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Info-Mail Schach Nr. 824


Begegnung am Schachbrett
(von Kersten Linke, Langenfeld - Leiter der Schach-AG)

Seit 2005 bestehen freundschaftliche Beziehungen zwischen der Schach AG des
Konrad-Adenauer-Gymnasiums und dem Blinden- und Sehbehinderten Schachverein
Köln-Bonn.

"Bitte die Schüler, für eine Stunde in der Welt ihrer blinden Mitbürger zu
leben", lautete die Anregung des Vereinsvorsitzenden Ewald Heck bei der
Vorbereitung des diesjährigen Besuches  von acht Schülerinnen und Schülern
in Köln. "Dann müsste ich aber erst mal die Legosteine wegräumen", sagte der
10-jährige Christian Janorschke und hat damit  "den Nagel auf den Kopf
getroffen", denn jedes kleine Hindernis kann zu einem Problem werden. Der
Praxistest seines gewohnten morgendlichen Tagesablaufes, verlief dann aber
ohne größere Komplikationen. "Ich habe aber doppelt so lange, wie sonst
gebraucht und die Bettdecke ist neben dem Bett gelandet", lautete das Fazit.
Malte Billen (11), der gerne Leichtathletik betreibt, hat darüber
nachgedacht, ob er seinen Sport eigentlich auch ohne sein Augenlicht
betreiben könnte: " Man braucht einen Begleitläufer, mit dem man durch ein
Gummiband verbunden ist", lautete sein Lösungsvorschlag, den er demnächst
beim Training ausprobieren will. Auch für weitere Alltagsprobleme fanden die
Schüler Lösungen. Eine sprechende Uhr konnte sich Laurin Oberkirsch (7.
Schuljahr) zwar nicht wirklich vorstellen, aber "man kann doch fühlen, wie
die Zeiger stehen, um die Uhrzeit festzustellen." Fühlen, heißt auch des
Rätsels Lösung, wenn man ohne sein Augenlicht telefonieren möchte: "die "5"
ist gekennzeichnet".

Das Spiel auf zwei Schachbrettern gleichzeitig, dem "normalen" Schachbrett
und dem Spezialbrett für blinde Schachspieler, bei dem sich die Spielpartner
gegenseitig die Züge ansagen, lief so, "als ob die Schüler nie etwas anders
gemacht hätten", wie die Gastgeber anerkennend bemerkten. Auch das Spiel mit
roten Figuren sorgte nur kurz für Verblüffung: " Mein Gegner kann durch die
Kontraste noch die Figuren erkennen und ich brauche keine Züge ansagen",
erklärt Malte  Oberkirsch (5. Schuljahr).

Der Praxistest, sich in die Welt von blinden und sehbehinderten Menschen
hineinzuversetzen, ging weiter. Susanne Geuer, Saskia Spatz und Nadine
Meinert, mussten nicht lange überredet werden, als es darum ging, sich mit
verbundenen Augen den außergewöhnlichen Fähigkeiten  der Blindenführhündin
"Jette" anzuvertrauen. Ganz nebenbei erfuhren die Gymnasiasten, wie man
Münzen und Geldscheine erkennen kann und erlebten in einem Selbstversuch,
wie es ist, wenn man sich nur mit Hilfe eines Blindenstocks fortbewegen
kann. Der absolute Höhepunkt war jedoch der Versuch, mit einer Binde vor den
Augen, auf dem Spezialschachbrett zu spielen. "Das Ertasten der Figuren
klappt nicht so gut", erzählt Elias Olbertz (7. Schuljahr), "aber auf mein
Gedächtnis kann ich mich verlassen".

Beide Seiten freuen sich schon auf den Gegenbesuch, der dank der
Unterstützung durch die Elisabeth und Bernhard Weik Stiftung am Sonntag, den
7. September im Rahmen des 8. Capp Sport Cap stattfinden wird.

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