Mannschafts-WM der IBCA (von Anton Lindenmair, Augsburg) So schön hatte ich mir das vorgestellt - ich sitze im Hotel auf meinem Zimmer und schreibe auf meinem Netbook ganz entspannt jeden Tag einen Bericht über die Mannschafts-WM in Saragossa. Das Hotel Romareda hat ja schließlich einen WLAN-Zugang ins Internet - und das auch noch kostenlos. Zunächst sah auch alles gut aus, als ich am Mittwoch, dem 12. Juni vor der 1. Runde mein Gerät in Gang setzte. Die Freude war aber nur von kurzer Dauer. Das Netbook gab plötzlich seinen Geist auf und verweigerte den Dienst - also nix mit Berichten von der WM. So bleibt mir also nur, heute eine Zusammenfassung des Turnierverlaufs aus unserer Sicht zu geben. Die Teilnehmer an dieser Mannschafts-WM waren die 16 bestplatzierten Teams der Schacholympiade 2012 in Indien. Durch zwei Absagen reduzierte sich das Teilnehmerfeld aber auf 14 Mannschaften. Diese wurden in zwei Gruppen aufgeteilt, die im Rundensystem um die Plätze spielten. Die beiden ersten jeder Gruppe spielten dann in einem Halbfinale und einem Finale gegen die beiden ersten der anderen Gruppe. Nach demselben Modus wurden auch die restlichen Plätze ausgespielt. Der Start war das, was man wohl einen klassischen Fehlstart nennt. Gegen Venezuela kamen wir gleich zu Beginn mit 1:3 unter die Räder. Die Südamerikaner, die bereits im vergangenen Jahr in Indien bei der Schacholympiade stark aufspielten, haben an Brett 1 mit dem jungen IM Daniel Pulvest (Elo 2405) einen echten Spitzenmann aufzubieten. Da zwei weitere Venezuelaner ohne Elo gemeldet waren, konnte man die wahre Stärke des Teams zunächst auch gar nicht richtig einschätzen. Venezuela - Deutschland 3:1 IM Pulvett, Daniel 2405 - FM Mueller, Oliver 2289 1 - 0 Perdigon, Teopisto 0 - CM Schellmann, Frank 2102 ½ - ½ Otero, Harlen 2132 - Riegler, Dieter 2121 ½ - ½ Rodriguez, Luis Anibal 0 - Pohlers, Juergen 1986 1 - 0 Wir waren also bereits nach der 1. Runde in Zugzwang geraten und trafen in Runde 2 auf Rumänien, eine Mannschaft, gegen die wir uns in der Vergangenheit immer schwer getan haben. Am Ende gelang ein letztlich doch sicherer 2,5:1,5 Sieg. Deutschland - Rumänien 2,5:1,5 FM Mueller, Oliver 2289 - Bursuc, Mihai 1912 1 - 0 CM Schellmann, Frank 2102 - FM Pribeanu, Mihail-Dacian 2158 ½ - ½ Riegler, Dieter 2121 - Pirosca, Alexandru 2001 ½ - ½ Lindenmair, Anton 2051 - Dima, Mihai 1919 ½ - ½ In Runde 3 wartete der vermeintlich schwächste Gegner in dieser Gruppe auf uns. Mit einem glatten 4:0 wurde diese Pflichtaufgabe dann auch fehlerfrei erledigt. Ganz nebenbei konnten wir damit auch etwas für unser Brettpunktekonto tun. Da gleichzeitig Venezuela einen Punkt gegen Indien abgab, konnten wir wieder hoffen den 2. Platz in unserer Gruppe zu erreichen, der zur Teilnahme am Halbfinale berechtigt. Kolumbien - Deutschland 0:4 Torres, Saulo De Jesus 1897 - FM Mueller, Oliver 2289 0 - 1 Rico Hernandez, Edgar 1887 - Riegler, Dieter 2121 0 - 1 Jaimes, Fredy Alexander 1766 - Lindenmair, Anton 2051 0 - 1 Daza, Fernando 1863 - Pohlers, Juergen 1986 0 - 1 In Runde 4 waren wir spielfrei und konnten zufrieden feststellen, dass Venezuela erwartungsgemäß gegen Russland mit 1:3 den Kürzeren zog. Auch nach "unserem" Ruhetag ging die Aufholjagd weiter. Gegen Kroatien gewannen wir glatt mit 3:1 - das war auch im Hinblick auf die Brettpunkte o.k. Deutschland - Kroatien 3:1 FM Mueller, Oliver 2289 - Cajzler, Hinko 2146 1 - 0 CM Schellmann, Frank 2102 - Prpic, Milan 1923 ½ - ½ Lindenmair, Anton 2051 - Zaja, Stjepan 1929 ½ - ½ Pohlers, Juergen 1986 - Began, Branko 0 1 - 0 In Runde 6 konnten wir unsere kleine Siegesserie fortsetzen. Gegen das junge Team aus Indien gab es ein erneutes 3:1. Allerdings erfüllten sich unsere Hoffnungen nicht, dass Venezuela gegen Rumänien Federn lassen würde. Immerhin würde uns in Runde 7 ein 2:2 genügen, um Platz 2 zu erreichen - aber der Gegner hieß Russland. Eine - wie es schien - schier unlösbare Aufgabe. Aber manchmal geschehen auch im Schach kleine Wunder - und so auch in der 7. Runde in Saragossa. Oliver Müller bewies ein weiteres Mal, dass er keine Furcht kennt und immer kompromisslos auf Sieg spielt. Gegen seinen um etwa 100 Punkte stärkeren Gegner war der volle Punkt der Lohn. Frank Schellmann musste zwar am 2. Brett seinem Gegner gratulieren, da es aber Dieter Riegler gelang, gegen Exweltmeister Krylov die Punkteteilung zu erreichen, kam es letztlich auf die Partie an Brett 4 an. Jürgen Pohlers gelang es dann auch mit großem Kampfgeist den Gewinnversuchen seines Gegners zu widerstehen und den entscheidenden halben Punkt zu sichern. Das Ziel, das Halbfinale zu erreichen, war also doch noch erreicht worden. Deutschland - Russland 2:2 FM Mueller, Oliver 2289 - IM Pakhomov, Alexey 2396 1 - 0 CM Schellmann, Frank 2102 - FM Babarykin, Stanislav 2283 0 - 1 Riegler, Dieter 2121 - IM Krylov, Sergey 2333 ½ - ½ Pohlers, Juergen 1986 - FM Draganov, Ruslan 2176 ½ - ½ Endstand Gruppe A 1. Russland 11 19,0 2. Deutschland 9 15,5 3. Venezuela 9 14,0 4. Indien 7 12,0 5. Rumänien 4 12,5 6. Kroatien 2 8,0 7. Kolumbien 0 3,0 Endstand Gruppe B 1. Polen 10 17,5 2. Spanien 9 16,0 3. Ukraine 9 14,5 4. Serbien 7 13,5 5. Bulgarien 4 9,5 6. Slowenien 3 7,0 7. Großbritannien 0 6,0 Nach dem Ruhetag am 19. Juni ging es dann am Donnerstag in die Halbfinals. Natürlich hofften wir nach dem tollen 2:2 gegen Russland auch hier bestehen zu können. Gegen den Gruppensieger der Gruppe B Polen war aber dann leider nichts zu holen und wir unterlagen verdient mit 1:3. Deutschland - Polen 1:3 FM Mueller, Oliver 2289 ½ - ½ FM Gunajew, Rafal 2294 CM Schellmann, Frank 2102 0 - 1 IM Dukaczewski, Piotr 2226 Riegler, Dieter 2121 0 - 1 Stachanczyk, Jacek 2224 Lindenmair, Anton 2051 ½ - ½ Suder, Ryszard 2141 Am Freitag blieb uns aber dann immer noch die Chance im kleinen Finale die ersehnte Medaille zu erringen, auf die wir nun schon seit 25 Jahren warten. Der Gegner war Spanien, das im anderen Halbfinale gegen Russland verloren hatte. Und wieder einmal - wie so oft in den vergangen Jahren - bekamen wir gegen die Spanier keinen Fuß auf den Boden. Deutschland - Spanien 0,5:3,5 FM Mueller, Oliver 2289 0 - 1 Palacios Perez, Manuel 2194 CM Schellmann, Frank 2102 ½ - ½ Fernandez Manrique, Agustin 2190 Riegler, Dieter 2121 0 - 1 Draghici Flutur, Gavril 2150 Pohlers, Juergen 1986 0 - 1 Zanoletty Garcia, David 2028 Am Ende wurde es also "wieder mal" Platz 4. So ein klein wenig entäuscht waren wir wohl schon, dass es wieder nichts mit der Medaille wurde, wenn man aber die Sache mit etwas Abstand betrachtet, so müssen wir feststellen, dass der 4. Platz ein tolles Ergebnis für uns ist. Ganz ohne Edelmetall mussten wir dann die Heimreise doch nicht antreten. Jürgen Pohlers holte sich am Reservebrett Bronze, was ihm auch schon im vergangenen Jahr in Indien gelungen war. Die Resultate der deutschen Spieler: 1. Oliver Müller 5,5 aus 8 2. Frank Schellmann 3,0 aus 7 3. Dieter Riegler 2,5 aus 7 4. Anton Lindenmair 2,5 aus 4 Reserve: Jürgen Pohlers 3,5 aus 6 Mein Dank geht an dieser Stelle an unseren Trainer Wilfried Bode, der mit viel Engagement und sehr akribisch die Vorbereitung auf die Gegner betrieb und uns hervorragend auf unsere jeweiligen Gegner einstellte. Nicht vergessen möchte ich aber auch unsere "guten Geister" Dagmar, Heidi und Luise, die abwechselnd im Spielsaal anwesend waren und uns immer mit Getränken versorgten und auch sonst immer zur Stelle waren, wenn irgendwo der Schuh drückte. Endstand: 1. Russland 2. Polen 3. Spanien 4. Deutschland 5. Ukraine 6. Serbien 7. Venezuela 8. Indien 9. Bulgarien 10. Rumänien 11. Slowenien 12. Kroatien 13. Kolumbien 14. Großbritannien