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Info-Mail Schach Nr. 1329


Mannschafts-WM der IBCA
(von Anton Lindenmair, Augsburg)

So schön hatte ich mir das vorgestellt - ich sitze im Hotel auf meinem
Zimmer und schreibe auf meinem Netbook ganz entspannt jeden Tag einen
Bericht über die Mannschafts-WM in Saragossa. Das Hotel Romareda hat ja
schließlich einen WLAN-Zugang ins Internet - und das auch noch kostenlos.
Zunächst sah auch alles gut aus, als ich am Mittwoch, dem 12. Juni vor der
1. Runde mein Gerät in Gang setzte. Die Freude war aber nur von kurzer
Dauer. Das Netbook gab plötzlich seinen Geist auf und verweigerte den
Dienst - also nix mit Berichten von der WM.

So bleibt mir also nur, heute eine Zusammenfassung des Turnierverlaufs
aus unserer Sicht zu geben.

Die Teilnehmer an dieser Mannschafts-WM waren die 16 bestplatzierten Teams
der Schacholympiade 2012 in Indien. Durch zwei Absagen reduzierte sich das
Teilnehmerfeld aber auf 14 Mannschaften. Diese wurden in zwei Gruppen
aufgeteilt, die im Rundensystem um die Plätze spielten. Die beiden ersten
jeder Gruppe spielten dann in einem Halbfinale und einem Finale gegen die
beiden ersten der anderen Gruppe. Nach demselben Modus wurden auch die
restlichen Plätze ausgespielt.

 Der Start war das, was man wohl einen klassischen Fehlstart nennt. Gegen
Venezuela kamen wir gleich zu Beginn mit 1:3 unter die Räder. Die
Südamerikaner, die bereits im vergangenen Jahr in Indien bei der
Schacholympiade stark aufspielten, haben an Brett 1 mit dem jungen IM Daniel
Pulvest (Elo 2405) einen echten Spitzenmann aufzubieten. Da zwei weitere
Venezuelaner ohne Elo gemeldet waren, konnte man die wahre Stärke des Teams
zunächst auch gar nicht richtig einschätzen.

Venezuela - Deutschland 3:1
IM Pulvett, Daniel 2405 - FM Mueller, Oliver 2289 1 - 0
Perdigon, Teopisto 0 - CM Schellmann, Frank 2102 ½ - ½
Otero, Harlen 2132 - Riegler, Dieter 2121 ½ - ½
Rodriguez, Luis Anibal 0 - Pohlers, Juergen 1986 1 - 0

Wir waren also bereits nach der 1. Runde in Zugzwang geraten und trafen in
Runde 2 auf Rumänien, eine Mannschaft, gegen die wir uns in der
Vergangenheit immer schwer getan haben. Am Ende gelang ein letztlich doch
sicherer 2,5:1,5 Sieg.

Deutschland - Rumänien 2,5:1,5
FM Mueller, Oliver 2289 - Bursuc, Mihai 1912 1 - 0
CM Schellmann, Frank 2102 - FM Pribeanu, Mihail-Dacian 2158 ½ - ½
Riegler, Dieter 2121 - Pirosca, Alexandru 2001 ½ - ½
Lindenmair, Anton 2051 - Dima, Mihai 1919 ½ - ½

In Runde 3 wartete der vermeintlich schwächste Gegner in dieser Gruppe auf
uns. Mit einem glatten 4:0 wurde diese Pflichtaufgabe dann auch fehlerfrei
erledigt. Ganz nebenbei konnten wir damit auch etwas für unser
Brettpunktekonto tun. Da gleichzeitig Venezuela einen Punkt gegen Indien
abgab, konnten wir wieder hoffen den 2. Platz in unserer Gruppe zu
erreichen, der zur Teilnahme am Halbfinale berechtigt.

Kolumbien - Deutschland 0:4
Torres, Saulo De Jesus 1897 - FM Mueller, Oliver 2289 0 - 1
Rico Hernandez, Edgar 1887 - Riegler, Dieter 2121 0 - 1
Jaimes, Fredy Alexander 1766 - Lindenmair, Anton 2051 0 - 1
Daza, Fernando 1863 - Pohlers, Juergen 1986 0 - 1

In Runde 4 waren wir spielfrei und konnten zufrieden feststellen, dass
Venezuela erwartungsgemäß gegen Russland mit 1:3 den Kürzeren zog.

Auch nach "unserem" Ruhetag ging die Aufholjagd weiter. Gegen Kroatien
gewannen wir glatt mit 3:1 - das war auch im Hinblick auf die Brettpunkte
o.k.

Deutschland - Kroatien 3:1
FM Mueller, Oliver 2289 - Cajzler, Hinko 2146 1 - 0
CM Schellmann, Frank 2102 - Prpic, Milan 1923 ½ - ½
Lindenmair, Anton 2051 - Zaja, Stjepan 1929 ½ - ½
Pohlers, Juergen 1986 - Began, Branko 0 1 - 0

In Runde 6 konnten wir unsere kleine Siegesserie fortsetzen. Gegen das junge
Team
aus Indien gab es ein erneutes 3:1. Allerdings erfüllten sich unsere
Hoffnungen nicht, dass Venezuela gegen Rumänien Federn lassen würde.
Immerhin würde uns in Runde 7 ein 2:2 genügen, um Platz 2 zu erreichen -
aber der Gegner hieß Russland. Eine - wie es schien - schier unlösbare
Aufgabe.

Aber manchmal geschehen auch im Schach kleine Wunder - und so auch in der 7.
Runde in Saragossa. Oliver Müller bewies ein weiteres Mal, dass er keine
Furcht kennt und immer kompromisslos auf Sieg spielt. Gegen seinen um etwa
100 Punkte stärkeren Gegner war der volle Punkt der Lohn. Frank Schellmann
musste
zwar am 2. Brett seinem Gegner gratulieren, da es aber Dieter Riegler
gelang, gegen Exweltmeister Krylov die Punkteteilung zu erreichen, kam es
letztlich auf die Partie an Brett 4 an. Jürgen Pohlers gelang es dann auch
mit großem Kampfgeist den Gewinnversuchen seines Gegners zu widerstehen und
den entscheidenden halben Punkt zu sichern.

Das Ziel, das Halbfinale zu erreichen, war also doch noch erreicht worden.

Deutschland - Russland 2:2
FM Mueller, Oliver 2289 - IM Pakhomov, Alexey 2396 1 - 0
CM Schellmann, Frank 2102 - FM Babarykin, Stanislav 2283 0 - 1
Riegler, Dieter 2121 - IM Krylov, Sergey 2333 ½ - ½
Pohlers, Juergen 1986 - FM Draganov, Ruslan 2176 ½ - ½

Endstand Gruppe A
1. Russland    11 19,0
2. Deutschland  9 15,5
3. Venezuela    9 14,0
4. Indien       7 12,0
5. Rumänien     4 12,5
6. Kroatien     2  8,0
7. Kolumbien    0  3,0

Endstand Gruppe B
1. Polen          10 17,5
2. Spanien          9 16,0
3. Ukraine         9 14,5
4. Serbien         7 13,5
5. Bulgarien       4  9,5
6. Slowenien       3  7,0
7. Großbritannien  0  6,0

Nach dem Ruhetag am 19. Juni ging es dann am Donnerstag in die Halbfinals.
Natürlich hofften wir nach dem tollen 2:2 gegen Russland auch hier bestehen
zu können. Gegen den Gruppensieger der Gruppe B Polen war aber dann leider
nichts zu holen und wir unterlagen verdient mit 1:3.

Deutschland - Polen 1:3
FM Mueller, Oliver 2289 ½ - ½ FM Gunajew, Rafal 2294
CM Schellmann, Frank 2102 0 - 1 IM Dukaczewski, Piotr 2226
Riegler, Dieter 2121 0 - 1 Stachanczyk, Jacek 2224
Lindenmair, Anton 2051 ½ - ½ Suder, Ryszard 2141

Am Freitag blieb uns aber dann immer noch die Chance im kleinen Finale die
ersehnte Medaille zu erringen, auf die wir nun schon seit 25 Jahren warten.
Der Gegner war Spanien, das im anderen Halbfinale gegen Russland verloren
hatte. Und wieder einmal - wie so oft in den vergangen Jahren - bekamen wir
gegen die Spanier keinen Fuß auf den Boden.

Deutschland - Spanien 0,5:3,5
FM Mueller, Oliver 2289 0 - 1 Palacios Perez, Manuel 2194
CM Schellmann, Frank 2102 ½ - ½ Fernandez Manrique, Agustin 2190
Riegler, Dieter 2121 0 - 1 Draghici Flutur, Gavril 2150
Pohlers, Juergen 1986 0 - 1 Zanoletty Garcia, David 2028

Am Ende wurde es also "wieder mal" Platz 4. So ein klein wenig entäuscht
waren wir wohl schon, dass es wieder nichts mit der Medaille wurde, wenn man
aber die Sache mit etwas Abstand betrachtet, so müssen wir feststellen, dass
der 4. Platz ein tolles Ergebnis für uns ist.

Ganz ohne Edelmetall mussten wir dann die Heimreise doch nicht antreten.
Jürgen Pohlers holte sich am Reservebrett Bronze, was ihm auch schon im
vergangenen Jahr in Indien gelungen war.

Die Resultate der deutschen Spieler:

1. Oliver Müller 5,5 aus 8
2. Frank Schellmann 3,0 aus 7
3. Dieter Riegler 2,5 aus 7
4. Anton Lindenmair 2,5 aus 4
Reserve: Jürgen Pohlers 3,5 aus 6

Mein Dank geht an dieser Stelle an unseren Trainer Wilfried Bode, der mit
viel Engagement und sehr akribisch die Vorbereitung auf die Gegner betrieb
und uns hervorragend auf unsere jeweiligen Gegner einstellte. Nicht
vergessen möchte ich aber auch unsere "guten Geister" Dagmar, Heidi und
Luise, die abwechselnd im Spielsaal anwesend waren und uns immer mit
Getränken versorgten und auch sonst immer zur Stelle waren, wenn irgendwo
der Schuh drückte.

Endstand:

1. Russland
2. Polen
3. Spanien
4. Deutschland
5. Ukraine
6. Serbien
7. Venezuela
8. Indien
9. Bulgarien
10. Rumänien
11. Slowenien
12. Kroatien
13. Kolumbien
14. Großbritannien

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