FIDE WM 2005 -Freitag, 07.10.- Ruhetag Zeit für einen Überblick Quelle: ( www.chessbase.de/ ) Am Freitag herrscht Ruhe bei der WM in San Luis, und die Teilnehmer können sich einen Tag ausruhen, bevor das Turnier in die Schlussphase geht. Und obwohl Topalov, der das Feld mit 7 Punkten aus 8 Partien mit zwei Punkten Vorsprung anführt, bereits wie der sichere Sieger und designierte Weltmeister aussieht, versprechen die letzten sechs Runden einiges an Spannung. Abgesehen davon, dass der Bulgare einen Einbruch erleiden könnte, fragt man sich, ob er weiter so stark und kämpferisch spielen kann und wird wie in der ersten Hälfte des Turniers. Und auch wenn Topalov das Turnier sicher nach Hause bringen sollte, deuten die bisherigen Partien darauf hin, dass in San Luis weiter aufregendes Schach gespielt werden wird. Denn bislang war die Remisquote mit 44% für einer Turnier dieser Stärke ungewöhnlich niedrig. Mehr Zahlen und Impressionen von der achten Runde folgen im Überblick. Samstag um 20 Uhr geht die WM weiter. Live auf dem Fritz-Server. Ein paar Zahlen: 32 Partien wurden in San Luis bereits gespielt, 11 davon gewann Weiß, 7 Schwarz, das ergibt eine Remisquote von 44%. Auffällig bei den Schwarzsiegen ist allerdings, dass nicht weniger als 4(!) davon, also mehr als die Hälfte aller Schwarzsiege, auf das Konto von Topalov gehen. Mit anderen Worten: Er hat bislang alle seine Schwarzpartien gewonnen, während er mit Weiß "nur" zwei Siege und zwei Remis erzielt hat. Und auch wenn die relativ geringe Anzahl der Partien keine ausreichende Basis für zuverlässige Aussagen bietet, so legt dieses Ergebnis doch den Schluss nahe, dass eine der Stärken von Topalov die Bereitschaft ist, mit Schwarz und mit Weiß auf Sieg zu spielen. In San Luis scheint sich diese kämpferische Einstellung auszuzahlen. Bemerkenswert ist auch, dass die Teilnehmer in San Luis eine ausgesprochene Vorliebe für 1.e4 haben. Nicht weniger als 28 von 32 Partien wurden so begonnen, wobei die 7. Runde bislang den Höhepunkt für alle Anhänger von 1.e4 bedeutete. In allen vier Partien geschah 1.e4 und in allen vier Partien gewann Weiß. Bedenkenswert für fanatische 1.e4-Parteigänger sollte allerdings sein, dass Topalov bislang drei Mal zu 1.d4 gegriffen hat und nur einmal zu 1.e4. Ein weiteres interessantes Phänomen des Turniers und ein Indiz für die kämpferische Stimmung der Teilnehmer ist übrigens die relativ hohe Zahl an Qualitätsopfern. Die achte Runde: In der 8. Runde brachte Topalov 1.d4 allerdings keinen Erfolg. Peter Leko glich mühelos aus und schien in der Schlussstellung sogar das etwas leichtere Spiel zu haben. Es verblüfft, dass er nicht noch ein paar Züge weiter gespielt hat, um Topalov zu testen ohne nennenswerte Risiken einzugehen. Mit diesem Remis stabilisierte Leko sein Ergebnis und bleibt weiter bei 50%, was ihm in Anbetracht seines katastrophalen Starts in das Turnier vielleicht entgegen kam. Aus den letzten vier Runden holte er immerhin 2,5 Punkte, drei Remis und ein Sieg. Spielt er weiter so, wird er zwar nicht Weltmeister, landet aber doch noch recht weit vorne. Gut im Rennen liegt Peter Svidler. Er hat zwei Punkte Rückstand auf Topalov, und mit etwas Glück könnte er dem Bulgaren sogar noch einen Kampf um den Titel liefern. Ein Sieg in der achten Runde gegen den angeschlagenen Adams hätte dabei sicher geholfen. Aber tatsächlich schien es, als ob Adams, der einer Zugwiederholung auswich, die besseren Chancen haben würden. Am Ende wurde die Partie schließlich Remis. Damit bleibt Adams der einzige Spieler ohne Sieg. Immerhin liegt er nach seinem Remis gegen Svidler nicht mehr auf dem letzten Platz, denn mit dem halben Punkt zog Adams an Judit Polgar vorbei, die gegen Anand verlor. Die Niederlage war für Judit Polgar besonders bitter, weil sie bereits in der Eröffnung ins Hintertreffen geraten war. Zwar wehrte sie sich tapfer und kam zu mehr Gegenspiel, als ihr Anand wahrscheinlich hätte erlauben sollen, aber am Ende konnte Anand doch alle Drohungen parieren und sein materielles Übergewicht zur Geltung bringen. Nach dem schönen Sieg gegen Kasimdzhanov lief für Judit Polgar nicht mehr viel zusammen. Die Niederlage gegen Anand war die zweite in Folge und wahrscheinlich wird sie in den nächsten Runden versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben. Auch für Anand verlief das Turnier enttäuschend. Als Favorit war er in San Luis an den Start gegangen, jetzt rangiert er nach 8. Runden knapp über 50% und hat 2,5 Punkte Rückstand auf Topalov. Aber vielleicht läutet seine Partie am Samstag gegen Topalov ja die Wende ein. Da das bisherige Spiel des Inders allerdings nicht so sicher wirkte wie sonst, fällt es schwer, daran zu glauben. Für Alexander Morozevich brachte der Sieg in der 8. Runde gegen Kasimdzhanov eine Wende im Turnier. Es war sein zweiter Sieg in Folge und damit hat er die 50% Marke erreicht. Wenn er so weiter macht, könnte er weit vorne landen und damit die Erwartungen erfüllen, die viele Anhänger seines kreativen Spiels in ihn gesetzt haben. Für den amtierenden Fide-Weltmeister Rustam Kasimdzhanov war die Niederlage gegen Morozevich bitter. Er hatte mutig die Qualität geopfert, dann aber in Zeitnot die wohl beste Fortsetzung verpasst. Die Euphorie, die nach dem Sieg gegen Anand herrschte, ist mittlerweile verflogen. Mit 3 Punkten aus 8 Partien liegt er in der unteren Hälfte der Tabelle und muss sehen, dass er nicht noch weiter abrutscht. Samstag, 20 Uhr geht es weiter. Die Spitzenpaarung der Runde ist natürlich Anand gegen Topalov. Wenn Anand hier gewinnt, könnte das Rennen um den WM-Titel noch einmal spannend werden. Judit Polgar tritt gegen Michael Adams an und während Adams womöglich auf seinen ersten Sieg hofft, könnte Judit versuchen, Adams die rote Laterne des Tabellenletzten zwangsweise zu überreichen. Peter Svidler hofft in seiner Partie gegen Rustam Kasimdzhanov wahrscheinlich auf einen Sieg, um seine gute Position weiter auszubauen und in der Partie Morozevich gegen Leko wird sich zeigen, ob die kreativen Ideen des Russen oder die solide, fundierte Spielweise Lekos mehr Erfolg haben. In jedem Fall verspricht die neunte Runde wieder viel Spannung.