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Info-Mail Schach Nr. 287


    Hallo Schachfreunde,

kaum ist ein Schachturnier beendet, schon gilt es über ein anderes Ereignis
zu berichten. In Kirchhain begann heute die V. Seniorenmeisterschaft des
Deutschen Blinden- und Sehbehindertenschachbunds (DBSB). In dieser Mail
findet Ihr die Ergebnisse der 1. Runde.

Danach gibt es dann noch etwas Lesestoff.

Einen schönen Abend wünscht
Toni aus Augsburg

           Deutsche Meisterschaft im Blindenschach der Senioren 2003

                                  in Kirchhain
                           08.09.2003 bis 14.09.2003
                           7 Runden Schweizer System

  Turnierleiter: Manfred Müller, Senftenberg

Müller Manfred.. - Hauck Otto...... 1,0:0,0
Kübel Hannelore. - Woborschil Ernst 0,0:1,0
Richter Dieter.. - Kahler Helmut... 1,0:0,0
Jenkner Hans.... - Kranz Werner.... 0,0:1,0
Kehl Reinhard... - Gaußmann Manfred 1,0:0,0
Schulze-Fielitz Hinrich spielfrei

Turm und Dame in Bewegung: Lebendschach in Ströbeck

Ströbeck (dpa) - Stolz und ein bisschen aufgeregt blickt Frank-Werner
Hädrich auf das Schachspiel. Dort stehen seine Figuren in
ungewöhnlicher Größe, zappeln ein wenig, werfen immer wieder einen
Blick auf ihren Chef. Im Schachdorf Ströbeck, unweit von Halberstadt
im Vorharz, hat Schach eine andere Dimension als sonstwo in
Deutschland. Immerhin ist dort die bundesweit einzige Schule, an der
Schach ein Pflichtfach ist.

Auch Hädrich trägt als Leiter der ältesten Lebendschach-Gruppe in
Deutschland zu der Tradition bei. Dame, Turm, Bauer - seit 1688 werden
alle 32 Figuren von kostümierten Menschen dargestellt. Am Samstag
feierten die Ströbecker mit dem Auftritt der Lebendschachgruppe die
inzwischen 180 Jahre alte Tradition des Schachs als Schulfach.

Alle 32 Kinder stehen in blauen und roten Kostümen auf einem etwa acht
mal acht Meter großen schwarz-weißen Schachbrett. Dirigiert werden sie
vom sachsen-anhaltischen Finanzminister Karl-Heinz Paqué (FDP) - einem
wie er über sich selbst sagt "inzwischen schlechten Schachspieler".
Paqué, der sich Schach als Kind selbst beigebracht hatte, spielte in
den 70er Jahren immerhin in der saarländischen Landesliga.

Dreißig Jahre später sei es für ihn, als schicke man einen gealterten
Fußballspieler, der auch ein bisschen zugelegt hat, als Stürmer auf
ein Feld. Dennoch ist der Finanzminister mit Eifer dabei, die blauen
Lebendfiguren von "C7 auf C5" zu schicken oder eine "Rochade kurz"
anzuordnen - das alles mit wachsamem Blick auf das Spielfeld. Um den
Überblick zu behalten, läuft er immer wieder am Spielfeldrand entlang.
Nach etwa 20 Minuten gewinnt der Minister "überraschend", wie er sagt.

Frank-Werner Hädrich überwacht alle Schritte seiner Figuren. Den
meisten hat er selbst das Schachspiel beigebracht. Der 42-Jährige
unterrichtet das Spiel an der Schachschule Ströbeck. "Bei uns lernen
die Kinder von der zweiten bis zur siebten Klasse Schach", erzählt
Hädrich, der die Schule seit August leitet. Sitzenbleiben können die
Schüler wegen des ungewöhnlichen Pflichtfachs aber nicht, denn Fünfen
und Sechsen werden nicht erteilt. Eine Eins bekommt, wer gegen den
Lehrer gewinnt. Besonders interessierte Schüler können sich für die
Lebendschachgruppe anmelden. "Schüler beginnen ab der ersten oder
zweiten Klasse und können sich dann über Jahre zum König oder zur Dame
hochdienen." Es könne sich jeder Bauer in eine Dame verwandeln, sagt
Hädrich lächelnd.

Die 16-jährige Michele hat es geschafft. Bis sie nun vom
Finanzminister als blaue Dame und wertvollste Figur über das Spielfeld
dirigiert werden kann, hat sie in fast allen anderen Kostümen
gesteckt. "Vor sieben Jahren habe ich als Bauer angefangen, dann war
ich Turm, Springer, König und jetzt Dame", sagt sie etwas schüchtern.
Nur wenige ihrer Freunde sind auch in der Gruppe - meist fehle das
Durchhaltevermögen. "Das ist aber die Bedingung, wenn man es zur Dame
schaffen will." Ihre Freundin Christine, die den roten König spielt,
ergänzt: "Der richtige Anreiz ist doch, dass man mit der Gruppe mal
richtig weit weg kommt." Das Ensemble ist regelmäßig im Ausland
unterwegs. Als nächstes geht es Mitte September nach England.

Die lange Tradition des Ströbecker Lebendschachs ist durch die
drohende Schließung der Schachschule gefährdet. Es gibt nicht mehr
genug Schüler in Sachsen-Anhalt. Für das gerade begonnene Schuljahr
kam mit 24 Schülern gerade noch die nötige Zahl Fünftklässler
zusammen, ob es im kommenden Jahr auch klappt, ist noch offen. "Wenn
unsere Schule geschlossen wird, bricht auch die Lebendschach-Gruppe
zusammen", befürchtet Hädrich. Später würde auch der Schachverein
Probleme bekommen. In Ströbeck bliebe dann nicht mehr viel von der
Schach-Tradition übrig. Bislang - so heißt es - soll man in dem 1200-
Seelen-Dorf an jede Haustür klopfen können und es wird jemand öffnen,
der Schach spielen kann.

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