Hallo Schachfreunde, die FIDE hat in diesen Tagen die ELO-Weltrangliste 2001 veröffentlicht. Deshalb wollen auch wir uns heute schwerpunktmäßig damit befassen. Doch zunähst muß ich einen Punkt der Info-Mail Schach 92 berichtigen. Ich hatte dort berichtet, dass Kramnik und Kasparow nun gleichauf an der Spitze der Weltrangliste liegen würden. Das ist jedoch nicht richtig. Ich bin da wohl einer fehlerhaften Quelle im Internet aufgesessen und bitte die Leser hierfür um Nachsicht. Es scheint aber tatsächlich so zu sein, dass - wieder einmal - nicht klar ist, welche Turniere ausgewertet wurden, bzw. noch zur Auswertung kommen. Auf der Internetseite von www.schach.com steht hierzu zu lesen: Ist die FIDE-Elo-Liste noch etwas wert? Die drei Wochen vor Veröffentlichung der Ratingzahlen beendete Schacholympiade fand keinen Eingang in die neue ELO-Wertung und die BrainGamesWM wurde nicht erfaßt. TWIC recherchierte die Hintergründe: Ray Keene meldete die BraingamesWM nicht an. "Dennoch, prinzipiell sollten alle wichtigen Turniere gewertet werden. Alle Top-Veranstaltungen dürfen (may be rated) von der FIDE gewertet werden, auch wenn kein Wertungsbericht von den zuständigen nationalen Organisationen übermittelt wird. (Zitat FIDE-Handbuch) Ich bin sicher, daß Event hätte gewertet werden können, ohne daß die FIDE die Weltmeisterschaft anerkennt. Dies ist widersprüchlich zur Genauigkeit der Liste." soweit Mark Crowther. Ob der Britische Schachverband die Daten eingereicht hat, ist bislang unklar. ... Die nachstehenden Zahlen habe ich der offiziellen Seite der FIDE entnommen und hoffe, dass alles seine Richtigkeit hat. Ich präsentiere zunächst alle ELO-Zahlen der Spieler des Deutschen Blindenschachbundes (immerhin 14 Spieler), danach gibt es dann die Top 20 der Herren, die Top 10 der Damen, die Top 20 aus Deutschland und die Top 10 der deutschen Damen. Zur Auflockerung folgt zum Schluß noch eine Rückblende auf die FIDE-WM in Indien und im Iran, wobei die Ursprünge des Schachspiels beleuchtet werden. Ein schönes Wochenende und viel Spaß beim lesen wünscht Toni aus Augsburg Deutscher Blindenschachbund Bischoff, Dieter 2222 24 Mueller, Manfred 2169 9 Heinich, Manfred 2165 4 Dobierzin, Olaf 2163 11 Schellmann, Frank 2145 0 Engl, Heinz 2142 3 Ripperger, Reinhold 2142 0 Pohlers, Juergen 2129 3 Kroeger, Eckhard 2108 0 Schlierf, Andre 2107 1 Lindenmair, Anton 2105 4 Schulz, Gert 2083 0 Semmler, Josef 2073 0 Drasch, Robert 2036 0 Top 20 (Herren) Kasparov, Gary g RUS 2849 0 Anand, Viswanathan g IND 2790 16 Kramnik, Vladimir g RUS 2772 0 Adams, Michael g ENG 2746 35 Morozevich, Alexander g RUS 2745 16 Leko, Peter g HUN 2745 16 Shirov, Alexei g ESP 2718 57 Topalov, Veselin g BUL 2718 26 Ivanchuk, Vassily g UKR 2717 39 Gelfand, Boris g ISR 2712 37 Bareev, Evgeny g RUS 2709 22 Van Wely, Loek g NED 2700 62 Svidler, Peter g RUS 2695 40 Gurevich, Mikhail g BEL 2694 35 Kasimdzhanov, Rustam g UZB 2693 27 Khalifman, Alexander g RUS 2690 30 Smirin, Ilia g ISR 2686 33 Dreev, Alexey g RUS 2685 13 Bologan, Viktor g MDA 2684 22 Karpov, Anatoly g RUS 2679 15 Top 10 (Damen) Polgar, Judit (GM) wg HUN 2676 34 Polgar, Zsuzsa (GM) wg HUN 2565 0 Xie, Jun (GM) wg CHN 2557 32 Galliamova-Ivanchuk, Alisa (IM) wg RUS 2554 23 Zhu, Chen wg CHN 2538 13 Chiburdanidze, Maia (GM) wg GEO 2525 12 Wang, Pin wg CHN 2506 0 Xu, Yuhua wg CHN 2500 16 Ioseliani, Nana (IM) wg GEO 2499 18 Cramling, Pia (GM) wg SWE 2492 27 Top 20 (herren - Deutschland) Jussupow, Artur g 2645 21 Dautov, Rustem g 2631 15 Huebner, Robert Dr. g 2616 24 Khenkin, Igor g 2612 28 Lutz, Christopher g 2609 28 Hickl, Joerg g 2582 4 Hertneck, Gerald g 2568 20 Wahls, Matthias g 2568 0 Bischoff, Klaus g 2552 29 Glek, Igor V. g 2551 45 Luther, Thomas g 2544 25 Gabriel, Christian g 2544 9 Boensch, Uwe g 2544 8 Gustafsson, Jan m 2535 29 Slobodjan, Roman g 2532 18 Hort, Vlastimil g 2532 0 Levin, Felix g 2531 9 Gutman, Lev g 2527 26 Tischbierek, Raj g 2527 17 Mueller, Karsten g 2525 9 Top 10 (Damen - Deutschland) Kachiani-Gersinska, Ketino (IM) wg 2456 20 Lelchuk, Zoja wg 2411 0 Borulya, Ekaterina wg 2359 0 Paehtz, Elisabeth wm 2358 39 Micic, Jordanka wg 2344 7 Sukharisingh, Ralf 2319 0 Olbrich, Marina wm 2303 0 Juergens, Vera wg 2295 0 Keller-Hermann, Edith wg 2290 0 Koglin, Anke wm 2279 10 Tschaturanga - Inder an der Wiege favorisiert von Hartmut Metz "Football is coming home", trällerten die englischen Kicker anno 1996, als sich die besten Kontinentalteams bei der Europameisterschaft im Mutterland des Fußballs ein Stelldichein gaben. "Chess is coming home" müsste die Hymne heißen, weil die Schach-WM des Weltverbandes FIDE erstmals in Indien und Iran ausgetragen wird. Das altindische Tschaturanga gilt als Vorläufer des modernen Schachs. Tschaturanga hieß das vier Waffengattungen umfassende Heer des Subkontinents: Elefanten, Kampfwagen, Reiter und Fußsoldaten scharten sich in vier Ecken um ihren jeweiligen König. Sprechen Verlierer heutzutage - um nach einer Niederlage das zu Depression neigende Gemüt zu schonen - gerne von Schach als "Glücksspiel", galt dies in den Anfängen des 6. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung durchaus. Würfel entschieden auf den 64 Feldern das Schlachtenglück der vier Parteien. Während England 1996 durch die Elf von Berti Vogts düpiert wurde, ist bereits in der dritten Runde der Schach-WM klar, daß kein noch so emsiger deutscher Verteidiger virtuos genug für den Titel ist. Christopher Lutz musste im zweiten Duell passen - ausgerechnet gegen einen Mannschaftskameraden, der beim deutschen Meister SG Köln-Porz ein Brett hinter ihm gemeldet ist: Alexander Chalifman. Allerdings gewann der St. Petersburger 1999 überraschend die zweite K.o.-WM in Las Vegas und galt seitdem als Antipode des von der FIDE abtrünnigen Garri Kasparow. Chalifman droht in Neu Delhi das gleiche Schicksal wie dem Weltranglistenersten, der vor wenigen Wochen von Wladimir Kramnik seines WM-Titels beraubt wurde. Schon gegen Lutz musste der FIDE-Weltmeister nach zwei Unentschieden in die Schnellschach-Entscheidung, in der er sich mit 1,5:0,5 durchsetzte. Dass Chalifman gegen den 21-jährigen Ungarn Peter Leko zweimal remisierte und nach fünf weiteren Punkteteilungen die sechste Partie im Blitz gewann, kann der Russe als großen Erfolg verbuchen. Im Januar war der 18 Plätze tiefer eingestufte Titelverteidiger noch von dem Weltranglistensiebten in einem Freundschafts-Wettkampf 4,5:1,5 auseinander genommen worden. Während bei den Damen alles auf eine erneute chinesische Regentschaft hinausläuft, gibt es bei den Herren nur einen heißen Anwärter auf den Löwenanteil der rund acht Millionen Mark Preisgeld: "Mein Topfavorit heißt Viswanathan Anand", meint der bulgarische Achtelfinalist Wesselin Topalow. Auch Garri Kasparow, der sich nach seiner Schlappe gegen Kramnik diesmal kleinlaut jede Spitze aus der Ferne gegen die FIDE-WM verkniff, sieht den Weltranglistendritten vorne: "In dieser Form hat Anand bis zum Viertelfinale überhaupt niemand zu fürchten." In Neu Delhi konzentriert sich das Interesse auf den ehemaligen indischen Sportler des Jahres. Nach Unentschieden mit Schwarz zerfleischte der "Tiger von Madras" mit Weiß den Moldawier Viktor Bologan und Smbat Lputjan (Armenien). Bei den anschließenden Analysen hängen Heerscharen von Journalisten an den Lippen Anands. Der 30-Jährige hat Schach zum Nationalsport gemacht. Als einziger Inder wird er jedoch froh sein, daß das Finale vom 20. bis 26. Dezember in Teheran stattfindet - abseits der großen Erwartungshaltung des Milliarden-Volkes. Nach Persien wanderte Tschaturanga auch vor fast 1.500 Jahren. Im Heldenepos "Schahnameh" ("Buch der Könige") berichtet der Dichter Firdausi von einer indischen Gesandtschaft, die Schah Chosrös I. (532-578) 1.200 mit Gold und Geschmeide beladenen Kamele sowie 90 Elefanten überbrachten. Dazu ein Tschaturanga-Spiel mit 16 Smaragd- und 16 Rubinsteinfiguren. Chösrös I. sollte aber künftig Tribut abführen, wenn ihm die Weisheit für die Regeln des Kriegsspiels fehle. Der Magier Buzurgmir verdiente sich als Retter in der Not ein Vermögen von 12.000 Dirhem, weil er die Züge aller Figuren von Indien her kannte und den Gesandten Tachturita zwölfmal in Folge matt setzte. Weil sich Meucheln des Königs schon damals nicht schickte, wurde der Angriff auf ihn mit einem "Schah!" verkündet. Der Siegeszug des Schachs begann damit in der arabischen Welt.