Hallo Schachfreunde, Sonntag in Leimen - Ruhetag bei der Schachweltmeisterschaft in Moskau - Schach im Fernsehen beim WDR in der Nacht von Sonntag auf Montag von 0.00 bis 0.45 Uhr (Wiederholung am Montag, 21.01. von 9.20 bis 10.05 Uhr). Bei Halbzeit in Moskau führt der junge Ponomariov mit 2,5:1,5 - er zehrt bei drei Remispartien von seinem furiosen Auftaktsieg (Partienotation in unserer Nr. 169). Die Statistiker haben übrigens festgestellt, dass es in der Geschichte der Schachweltmeisterschaften noch niemals eine so kurze Gewinnpartie zu Beginn eines Wettkampfs gegeben hatte. Wir bieten den interessierten Lesern weiterhin die Möglichkeit, die Partien nachzuspielen - heute Nr. 3 und 4. Zum Lesen gibt es auch noch etwas - Hartmut Metz mit einer locker geschriebenen Vorschau zu diesem Wettkampf. Viel Spaß dabei wünscht Herbert Lang In der 3. Partie verzichtet Ivanchuk auf eine Wiederholung der französischen Abenteuer. Heraus kommt ein flotter Sizilianer ohne große Vorteile auf einer Seite. Remis im Springerendspiel und 47. Zug. Ponomariov,R (2727) - Ivanchuk,V (2717) [B47] Weltmeisterschaft 2001 Finale Moskau (7.3), 18.01.2002 1.e4 c5 2.Sf3 e6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sc6 5.Sc3 Dc7 6.g3 a6 7.Lg2 d6 8.0-0 Ld7 9.Sxc6 Lxc6 10.Te1 Le7 11.Dg4 h5 12.De2 h4 13.a4 hxg3 14.hxg3 Tc8 15.a5 Kf8 16.Le3 Sf6 17.Lb6 Db8 18.Lf3 Sd7 19.Ld4 Lf6 20.Lxf6 gxf6 21.Lg2 Se5 22.f4 Da7+ 23.Kf1 Sg6 24.Df2 Dxf2+ 25.Kxf2 Th5 26.Th1 Tc5 27.Th7 Ke7 28.Lf1 Sf8 29.Th8 Lb5 30.Ld3 Lxd3 31.cxd3 Sd7 32.Txc8 Txc8 33.d4 Tc4 34.Ta4 Txa4 35.Sxa4 f5 36.exf5 exf5 37.Sc3 Sf6 38.d5 Sd7 39.b4 Sf6 40.Ke3 Kd7 41.Kd4 Sh5 42.Se2 Sf6 43.Kc4 Se4 44.b5 axb5+ 45.Kxb5 Kc7 46.Kc4 Kb8 47.Kb4 ½-½ Auch die 4. Partie war wie die vorigen ein Kampfremis. Ponomariov kam mit den schwarzen Steinen zum Königsangriff, doch Ivanchuk verteidigte sich umsichtig. Am Ende entstand ein Endspiel, in dem Ivanchuk zwar einen Bauern mehr hatte, aber wegen seines schlechten Läufers nicht auf Gewinn spielen konnte. Ivanchuk,V (2717) - Ponomariov,R (2727) [D20] Weltmeisterschaft 2001 Finale Moskau (7.4), 19.01.2002 1.d4 d5 2.c4 dxc4 3.e4 Sf6 4.e5 Sd5 5.Lxc4 Sb6 6.Lb3 Sc6 7.Se2 Lf5 8.Sbc3 e6 9.0-0 Dd7 10.Le3 0-0-0 11.Dc1 Sb4 12.Td1 Kb8 13.Sf4 c6 14.Dd2 h5 15.De2 h4 16.Tac1 Le7 17.a3 S4d5 18.Sd3 f6 19.Ld2 Lxd3 20.Dxd3 f5 21.Se2 g5 22.Lc2 g4 23.b4 Tdf8 24.Tf1 Dd8 25.f4 gxf3 26.gxf3 Tfg8+ 27.Kh1 h3 28.f4 Tg2 29.Tf3 Dg8 30.Tg3 Txg3 31.hxg3 h2 32.Tf1 Dg4 33.Tf2 Dh5 34.Lb3 Sc7 35.Df3 Dh3 36.Tg2 Sbd5 37.Df2 Sb5 38.Lxd5 cxd5 39.a4 Sa3 40.Txh2 Dxh2+ 41.Dxh2 Txh2+ 42.Kxh2 Sc4 43.Lc3 Kc7 44.Kh3 b5 45.axb5 Kb6 46.Le1 Se3 47.Ld2 Sc4 48.Le1 Se3 49.Ld2 Sc4 50.Le1 Se3 ½-½ Vorschau auf die Weltmeisterschaft Gutmütiger Kauz gegen schmalen Jüngling - Koryphäen sehen Wassili Iwantschuk im WM-Finale gegen Ruslan Ponomarjow leicht favorisiert von Hartmut Metz, Januar 2002 Wassili Iwantschuk verfolgte gespannt eine abseits des Turniers gespielte Schachpartie zweier Patzer. Tief vergrub der Weltranglistenachte den Kopf in seinen Händen und folgte ohne eine Regung dem Geschehen. Nach einiger Zeit war dem Ukrainer ein Zug doch zu schlecht, weshalb er schüchtern eine Verbesserung vorschlug. "Wie wäre es denn damit?" Barsch wiesen die Amateure den Burschen zurecht, woraufhin dieser in seine vorherige stumme Denkerpose zurückfiel. Kurz darauf schlenderte John van der Wiel vorbei. Der Niederländer, der weit außerhalb der Top 100 platziert ist, blickte nur kurz aufs Brett, bevor er sich gelangweilt entfernte. Ehrfürchtig stieß daraufhin der eine Patzer den anderen an: "Hast du das gesehen? Großmeister van der Wiel hat uns zugeschaut!" Sympathischer Großmeister mit großem Herzen für Amateure: WM-Finalist Wassili Iwantschuk Der noch amtierende Weltmeister Viswanathan Anand berichtete einst amüsiert von seiner Beobachtung in Monaco. Dem Inder verging jedoch das Lachen bei der WM im Dezember, als der "Tiger von Madras" im Halbfinale just gegen Iwantschuk mit 1,5:2,5 unterlag. Der 32-Jährige krönte damit den Schach-Herbst für die Ukraine: Zuvor hatte das Nationalteam die Mannschafts-WM durch einen Sieg über Russland gewonnen. Den Erfolg im entscheidenden Duell über den "großen Bruder" wie den Gesamtsieg verdankte die ehemalige Sowjetrepublik dem überragenden Ruslan Ponomarjow. Der 18-Jährige hatte am zweiten Brett hinter Iwantschuk mit 5,5:1,5 Punkten vier Siege und drei Remis zum WM-Titel beigesteuert. Ab heute sitzen sich die beiden Freunde im Einzel-Finale des Weltverbandes FIDE gegenüber. In den acht Partien im Moskauer Hotel Metropol geht es bis zum 26. Januar um rund 650.000 Euro Preisgeld. Wer dabei als neuer Weltmeister zwei Drittel einstreicht, scheint offen. Peter Swidler, der beim 1,5:2,5 in der Vorschlussrunde wie seine Landsleute Jewgeni Barejew und Alexander Morosewitsch Opfer des "Russen-Killers" Ponomarjow wurde, sieht den Aufsteiger des Jahres augenzwinkernd im Vorteil. "Von der Ratingzahl her ist er jetzt favorisiert", verweist Swidler auf Ponomarjows Satz in der neuesten Weltrangliste von Platz 20 auf sieben. Mit 2.727 Elo-Punkten liegt er mit zehn Elo mehr direkt vor dem bisherigen ukrainischen Aushängeschild. Ein logischer Kreis schlösse sich, bestiege Ponomarjow als jüngster Weltmeister aller Zeiten den Thron: Mit zwölf Jahren war das Wunderkind aus Kramatorsk bereits U18-Europameister, mit 13 U18-Weltmeister und mit 14 Jahren und 17 Tagen jüngster Großmeister aller Zeiten. Während sich die beiden Finalisten jegliche Prognose verkneifen, wähnt das Gros der Koryphäen Iwantschuk reif für den Titel. Im Gegensatz zu früher habe "Chuky bei dieser WM seine Nerven sehr gut im Zaum", hebt Anand hervor. Der Franzose Joel Lautier, der den Großmeister aus Lwow im Viertelfinale in die Blitzschach-Verlängerung zwang, ist sich "fast sicher, dass Iwantschuk gewinnen wird. Er spielt immer noch viel besser als Ponomarjow - und wenn er seine Leistung konserviert, hat der Junge keine Chance". Entsprechend dieser Prognose verlief die bisher einzige Turnierpartie beim Weltcup 2000, die Iwantschuk mit Weiß souverän gewann. Doch seitdem entwickelte sich Ponomarjow enorm - auch dank des Trainings seines Endspiel-Gegners. Mit 18 Jahren jüngster Weltmeister aller Zeiten? Es wäre nicht der erste Rekord für Ruslan Ponomarjow Differenziert betrachtet Garri Kasparow das Match: "Ponomarjow spielt sehr konstant und solide", befindet der Weltranglistenerste, der die WM im K.o.-Modus mit 128 Teilnehmern erneut boykottiert hatte. "Viel hängt von Iwantschuks Form ab." Der 32-Jährige agiere einmal auf allerhöchstem Niveau, dann wieder nur wie ein Nullachtfünfzehn-Großmeister. Kasparow taxiert Iwantschuks Aussichten auf die WM-Krone deshalb mit "55:45". Unabhängig davon, ob der als weltfremd beschriebene Kauz 17. Weltmeister der Schach-Geschichte wird oder sein Lebensziel knapp verfehlt: Auch künftig wird sich Iwantschuk neugierig Partien von Patzern widmen. Aber jetzt mit dem Unterschied, dass die Amateure mehr Herzklopfen verspüren, wenn sie seine Blicke spüren - und seine Ratschläge annehmen, anstatt einen vorbeilaufenden John van der Wiel zu bewundern.