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Info-Mail Schach Nr. 535


Auf der sehr gut gemachten - vor allem für Blinde Internetbenutzer ohne
Probleme zugänglichen - Internetseite des SC Forchheim (Zweitbundesligist)
ist folgender Artikel über das Mitglied des Deutschen Blinden- und
Sehbehindertenschachbunds Karl Muth zu lesen:

Die Seite des SK Forchheim erreicht man unter:

http://www.schachclub-forchheim.de/

Anton Lindenmair

Vom Ertasten der Schachfiguren

(von Udo Güldner)

Karl Muth

Eine Partie Schach spielen - ohne das Brett vor sich zu sehen? Was für viele
Vereinsspieler schwer vorstellbar ist, für den im Kindesalter erblindeten
Karl

Muth ist es Normalität. Dass Schach ein idealer Sport für Blinde und
Sehbehinderte ist, beweist er mit jeder Partie aufs Neu.

Nach über 30 Jahren hat Karl Muth wieder ein Schachbrett vor sich. Der
pensionierte Angestellte des Landratsamtes Forchheim, der für den Telefon-
und Informationsdienst

im Hause zuständig gewesen war, ist aber kein gewöhnlicher Schachspieler.
Der 62-jährige gebürtige Hockenheimer ist der erste blinde Schachspieler
überhaupt,

der an einem Turnier des SC Forchheim teilnimmt. In der D-Gruppe der
Vereinsmeisterschaft hat er mit anderen um Punkte gekämpft und sich gut
geschlagen.

Für seine Gegner bedeutet es eine große Umstellung, gegen einen
Sehbehinderten antreten zu müssen. Denn es gibt einige Unterschiede bei den
Spielregeln

und im Spielablauf zu beachten. So hat der Blinde ein eigenes kleines Brett,
an dem er die Position der eigenen und gegnerischen Figuren abtasten kann.

Die schwarzen Felder sind etwas erhöht, außerdem tragen die schwarzen Steine
kleine Markierungen, um sie von den weißen Figuren unterscheiden zu können.

Karl Muth sagt seine Züge dem Kontrahenten an, der diese sicherheitshalber
wiederholt und dann am großen Schachbrett ausführt. Der Sehbehinderte hat
eine

eigene Uhr, an der er die restliche Bedenkzeit ertasten kann. Die
Aufzeichnung der Züge erfolgt in Blindenschrift oder auf einem Tonträger.

Gelernt hat Karl Muth das Schachspiel als zehnjähriges Kind in der
Blindenschule Ilvesheim bei Mannheim. Seit 1964 ist er Mitglied beim 1961
gegründeten

Blinden-Schachklub Heidelberg und hat für diesen in den 60-er Jahren an
vielen Mannschaftskämpfen gegen nicht nur blinde Schachspieler teilgenommen.
1970

war Karl Muth sogar in der Auswahlmannschaft der Blinden-Schachvereine
Stuttgart, Heidelberg und Frankfurt, die in Mainz einen doppelrundigen
Vergleichskampf

gegen die Schweiz durchführten. Damals erreichte er ein 1:1. Seit 1971 hatte
sich Karl Muth vom Schachspiel zurückgezogen und startete erst wieder im
Herbst

2004 voll durch.

Bei der Blinden-Schachgemeinschaft Nürnberg ist er häufiger Gast und
Mitspieler am Winterturnier. Nach so langer Zeit ist es für Karl Muth
natürlich eine

große Anstrengung, die Übersicht über die Stellung zu behalten und die
notwendige Routine wieder zu erlangen. Und so bereitet sich Karl Muth die
Woche

über durch Partieanalysen und Eröffnungstraining vor. Mit Hilfe einer
Braillezeile, die den Bildschirmtext in Blindenschrift umwandelt, und eines
Sprachprogrammes

nutzt er den Computer und misst seine Kräfte mit Shredder. Seine Frau Hilde
unterstützt ihn dabei und beim Besuch der Spielabende nach Kräften. Seine
Einsatzbereitschaft

und sein Kampfeswille sind für seine Mannschaftskollegen der 6. Mannschaft
vorbildlich. Auch wenn es mit den Punkten nicht immer so klappt, merkt man
Karl

Muth den Spaß am Schach stets an. Und so mancher Gegner musste schon
einsehen, dass Karl Muth eine scharfe Klinge zu schlagen weiß.

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