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Info-Mail Schach Nr. 1765


IBCA-Jugend-WM
(von Mirko Eichstaedt, Michendorf)

10. Jugend-WM für Blinde und Sehbehinderte in Solec-Zdroj (Polen)

Die 10. Jugend-Weltmeisterschaft fand zusammen mit der Frauen-WM der IBCA vom 14. bis 24. August 2018 in Solec-Zdroj statt. Wo liegt dieser Ort? Er befindet sich etwa 80 km von Krakau entfernt, also  in Südpolen. Diesmal gab es zahlenmäßig recht ansehnliche Starterfelder. Bei  den Frauen meldeten sich 25 Spielerinnen. Bei der Jugend waren 18 Schachspieler angereist.

Unsere Anreise war recht anstrengend. Nachdem wir um fünf Uhr zu Hause starteten, kamen wir um 16:11 Uhr planmäßig mit dem Zug in Krakau an. Unser Bundestrainer Wilfried hat sogar die Nacht auf dem Berliner Hauptbahnhof verbracht, um pünktlich in den Zug nach Warschau steigen zu können.  In Krakau mussten wir leider drei Stunden warten, bis die Reise weiterging. So waren wir erst kurz nach 21:00 Uhr im Mineral-Hotel in Solec-Zdroj.

Auf Grund der Ausschreibung sollte mit einer Bedenkzeit von 90 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug von Beginn an gespielt werden. Da in Sofia beim Weltcup der IBCA im Juli diese Zeit um eine halbe Stunde angehoben wurde, war die Hoffnung da, dass das auch bei diesem Turnier möglich ist. Dem Vorschlag von Wilfried stimmte zwar u. a. der an ä1ô gesetzte Pole Adam Czajkowski zu, aber letztendlich wurde keine Mehrheit dafür gefunden.

Bereits aus den vergangenen Weltmeisterschaften wusste ich, dass die ELO-Zahlen der anderen mit Vorsicht zu betrachten sind. Gerade äneueô Jugendliche spielen meist sehr viel besser als ihre Zahlen. Auch die deutsche Mannschaft musste bei der Olympiade 2017 in Ohrid/Mazedonien diese Erfahrung machen, als wir in der ersten Runde gegen das junge indische Team verloren. Außerdem haben viele Spieler Trainer dabei, die einen FM-, IM- oder GM-Titel besitzen. So war ich natürlich sehr froh, dass mich der Bundestrainer Wilfried vorbereitet hat.

Als an ä2ô Gesetzter verliefen die erste bis dritten Runde für mich recht ähnlich. Ich durfte gleiche für den einen oder anderen recht langweilige Partien auf Sieg spielen, was aber im Endeffekt auch funktionierte. In der vierten Runde kam es zum Spitzenduell gegen Adam Czajkowski, der bis zu diesem Punkt mehr Zeitprobleme aufzeigte als ich. Die bereits für die Turniere in Sofia und jetzt hier vorbereitete Variante kam auf das Brett, was Adam zu Beginn der Partie nach den ersten paar Zügen stark ins Grübeln brachte und mir einen guten Start in die Partie ermöglichte. Nachdem ich dann aber meinen leichten Eröffnungsvorteil durch unsauberes Spiel verloren hatte, musste ich eher um das Remis kämpfen, was aber im Endeffekt gerade durch Zeitnot von Adam für mich kein Problem war. Da Adam bereits in dritten Runden gegen den Inder Aryan remisierte, führte ich nach der vierten Runde mit einem halben Punkt. 

In der fünften Runde ging es dann Maksim Ermakov (Russland), der zu diesem Zeitpunkt überraschend bereits drei Punkte aus vier Runden auf dem Konto hatte und ein sehr schnelles Spiel anstrebte. Zum Glück kam ich in der Partie nicht in zu starke Zeitnot und konnte sie für mich entscheiden. Damit war ich nach der ersten Turnierhälfte vor dem Ruhetag mit einem halben Punkt Vorsprung führend und vor Adam bereits einen Punkt. Dementsprechend groß war die Motivation in der sechsten Runde gegen Aryan B Joshi. In der Partie hatte ich zuerst eine ganz gute Stellung, dann konnte er sich ganz gut stabilisieren und ich hatte Schwierigkeiten, erfolgsversprechende Ansätze zum Durchbrechen seiner Stellung zu finden. In der Partie merkte ich erstmals, wie schlimm die halbe Stunde weniger Bedenkzeit sein kann. In beidseitiger Zeitnot habe ich dann auch einen taktischen Sieg leider ausgelassen und habe das Endspiel mit Läufer und Mehrbauern gegen Springer nicht zum Sieg durchgebracht und musste remisieren. 

Da wir leider neun statt sieben Runden spielten, war abzusehen, dass Adam bei drei Siegen zum Ende dank Unterwertung vor mir landen würde, wenn ich noch ein weiteres Unentschieden abgeben sollte. So war der Druck in der siebenten Runde für mich mit schwarz gegen den zweiten Inder Soundarya entsprechend hoch, zumal ich bei der Olympiade in Ohrid gegen ihn durch Überziehen die Partie verlor. 

Ich hatte leider nach der anstrengenden Partie der vorherigen Runde einen sehr schlechten Tag erwischt und habe eine sehr schwache Leistung an den Tag gebracht, wo der Inder einen zu einfachen Sieg gegen mich einbringen konnte. Somit waren die Titelträume geplatzt und es ging nur noch darum, zumindest eine Medaille nach Hause zu holen. 

Nach einem vergleichsweise einfachen Sieg in der achten Runde stand durch die Auslosung für die letzte Runde fest, dass bei einem Sieg von Czajkowski und Soundarya für mich nur der dritte Platz bleibt. Dementsprechend fehlte bei mir in der letzten Runde ein wenig die Motivation und ich habe zunächst ein paar einfache Siegmöglichkeiten ausgelassen, hatte dann im Endeffekt eine Stellung mit einem Bauern weniger zu verteidigen, was dann auch funktionierte. Mit dem Remis sicherte ich den dritten Platz mit 6,5 Punkten aus neun Runden. 

Das ist an sich ein recht ordentliches Ergebnis, aber, wenn man zeitweise auf dem ersten Platz stand, ist alles andere als der Turniersieg natürlich enttäuschend. 

Für mich war es die letzte Jugendmeisterschaft. Leider ist im DBSB kein Nachfolger für die Jugend-WM in zwei Jahren in Sicht. 

Ich danke Wilfried für die intensive Vorbereitung und der Analyse der Partien.

Es grüßt Mirko!

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