hamburg und Kreuzberg - Einzelheiten im folgenden Ergebnisblock - und zum Abschluss reichlich Lesestoff vom Spielort Emsdetten mit Anand am Start. Viel Spaß beim Lesen wünscht Herbert Lang JUBILÄUMSTURNIER WIENER BLINDENVERBAND 2002 Veranstalter: WIENER BLINDENVERBAND Turnierleiter: IS KRISTOF Schiedsrichter: IS KRISTOF Ort: BLINDENVERBAND, 1140 WIEN HÄGELINGASSE Eloschnitt: 1760 Datum: 16.11.2002 bis 17.11.2002 Gespielt wurden 9 Runden, Bedenkzeit war pro Spieler 30 Minuten für eine Partie. Endstand (Buchholz-Wertung) pl Sn Name TWZ Nat Land Pkt Buchholz 1 2 LINDENMAIR ANTON 2002 GER DEUTSCHLAND 7½ 47½ 2 1 ENGL HEINZ 2031 GER DEUTSCHLAND 7 49 3 9 JAGDHUBER HANS 1861 GER DEUTSCHLAND 7 46 4 13 UNGER ALBERT 1752 AUT ÖSTERREICH 5½ 47 5 10 STAUBACH PETER 1827 GER DEUTSCHLAND 5½ 44 6 3 HEINICH MANFRED 1971 GER DEUTSCHLAND 5 50½ 7 5 KAUZKY HARTMUT 1951 AUT ÖSTERREICH 5 46½ 8 4 SAND PETER 1953 GER DEUTSCHLAND 5 45½ 9 17 SCHMOEGER KARL 1670 AUT ÖSTERREICH 5 39 10 7 PASTEINER JOHANN 1900 AUT ÖSTERREICH 4½ 50 11 12 HAMMERMAYER FRANZ 1800 AUT ÖSTERREICH 4½ 45 12 8 GEROLD ARNOLD 1887 AUT ÖSTERREICH 4½ 43½ 13 6 DENES JOSEF 1920 HUN UNGARN 4½ 40 14 16 FEXA RAINER 1675 AUT ÖSTERREICH 4½ 40 15 11 KEHL RICHARD 1822 GER DEUTSCHLAND 4½ 39 16 14 ZIPKO GERHARD 1751 AUT ÖSTERREICH 4½ 34½ 17 15 HORAK JOSEF 1716 CZE TSCHECHIEN 4½ 33 18 20 DAMIANSCHITZ JOSEF 1616 AUT ÖSTERREICH 4½ 33 19 18 ANETER WILHELM 1638 AUT ÖSTERREICH 4½ 31 20 19 WOELLINGER JOHANN 1622 AUT ÖSTERREICH 4 37 21 24 VASICEK HELMUT 1342 AUT ÖSTERREICH 2½ 30½ 22 21 GALANI MAHENDRA 1522 AUT ÖSTERREICH 2 33½ 23 22 KAHLER HELMUT 1500 GER DEUTSCHLAND 1½ 33½ 24 23 WURNIG ERNST 1500 AUT ÖSTERREICH ½ 33½ BUNDESLIGA Runde 3 am Samstag, 15.11.2002 SC Kreuzberg 4½-3½ Solinger SG SFR Neukölln 3½-4½ SV Wattenscheid Hamburger SK 6 - 2 SK König Plauen Lübecker SV 6 - 2 Erfurter SK TV Tegernsee 3 - 5 SG Köln Porz SC Forchheim 4 - 4 Godesberger SK SV Werder Bremen 4½-3½ SC Baden Oos Turm Emsdetten 6½-1½ Stuttgarter Sfr Runde 4 am Sonntag, 17.11.2002 Solinger SG 5 - 3 SFR Neukölln SV Wattenscheid 4 - 4 SC Kreuzberg SK König Plauen 1 - 7 Lübecker SV Erfurter SK 2½-5½ Hamburger SK SG Köln Porz 6½-1½ SC Forchheim Godesberger SK 4 - 4 TV Tegernsee SC Baden Oos 4½-3½ Turm Emsdetten Stuttgarter Sfr 1½-6½ SV Werder Bremen TABELLE 1. Lübecker SV 4 25 : 7 8- 0 2. SG Köln Porz 4 22 :10 8- 0 3. Hamburger SK 4 21½:10½ 7- 1 4. SC Kreuzberg 4 18½:13½ 7- 1 5. SV Werder Bremen 4 19½:12½ 6- 2 6. Solinger SG 4 17½:14½ 6- 2 7. SV Wattenscheid 4 17 :15 5- 3 8. Turm Emsdetten 4 17½:14½ 4- 4 9. SC Baden Oos 4 16½:15½ 4- 4 10. SFR Neukölln 4 15½:16½ 2- 6 11. TV Tegernsee 4 13½:18½ 2- 6 12. Godesberger SK 4 13½:18½ 2- 6 13. SK König Plauen 4 10½:21½ 2- 6 14. SC Forchheim 4 9 :23 1- 7 15. Erfurter SK 4 10 :22 0- 8 16. Stuttgarter Sfr 4 9 :23 0- 8 Gefunden auf der Internetseite www.schachbundesliga.de/ Samstäglicher Glücksmangel! (von Thilo Gubler) Sonntag kurz vor halb vier an einem tristen regnerischen Tag im Ratssaal der Stadt Emsdetten. Sechs Remis und ein Sieg standen bis zu diesem Zeitpunkt auf der per Hand geschriebenen Ergebnistafel für das badische Team zu Buche. Der einzige Sieg des Duells der beiden Aufsteiger aus Baden-Oos und Emsdetten gelang ausgerechnet dem gebürtigen Westfalen Ludger Keitlinghaus, der nach dreijähriger Abstinenz wieder in die Bundesliga zurückgekehrt ist. In einer sauberen Partie liess der in Baden-Baden beheimatete Ludger Keitlinghaus seinem Gegner keine Chance. Nur noch das spielentscheidende fünfte Brett wurde von den Zuschauern umlagert. Fabian Döttling kämpfte nach fast sieben Stunden Spielzeit verzweifelt mit Turm und Springer gegen Turm, Springer und zwei Bauern um Remis und damit beim Stand von 4:3 um den Gesamtsieg seiner Mannschaft. Nicht nur für Teamchef Thilo Gubler war dieses Bundesliga-Wochenende ein ganz Besonderes. Zum ersten Mal konnte er mit Vishy Anand die Nummer drei der Welt auf das Meldeformular des Schiedsrichterehepaares Petra und Berthold Mense notieren. Es war ein gelungener Auftakt für den Schachweltmeister von 2000/2001, punkt 17:12 Uhr brachte er mit seinem sicheren Sieg gegen Bremens Nummer eins Zbynek Hracek das Team von Baden-Oos mit 2:1 in Führung. Ludger Keitlinghaus und Peter Svidler beendeten zuvor friedlich unentschieden ihre Partien. Das spektakulärste Match war das von Roland Schmaltz. Das Geburtstagskind vom Vortag griff mit den weißen Steinen kompromisslos an und erreichte eine blitzblanke Gewinnstellung. Sein Gegner Sven Joachim schaute derart betrübt drein, dass der Ooser Teamchef ihn am liebsten in den Arm genommen hätte um ihn zu trösten. Doch irgendwie mogelte sich der mustergültige Bremer Mannschaftsspieler noch in ein Endspiel Turm und Läufer gegen Dame. Der zuvor erwartete Sieg von Roland Schmaltz war vorerst in weitere Ferne gerückt. In der Zeitnotphase musste der von Kopfschmerzen geplagte Rustem Dautov seine Niederlage gegen Lars Schandorff eingestehen. Auch Andreas Schenk hatte keinen guten Tag erwischt. Im Kampf gegen die Uhr übersah er einen taktischen Schlag, der ihn zuerst zwei Bauern und dann die Partie gegen Joseph Gallagher kostete. Fabian Döttling verschmähte im 37. Zug bei einer Restbedenkzeit von etwa 10 Sekunden (!) den Qualitätsgewinn und musste nach 43 Zügen trotz Mehrbauer gegen Yannick Pelletier ins Remis einwilligen. Nach dem schwer erkämpften Remis mit Minusbauer von Robert Hübner gegen Luke McShane spielte beim Stand von 4:3 für Werder nur noch die Dame von Roland Schmaltz gegen Turm und Läufer von Sven Joachim bei jeweils drei Bauern. Und dann das zweite Malheur: der Wichtigste der drei Bauern von Roland Schmaltz ging ersatzlos verloren, ein Sieg war nicht mehr möglich. Somit Remis und ein 4,5:3,5-Endstand für Werder. Seit Jahren spielt die Schachabteilung des großen Fußballvereins in der fast gleichen Besetzung. Bereits vor zwei Jahren hatte es Thilo Gubler mit seinen Baiertalern in den Business-Logen des Werder-Stadions mit sechs der acht am Samstag aufgebotenen Werderanern zu tun. Gezielte einzelne Verstärkungen wie z.B. Joseph Gallagher bringen das Werder-Team stetig weiter voran. Der Erfolg von "Vishy" hat letztendlich der Mannschaft nichts genützt, Baden-Oos verlor mit Pech das Match gegen den eingespielten Bundesliga-Achter um Mannschaftsführer Ingolf Stein. Ein 4:4 wäre aufgrund des Spielverlaufs sicherlich gerechter gewesen, mit Glück hätte es sogar noch zu einem knappen Sieg gereicht. Aber so ist das nun mal nicht nur im Schach, letztendlich zählen "nur" die aufsummierten Punkte. Am Sonntag vier unspektakuläre Unentschieden an den ersten vier Brettern und eine fast gewonnene Partie von Andreas Schenk, wären die beiden Mehrbauern im einfachen Turmendspiel mit dem Dritten nicht in einer Reihe in Laufrichtung angeordnet gewesen. So nutzte der Tripelbauer denn nichts, Remis. Auch Roland Schmaltz erreichte bei leicht schlechterer Stellung Remis, doch der Gewinn von Ludger Keitlinghaus reichte wenigstens zur Führung. Die ganze Last des Erfolges hing jetzt bei Fabian Döttling an einem seidenen Faden. Doch der schien zu halten, denn "jetzt ist's Remis" so Vishy Anand im perfekten deutsch nach seinem mit Peter Svidler kurzfristig eingelegten Mittagsessen zur entscheidenden Partie. Doch war dies auch seinem noch spielenden Mannschaftskameraden bewusst? Ja! Nach Abdrängung des gegnerischen Königs mit dem Turm auf die Grundreihe gelang dem Springer das Dauerschach und damit der knappe Mannschaftssieg. Dem Teamchef Thilo Gubler und mitgereisten 1. Vorsitzenden Jürgen Gersinska konnte man die Erleichterung deutlich ansehen. Wenn auch nur ein schwacher Trost für den vorbildlichen Gastgeber Raimo Vollstädt, der Spieler und Funktionäre kostenlos mit Speis und Trank bemutterte: sein Team behauptete mit einem Brettpunkt Vorsprung den Platz vor Baden-Oos in der Tabelle... Was ist nur mit Stuttgart los? Nur mit sieben Mann trat der schwäbische Reisepartner an und kam mit jeweils 1,5:6,5 gegen Bremen und Emsdetten kräftig unter die Räder. Bei solchen Kämpfen leidet sicherlich die Motivation bei den Spielern. Wollen wir hoffen, dass der Tabellenletzte sich noch einmal aufrafft und zumindest im kompletten Achter die nächsten Runden bestreitet. Die Mannschaft hätte das Potential den Kampf gegen den Abstieg erfolgreich zu bestehen. Die Erwartungen von Baden-Oos müssen nach der zweiten Niederlage am zweiten Wochenende weiter zurückgeschraubt werden. Dennoch ist der angestrebte 5. Tabellenplatz noch möglich, allerdings gibt es sehr viele gute "Werders" und "Solingens", eingespielte Bundesligamannschaften die es dem Ooser Team nicht leicht machen werden zu punkten. In knapp vier Wochen steht die Tripelrunde bei Reisepartner Stuttgart an. Stuttgart, Forchheim und Tegernsee werden alles daran setzen, Baden-Oos schwerste Hürden und Beine in den Weg zu stellen. Thilo Gubler (SC Baden-Oos)