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Info-Mail Schach Nr. 357


    Hallo Schachfreunde,

unten findet Ihr einen Bericht von der Fernsehsendung "Schach der
Großmeister", die am vergangenen Wochenende über die Bühne ging. Dazu gehört
natürlich auch die Partienotation. Erfreulich ist, dass es mal wieder eine
echte Kampfpartie gab ohne langwieriges strategisches Lavieren. Es stand der
gute alte Marshall auf dem Programm.

Und hier noch eine Ankündigung: Ab dem kommenden Dienstag (31. August)
findet in Mondariz (Spanien) wieder ein hochkarätig besetztes
Blindenschachturnier statt. Die ersten 9 der letzten WM in Istanbul 2002 und
die Frauenweltmeisterin Luba Zsiltzova spielen dort ein Rundenturnier. Ob
alle Berechtigten nun auch wirklich antreten werden, ist mir im Moment
leider nicht bekannt. Sicher ist nur - und das ist aus deutscher Sicht sehr
erfreulich - dass unser Jürgen Pohlers aus Leipzig mitmischen wird. Parallel
zu diesem Turnier wird auch ein Open ausgetragen. Für den Deutschen Blinden-
und Sehbehindertenschachbund sollte hier eigentlich Hans Jagdhuber an den
Start gehen, er musste aber leider in letzter Minute aus familiären Gründen
absagen.

Wenn es mit der Kommunikation aus Spanien klappt, werden wir Euch natürlich
über die Ereignisse in Mondariz auf dem Laufenden halten.

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende und viel Spaß bei der Info-Mail
Euer Toni

Schach der Großmeister

Die WDR-Sendung "Schach der Großmeister" wurde in der Nacht vom Montag auf
Dienstag ausgestrahlt. In einer taktisch geprägten Partie siegte Arkadij
Naiditsch gegen Fide-Weltmeister Rustam Kasimdshanov und bestätigte damit
seine schon in Dortmund gezeigte gute Form. Die Kommentatorenriege wurde
durch den NRW-Ministerpräsidenten Peer Steinbrück bereichert, der als Kind
in einem Schachverein war und sich seine Liebe zum Spiel bis heute bewahrt
hat. Mit Hilfe einer Reihe interessanter Gäste, dem Mäzen Wilfried Hilgert,
Bodo Schmidt vom neuen Kasimdshanov-Verein Godesberger SK und dem Sammler
Thomas Thomsen, bot die Sendung einige spannende Facetten rund ums Schach.

Die WDR-Schachsendung "Schach der Großmeister" ist eine Institution im
deutschen Schach und kann inzwischen auf eine 20-jährige Geschichte
zurückblicken. Dr. Claus Spahn entwickelte als Redakteur die Idee zu einer
Live-Schachpartie, die aus dem Fernsehstudio übertragen wird. Zahlreiche
bekannte Großmeister haben im Laufe der Zeit hier Platz genommen und
gespielt, darunter die Weltmeister Kasparov, Karpov, Anand und Kramnik. Für
Analysen und Kommentare sorgen die beiden Großmeister Dr. Helmut Pfleger und
Vlastimil Hort. Während Helmut Pfleger auf eine profunde Kenntnis der
Schachgeschichte zurückgreifen kann, besticht Vlasi Hort durch seinen an
Schwejk
erinnernden Humor. In der vergangenen Sendung wurden die Kommentatoren vom
NRW-Ministerpräsidenten und bekennenden Schachfan und Hobbyspieler Peer
Steinbrück unterstützt.
Arkadij Naiditsch gewann im letzten Jahr gegen Jan Timman und traf diesmal
als Titelverteidiger auf den frisch gebackenen neuen Fide-Weltmeister Rustam
Kasimdhanov.
Der Ministerpräsident erzählte, wie er als Kind jahrelang gegen seine
Großmutter Schach gespielt hat und über sechs oder sieben Jahre chancenlos
blieb. Erst mit dreizehn Jahren konnte er gegen sie seine erste Partie
gewinnen. "Das war wie Versetzung". Im Ersten Weltkrieg hatte seine
Großmutter, die aus Dänemark stammte, Fernpartien gegen seinen in Frankreich
dienenden Großvater gespielt. Eines Tages erschien die Militärpolizei und
wollte wissen, was da auf den zahlreichen wechselnden Postkarten stand. Man
hatte den Verdacht, dass der Großvater Steinbrücks Artilleriekoordinaten
mitteilte. Koordinaten war dann ja auch richtig, allerdings
Schachkoordinaten, wie ihnen bald klar gemacht wurde.
Das Reglement sieht vor, dass Weiß zum Gewinn des Pokals gewinnen muss,
Schwarz ein Remis genügt. Die Auslosung brachte Naiditsch die weißen Steine,
Kasimdshanov die schwarzen Steine ein. Allerdings wählte der in Deutschland
lebende Usbeke keine Sicherheitseröffnung, sondern strebte mit dem
Marshall-Gambit eine scharfe Partie an. Naiditsch bestätigte seine zuletzt
in Dortmund gezeigte gute Form und zeigte sich bestens vorbereitet. Bald
hatte der Dortmunder einen großen Zeitvorteil. Kasimdhanov konnte mit einer
taktischen Abwicklung Vorteil erringen. Bei knapp werdender Bedenkzeit in
einem komplizierten Endspiel kippte die Partie und Naiditsch konnte mit
Hilfe eines Freibauern gewinnen.

Für taktische Rückendeckung und Informationen zur Eröffnung sorgte Matthias
Wüllenweber, Gründer und Geschäftsführer von ChessBase, mit Hilfe von Fritz
und der Datenbank ChessBase. In der Sendung nutzte er bereits eine
Betaversion von ChessBase 9, das in Kürze erscheinen wird.
Der Porzer Schach-Mäzen Wilfried Hilger ist seit Jahrzehnten eine der
Konstanten im deutschen Schach. Er finanziert den Porzer Schachverein, der
in der Bundesliga immer einer der Favoriten ist. Im letzten Jahr gewann man
den Titel im Stichkampf gegen Baden-Oos. Inzwischen blickt man auf 10
Meistertitel, 13 Vizemeisterschaften und 8 Pokalsiege zurück. Eine große
Rolle spielt die Jugendarbeit. Porz unterhält 17 Jugendmannschaften.
Wilfried bezifferte den finanziellen Aufwand mit "mehreren Hunderttausend
Euro". Für die kommende Saison hat man sich mit Vizeweltmeister Michael
Adams verstärkt.
Einer der glücklichsten Vereine im deutschen Schach ist zur Zeit der
Godesberger Schachklub. Denn hier spielt in der nächsten Saison
Fide-Weltmeister Rustam Kasimdshanov. Bodo Schmidt erzählte, wie es zur
Verpflichtung kam. Godesberg, mit seinen Talenten vor ein paar Jahren
U20-Meister, suchte einen Spielertrainer für seine starke Amateurmannschaft,
um den Wiederaufstieg in die erste Liga zuschaffen und kam so auf den in
Deutschland lebenden Usbeken. Dass dieser dann auch noch Weltmeister wurde,
sorgte natürlich für große Freude.
Einen faszinierenden kurzen Einblick in die Kulturgeschichte des Schachs
lieferte der Präsident der Chess Collectors Thomas Thomsen, der zahlreiche
Schachausstellungen in der ganzen Welt organisiert oder ihnen als Berater
zur Seite steht.

Naiditsch,A - Kasimdshanov,R [C89]
WDR Schach der Großmeister, 2004

1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.c3 d5
9.exd5 Sxd5 10.Sxe5 Sxe5 11.Txe5 c6 12.Te1 Ld6 13.d3 Lf5 14.Df3 Dh4 15.g3
Dh3 16.Lxd5 cxd5 17.Le3 Lxd3 18.Dxd5 Tad8 19.Df3 f5 20.Sd2 f4 21.Ld4 fxg3
22.Dd5+ Kh8 23.hxg3 Lf4 24.Db7 Txd4 25.cxd4 Lxd2 26.Df3 Df5 27.Dxf5 Lxf5
28.Te5 Kg8 29.Td1 Lb4 30.Tc1 Ld6 31.Td5 Lb8 32.Te1 h6 33.Te7 Lg4 34.f4 Kh7
35.Kf2 Tc8 36.Tb7 Le6 37.Tc5 Td8 38.f5 Lxa2 39.f6 Tf8 40.Kg1 Ld6 41.Txg7+
Kh8 42.Tc6 Td8 43.Txa6 Ld5 44.Taa7 Lf8 45.Tgd7 Txd7 46.Txd7 Le6 47.Tb7 Kg8
48.Kf2 b4 49.Ke3 Ld5 50.Td7 Le6 51.Tc7 Ld5 52.Ta7 Le6 53.Ta6 Kf7 54.Kf4 Lc4
55.Tb6 b3 und Weiss gewann nach einigen Zügen. 1-0

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