Hallo Schachfreunde, man stelle sich vor, es findet eine Schachweltmeisterschaft statt und keiner geht hin. Noch ist es nicht soweit, aber der Weltschachbund ist von dieser Situation nicht weit entfernt. Die zahlreichen Absagen bei der laufenden WM in Tripolis (Libyen) führten beim Betrachten der Teilnehmerliste zu Wortschöpfungen wie "Who's-not-here" - auch von einer kastrierten WM ist die Rede. Die FIDE-Weltmeisterschaft (19.06.bis 13.07.2004) wird erneut im K.O.- Modus mit 128 Spielern ausgetragen. In Mini-Matches mit zwei Partien mit FIDE-Bedenkzeit und ggf. Stichkämpfen mit verkürzter Bedenkzeit wird der Sieger ermittelt. Im Halbfinale erhöht sich die Anzahl der regulären Partien auf vier, im Finale auf sechs. Für die deutschen Teilnehmer war die Veranstaltung schnell beendet - Dautov unterlag in Runde 1, Kritz und Graf schieden in der zweiten Runde aus. Am Ende dieser Mail gibt es die Paarungen vom Halbfinale (aktueller Stand) sowie einen kritschen Artikel aus dem Berliner Tagesspiegel. Vorher haben wir Ergebnisse von zwei Blindenschachturnieren anzubieten. Bei André Schmeisser bedanken wir uns für den Endstand der französischen Meiterschaft. Und ganz aktuell habe ich von Werner Fries erfahren, wer beim Frankfurter Nachtschachturnier erfolgreich war. Viel Spaß beim Lesen wünscht Herbert Lang Französische Meisterschaft in Lyon vom 19. bis 23. Mai 2004 13 Spieler - Endstand an der Spitze nach 7 Runden Schweizer System 1. HERVAIS Adrien 5,5 Punkte aus 7 Partien 2. DELAVALADE Philippe 5,5 3. LEGUELTEL Daniel 4,5 4. SCHMEISSER André 4,5 5. CATHERINE Bertrand 4,0 (13 Teilnehmer) Schnellschachturnier in Frankfurt/Main (03./04.07.2004) In der Nacht von Samstag auf Sonntag fand zum dritten Mal das Nachtschachturnier in Frankfurt statt. 22 Spieler gingen an den Start und spielten in 9 Runden den Sieger aus. Die Bedenkzeit betrug eine halbe Stunde je Spieler und Partie. Endstand an der Spitze: 1. Schlierf André 7,5 Punkte aus 9 Partien 2. Engl Heinz 6,5 3. Seidel Volker 6,0 4. Beckers Willi 5,5 5. Pöhler Margit 5,5 6. Eberle Dieter 5,5 Auf den Plätzen 7 bis 13 mit jeweils 5,0 Punkten Rother Wolfgang Heck Ewald Höper Jochen Fries Elisabeth Hahn Rainer Kübel Hannelore Steinhart Matthias (insgesamt 22 Teilnehmer) FIDE-Weltmeisterschaft (19.06.bis 13.07.2004) in Tripolis (Libyen) Halbfinale: 4 Turnierpartien vom 1. bis 4. Juli, Tiebreak am 5. Juli Kasimdzhanov, Rustam (Usbekistan) - Topalov, Veselin (Bulgarien) 2,0:2,0 Radjabov, Teimour (Aserbeidschan) - Adams, Michael (England) 1,5:2,5 Finale: Sieger Kasimdzhanov-Topalov gegen Adams 6 Turnierpartien mit Ruhetag und evtl. Tiebreak - ab Dienstag - Siegerehrung am 13. Juli Berliner Tagesspiegel - 19.06.2004 Warum die WM diesmal in Libyen stattfindet Früher soll Muammar al Gaddafi Terroristen unterstützt haben – heute sponsert er Schachspieler. Gestern hat in Tripolis die Weltmeisterschaft des Weltschachbundes Fide begonnen. Offenbar will Libyens Staatschef nun auch mit Schach seinen Wandel demonstrieren. Doch der Geist der Vergangenheit war schon vor dem ersten Zug zu spüren: Unter den 128 Spielern fehlen unter anderem drei israelische Großmeister. Gaddafis Sohn Mohammed, Chef des Nationalen Olympischen Komitees Libyens, hat sie verschreckt: äWir haben und werden den zionistischen Feind nicht zu dieser Weltmeisterschaft einladen.ô Eher falle das Turnier aus. Trainern und anderen Begleitpersonen aus Israel haben die Libyer sogar gleich die Visa verweigert. Zwar ließ der Weltschachbund daraufhin verkünden, alle Teilnehmer seien willkommen, doch eine entschlossenere Reaktion zeigten die Herren um Fide-Präsident Kirsan Iljumschinow nicht. Als er auf einen Protestbrief der neu gegründeten Spielervereinigung ACP antwortete, ging er gar nicht auf die Aussage von Gaddafis Sohn ein. Iljumschinow, der zugleich über die autonome russische Republik Kalmückien herrscht, bemerkte stattdessen, die israelischen Spieler hätten es versäumt, die Spielbedingungen zu unterschreiben und sich nicht abgemeldet. Wie bedenkenlos der Präsident des finanzschwachen Weltverbandes Förderer aussucht, offenbarte er schon mehrfach: 1996 wollte er das WM-Finale in Bagdad ausspielen lassen, unter Saddam Husseins Schirmherrschaft. Auch für die jüngst beendete Frauen-WM fand Iljumschinow dubiose Geldgeber, etwa den ehemaligen Gouverneur der georgischen Region Adscharien, Aslan Abaschidse, der im Mai angesichts Tausender Demonstranten nach Russland flüchtete. Für die WM in Tripolis stellt Gaddafi 1,5 Millionen US-Dollar Preisgeld bereit. Den meisten Spielern blieb kaum eine Wahl. Für Alexander Graf, den amtierenden Deutschen Meister, ist die Reise nach Tripolis äeine von wenigen Möglichkeiten viel Geld zu verdienenô. Begleitet werden die drei deutschen Teilnehmer von Bundestrainer Uwe Bönsch, für den das Turnier durchaus die Bezeichnung äWeltmeisterschaftô verdient. äEs nehmen ja von den Top 100 immerhin 75 oder 80 Spieler teilô, sagt er. Allerdings fehlen sowohl der Titelverteidiger, Ruslan Ponomarjow, als auch Garry Kasparow, Viswanathan Anand, Wladimir Kramnik und Peter Leko, die vier weltbesten Spieler. Ponomarjow hatte es abgelehnt, in Tripolis zu spielen, weil Kasparows Privilegien zu groß seien: Kasparow darf als Nummer eins der Weltrangliste im Zuge einer möglichen Titelvereinigung gegen den Sieger von Tripolis spielen. Der Gewinner aus diesem Wettkampf soll anschließend gegen den Sieger des Duells zwischen Leko und Kramnik, dem amtierenden Weltmeister im so genannten klassischen Schach, antreten. Die WM in Tripolis ist daher nur eine Etappe auf dem Weg zum äWeltmeister aller Klassenô.