Hallo Schachfreunde, während am vergangenen Wochenende in Deutschland die zweiten Bundesligen in die neue Schachsaison starteten, läßt sich die Bundesliga Zeit bis Anfang November. Grund hierfür könnte die Europa-Mannschaftsmeisterschaft sein, die vom 11. bis 20. Oktober in Plowdiv (Bulgarien) ausgetragen wird. Wir werden in dieser und in den nächsten Ausgaben über diese Veranstaltung informieren, wobei schwerpunktmäßig die Vor-Ort-Berichte von Raj Tischbierik (Zeitschrift SCHACH) im Internet zitiert werden. Daneben gibt es im Netz einige andere interessante Seiten; z.B. schreibt das Mitglied der deutschen Nationalmannschaft Christopher Lutz für "chessgate", Teleschach berichtet aktuell mit Partien usw., die Wiener Schachzeitung hat einen hervorragenden Ergebnisdienst mit zahlreichen Statistiken und natürlich gibt es vom Veranstalter auch eine offizielle Seite mit Live-Übertragungen. Hier die Adressen: www.zeitschriftschach.de/2003/team-em.htm www.chessgate.de/turniere/2003/etcc/index.html http://teleschach.com/aktuelles/plovdiv3.htm http://schach.wienerzeitung.at/int03/EuropeanTeamChampionship.htm www.etcc.chessbg.com/ Auf zwei Besonderheiten darf ich hinweisen - erstmals zählen die Mannschafts- vor den Brettpunkten (endlich meine ich). Wohl auch erstmals dürfte es bei einem so hochkarätigem Turnier vorgekommen sein, dass ein Handy das Ergebnis einer Partie bestimmt hat.Wie es dazu kam, sowie den Zwischenstand nach drei Runden könnt Ihr nach dem Endstand der österreichischen Staatsmeisterschaft im Blindenschach lesen. Viel Spaß dabei wünscht Herbert Lang Blindenstaatsmeisterschaft Österreich Schiedsrichter: IS Irma Stubenvoll Ort...........: St. Georgen/Reith Eloschnitt....: 1811 Datum.........: 04.10.2003 bis 12.10.2003 Endstand Pl Name............... Elo. Verein................. Pu So-Be 1 Gerold Arnold...... 2004 Hietzing/Fischer Wien.. 6 25,75 2 Pasteiner Johann... 1878 Blindenverband Wien.... 6 25,00 3 Kauzky Hartmut DI.. 1934 Blindenverband Wien.... 5 21,50 4 Zipko Gerhard...... 1807 Sc Kirchberg/Pielach... 5 19,50 5 Feuerstein Kurt.... 1750 Blindenverband ÖSB..... 4½ 20,75 6 Fexa Rainer........ 1731 Sk Loosdorf............ 4½ 19,25 7 Posch Thomas....... 1723 Sk Donau Wien.......... 4 17,25 8 Unger Albert....... 1811 Blindenverband Wien.... 3½ 16,25 9 Hammermayer Franz.. 1790 Blindenverband Wien.... 3½ 15,75 10 Schmöger Karl...... 1684 Blindenverband Wien.... 3 12,00 Der Sieger gewann das Turnier übrigens mit drei Siegen und sechs Remisen! Europa-Mannschaftsmeisterschaften der Frauen und Männer vom 10. bis 20. Oktober 2003 in Plovdiv / Bulgarien Stand nach Runde 3 - Männer MP BP 1 Serbien u. Montenegro 6 9.0 2 Israel 6 8.0 3 Russland 6 7.5 4 Georgien 5 8.0 5 Aserbaidschan 5 8.0 6 Polen 5 7.0 7 Tschechien 4 8.5 8 Mazedonien 4 8.5 9 Kroatien 4 8.0 10 Bulgarien 1 4 8.0 15 Deutschland 4 6.5 insgesamt 37 Mannschaften Frauen MP BP 1 Russland 6 5.0 2 Bulgarien 1 6 4.5 3 Ukraine 5 5.0 4 Armenien 5 4.5 5 England 5 4.0 6 Georgien 4 4.0 7 Polen 4 4.0 8 Frankreich 4 4.0 9 Serbien u. Montenegro 4 3.5 10 Deutschland 4 3.5 insgesamt 31 Mannschaften 1. Runde am 11. Oktober Für die Topstory der 1. Runde sorgte Ruslan Ponomarjow: Obwohl in den Regularien für diese Mannschafts-Europameisterschaft ausdrücklich vermerkt ist (und vor Rundenbeginn nochmals darauf hingewiesen wurde!), dass Handys im Turniersaal verboten sind, war es ausgerechnet das Mobiltelefon des Fide-Noch-Weltmeisters, das nach ca. drei Stunden munter losbimmelte. Aufregung unter der Schiedrichterschaft, minutenlanges Verhandeln, aber schließlich - Bravo! - die Null für den Ukrainer! Der weigerte sich zunächst, das Formular zu unterzeichnen, schickte sich aber schließlich in sein Schicksal. Viel Lärm um (fast) nichts allerdings: Wie mir kurze Zeit später sein schwedischer Gegner Jewgeni Agrest glaubhaft versicherte, stand er - Agrest - ohnehin auf Gewinn. Noch unmittelbar vor der Runde war Ponomarjow für seinen heutigen 20. Geburtstag geehrt worden. Spötter meinten natürlich sofort, dass es sich nur um einen Glückwunschanruf gehandelt haben könne... Es war nicht der Tag der Geburtstagskinder. Auch Jessica Nill, die heute Ihren 24. Ehrentag feiert und die quasi über Nacht für Ketino Kachiani-Gersinska im deutschen Damenteam einsprungen war (Probleme nach der Geburt ihres zweiten Kindes), musste eine Niederlage quittieren. Besonders ärgerlich: Jessica stand zwischenzeitlich glatt auf Gewinn und durch ihre Null und das resultierende 1-1 gegen Schweden ging uns ein wichtiger Mannschaftspunkt flöten. Erstmals bei einer Mannschafts-Europameisterschaft entscheiden die Mannschafts-, und nicht wie zuvor die Brettpunkte über die Platzierung. Ein Umstand, der unsere Männer - im Gegensatz zu den Damen in Bestbesetzung und, an 7 gesetzt, mit Medaillenambitionen - gegen die krassen Außenseiter aus Estland (deren bester Spieler Jaan Ehlvest zu Hause geblieben ist) mit einem blauen Auge davonkommen ließ: Bei drei Remisen quälte sich Thomas Luther nur dank der mehr als großzügigen Unterstützung seines Gegners zum Sieg. Erst stellte dieser seinen besten Bauern ein, dann ging er in einem Läuferendspiel fälschlich davon aus, dass Luther auf dem "falschen Läufer" (+ Randbauer) sitzen bleiben würde und fiel aus allen Wolken, als er seines Übersehens gewahr wurde. Deutschland-Estland 2,5-1,5. 2. Runde am 12. Oktober Ein guter Tag für Deutschland! Sowohl die Herren- als auch die Damenmannschaft blieb siegreich. Die Männer bekamen es heute schon mit einer Mannschaft anderen Kalibers als gestern zu tun: Seitdem Kiril und Wladimir Georgiew von der bulgarischen zur mazedonischen Föderation gewechselt sind, ist das offiziell unter FYROM (Former Yugoslav Rebublic of Mazedonia) laufende Team nicht mehr zu unterschätzen. Wie gestern gab es drei Remisen und einen Sieg für unsere Farben. Matchwinner war diesmal Rustem Dautov, der zwar zwischenzeitlich drei Bauern weniger hatte, dafür jedoch stets über glänzende Kompensation verfügte. Den zum neuerlichen 2,5-1,5-Sieg entscheidenden halben Zähler holte zum Schluss Christopher Lutz in einer spannenden Partie am Spitzenbrett. Wie bei Dautov gab es hier ein skurriles Materialverhältnis: Bei noch allen auf dem Feld befindlichen Schwerfiguren verfügte Lutz zwischenzeitlich über sechs gegen null (!) Bauern gegen einen gegnerischen Läufer. Die Punkteteilung schätzte der Kölner in einem ersten Resümee dennoch als korrekt ein. Auch bei den Damen war unser heutiger Gegner stärker einzuschätzen als der gestrige. Aserbaidshan besteht aus den beiden Mamedjarow-Schwestern des U20-Weltmeisters. Lange sah es nach einem 1-1 aus, da der Sieg von Jordanka Micic (2/2!) durch eine Niederlage von Elisabeth Pähtz egalisiert zu werden schien. Bei knapper Zeit verlor ihre Gegnerin allerdings die Übersicht und ließ zum 1,5-0,5-Erfolg für die deutsche Mannschaft eine dreifache Zugwiederholung zu. 3. Runde am 13. Oktober Beide deutsche Vertretungen trafen in Runde 3 erstmals auf in der Setzliste vor ihnen platzierte Teams, sprich, gingen als Außenseiter an den Start. Die Männer bekamen es mit den Israelis zu tun. Mit selbigen verknüpfen sich beste Erinnerungen; soweit ich mich erinnern kann, blieb Deutschland bei den letzten Großveranstaltungen wie Olympiaden bzw. Mannschafts-Europameisterschaften immer siegreich gegen die GUS-Auswanderer. Aber jede Serie geht einmal zu Ende... Zwischenzeitlich sah es gar nach einer deutlichen Niederlage aus. Zwar konnte Thomas Luther seine Schwarzpartie gegen Ex-Europameister Emil Sutovsky problemlos schnell remisieren, aber an Brett 1 - Gelfand-Graf - und 2 - Lutz-Smirin - standen die Dinge nicht zum Besten. Dann keimte jedoch in der Zeitnotphase plötzlich wieder Hoffnung auf. Zwar konnte Alexander Graf sich trotz erfindungsreicher Verteidigung nicht mehr retten, aber Christopher Lutz hatte sich in den Remishafen gestohlen und an Brett 4 winkte bei Jan Gustafsson ein Sieg und das resultierende 2-2. Mit nur noch Sekunden auf der Uhr fand der Israeli Awruch allerdings das letzlich matchentscheidende ... Txd5! ... 1,5-2,5. Die Minimalisten aus Russland wackelten einmal mehr, gewannen jedoch letztlich zum dritten Mal(!) - diesmal gegen Slowenien - mit 2,5-1,5. Wie Israel sind sie damit weiter (Mannschafts-) verlustpunktfrei. Damen: Schlechte Kunde für die (dem Vernehmen nach große) Micic-Fangemeinde in der SchachSTADT Dortmund: nach ihrem Blitzstart saß Jordanka heute erstmals auf der falschen Seite des Brettes... Elisabeth Pähtz konnte nach 13 (!) sieglosen Partien in Folge jedoch (unter Einsatz meines Gewinnkugelschreibers!) erstmals wieder voll punkten und den Kampf gegen SchachLAND Serbien damit unentschieden gestalten. Zur "Belohnung" wartet morgen SchachSUPERMACHT Georgien...